Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Nach Anhang 3.4 Abs. 5 ArbStättV müssen Arbeitsstätten "mit Einrichtungen ausgestattet sein, die eine angemessene künstliche Beleuchtung ermöglichen, so dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind".
Technische Ausführung der Beleuchtung nicht vorgegeben
Manchmal wird angenommen, dass Büroräume speziell für Bildschirmarbeitsplätze zwingend eine Deckenbeleuchtung mit Rasterleuchten haben müssten. Das ist nicht der Fall. Wie die "angemessene künstliche Beleuchtung" nach Arbeitsstättenverordnung technisch realisiert wird, ist offen. Allerdings müssen die konkreten Kriterien an eine ergonomisch hinreichende Bürobeleuchtung eingehalten werden, wie sie z. B. in DGUV-I 215-442 aufgeführt werden (s. Abschn. 1.1). Ob und wie das auch mit alternativen Beleuchtungstechniken wie indirekt wirkenden Steh- oder Wandleuchten erzielt werden kann, ist für Nicht-Beleuchtungsexperten nicht leicht einzuschätzen. Deshalb werden in vielen Büroräumen standardmäßig Deckenbeleuchtungen mit Rasterleuchten realisiert. Im Interesse einer angenehmen Büroatmosphäre macht es aber Sinn, das Potenzial der Beleuchtungsgestaltung weitergehend auszuschöpfen.
1.1 Kriterien für ergonomische künstliche Beleuchtung im Büro
1.1.1 Beleuchtungsniveau
Das Beleuchtungsniveau wird i. W. von der Beleuchtungsstärke bestimmt. Die Beleuchtungsstärke ist ein Maß für das auf eine Fläche auftreffende Licht und wird in Lux (lx) gemessen. Dabei spielen die Gleichmäßigkeit, mit der die Beleuchtungsstärke aufgebracht wird sowie die Anordnung und (Farb-)Gestaltung der relevanten Arbeits- und Sichtflächen (z. B. Tischplatten, Wände, Möbeloberflächen, Fußböden) eine Rolle.
Arbeitsbereich |
Beleuchtungsstärke in lx |
Ablegen, Kopieren |
300 |
Schreiben, Lesen, Datenverarbeitung |
500 |
Technisches Zeichnen (Handzeichnen) |
750 |
Archive |
200 |
Tab. 1: Mindestwerte für Beleuchtungsstärken in Bürobereichen
Toleranzbereiche für Beleuchtungsstärken
Die praktische Erfahrung zeigt, dass im Bereich Beleuchtung die individuellen Toleranzbereiche viel größer sind als z. B. bei Temperaturen. Viele Beschäftigte kommen auch bei etwas geringeren Werten als den Mindestbeleuchtungsstärken gut zurecht oder ziehen sogar eine nicht ganz so hell ausgeleuchtete Arbeitsumgebung vor (s. Abschn. 1.3). In anderen (selteneren) Fällen besteht auf Grund persönlicher Gegebenheiten ein erhöhtes Lichtbedürfnis, dem im Rahmen einer individuellen Gefährdungsbeurteilung nachzukommen ist.
Im Rahmen von Arbeitsplatzbegehungen sind also die Rückmeldungen der Beschäftigten ein gutes erstes Kriterium, ob die Beleuchtungssituation näher zu betrachten und ggf. durch eine Messung zu überprüfen ist (s. Abschn. 2.1). Die Mindestbeleuchtungsstärken erlauben dann, in Zweifelsfällen eine konkrete Aussage über den Handlungsbedarf zu machen. Dabei helfen weitere Angaben in der ASR A3.4, die zulässige Schwankungen und Verteilungen der Beleuchtungsstärken im Raum und im Arbeitsbereich konkretisieren.
1.1.2 Leuchtdichteverteilung
Die Leuchtdichte ist ein Maß dafür, mit welcher Flächenhelligkeit das Auge eine Fläche wahrnimmt. Eine angemessene Leuchtdichteverteilung im Bereich des Arbeitsplatzes ist für ermüdungsarmes Arbeiten und eine entspannte Arbeitsatmosphäre wichtig. Zu große Helligkeitsunterschiede (z. B. heller Bildschirm vor sehr dunklem Hintergrund oder weißes Papier auf dunkler Schreibtischplatte) beanspruchen das Auge durch eine erhöhte Adaptionsleistung (Hell-Dunkel-Anpassung), während zu geringe Leuchtdichteunterschiede die Arbeitsumgebung monoton und drückend erscheinen lassen.
1.1.3 Begrenzung von Blendwirkungen
Von Direktblendung spricht man, wenn im Arbeits- bzw. Sehbereich helles Tageslicht oder Licht aus der Beleuchtung unmittelbar in die Augen fallen. Direktblendung muss am Büro- bzw. Bildschirmarbeitsplatz ebenso vermieden werden wie Reflexblendungen, die auftreten, wenn hohe Leuchtdichten (Leuchten, Fensterflächen) auf glänzenden Flächen (Möbel, Bildschirmoberflächen) zu Spiegelungen führen. Starke Blendungen beeinträchtigen unmittelbar die Sehleistung der Augen (physiologische Blendung), aber schon geringere Blendwahrnehmungen stören Wohlbefinden, Konzentration und Arbeitsleistung erheblich (psychologische Blendung).
Reflexblendungen
Diese traten früher regelmäßig auf, weil (besonders in größeren Räumen) Deckenleuchten oder Fensterflächen im Rücken des Arbeitenden störende Spiegelungen auf der Oberfläche von Röhrenbildschirmen hervorriefen. Durch die andere Oberflächenbeschaffenheit von Flachbildschirmen tritt das Problem heute weit weniger intensiv auf. Trotzdem sollte darauf geachtet werden, dass starke Lichteinwirkungen von hinten auf den Arbeitsplatz möglichst vermieden werden.
1.1.4 Körperwiedergabe (Schattigkeit) und Vermeidung störender Schatten
Störende Schatten entstehen vor allem durch
- ungünstige Lichtrichtung (wenn z. B. der Arbeitsbereich durch eine Lichtquelle im Rücken des Beschäftigten erhellt wird) oder
- fehlende oder ungünstige Lichtstreuung (z. B. von kleinen punktförmigen Lichtquellen, wie Halogenglühlampen).
I. d. R. sorgen gut gestaltete Leuchten durch reflektierende Schirme oder Raster vor und/oder hinter der Leuchte für eine ausr...