Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Ähnlich wie bei der Raumtemperatur empfinden Menschen ihr Lichtbedürfnis und gegebene Beleuchtungssituationen individuell sehr unterschiedlich, wobei Zusammenhänge mit der ausgeübten Tätigkeit bestehen.
Aktenstudium
Wenn regelmäßig und intensiv Unterlagen durchgesehen und bearbeitet werden müssen, empfinden Beschäftigte es oft als hilfreich und konzentrationsfördernd, im eng begrenzten Schein einer Schreibtischlampe zu arbeiten, während die Deckenbeleuchtung ausgeschaltet bleibt. Physiologisch gilt das als ungünstig, weil auf engem Raum große Unterschiede in der Beleuchtungsstärke auftreten. Genau das kann aber Beschäftigten helfen, ihre Aufmerksamkeit sozusagen beim Schein der Lampe zu sammeln und bei der Sache zu bleiben. Und wenn innerhalb einer längeren intensiven Arbeitsphase am Schreibtisch kaum aufgeblickt oder der Arbeitsbereich gewechselt wird, ist auch nicht mit einer Überbeanspruchung der Augen durch häufige Anpassungsleistungen zu rechnen.
Unter dem Strich macht es also keinen Sinn, ein solches Verhalten i. S. der Gesundheitsprävention unbedingt verändern zu wollen – erst recht nicht, wenn der Betroffene sich bei der vorschriftsmäßigen gleichmäßigen Deckenbeleuchtung mit Leuchtstofflampen unangenehm exponiert und unwohl fühlt.
Grundregel sollte sein, dass der Arbeitgeber die nach Arbeitsstättenregel vorgesehenen Beleuchtungsbedingungen ermöglicht und die Mindestbeleuchtungsstärken eingehalten werden. Ob Beschäftigte die Beleuchtungsanlage dann tatsächlich wie vorgesehen einsetzen, kann und sollte in weitem Rahmen diesen selber überlassen bleiben. In Mehrpersonenbüros ist es natürlich erforderlich, tragfähige Kompromisse zum Beleuchtungseinsatz zu schließen, mit denen alle Betroffenen zurechtkommen, wobei individuelle Bedürfnisse z. B. durch Sehschwächen oder besondere Sehaufgaben am Arbeitsplatz besonders zu berücksichtigen sind.
Ob ergänzend Arbeitsplatzleuchten nach Wunsch zur Verfügung gestellt werden bzw. den Beschäftigten ermöglicht wird, eigene Leuchten mitzubringen, sollte nachvollziehbar geklärt werden (nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Notwendigkeit einer Elektrogeräteprüfung nach DGUV-V 3, die für mitgebrachte Elektrogeräte fällig wird). Dabei sollte berücksichtigt werden, dass eine Arbeitsplatzleuchte, selbst wenn sie nach objektiven ergonomischen Kriterien nicht optimal ist, einen sehr positiven Nutzen haben kann, wenn dadurch Beschäftigte subjektiv besser mit der Beleuchtungssituation zurechtkommen und sich am Arbeitsplatz wohler und leistungsfähiger fühlen.
Gewöhnungseffekte
Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass Beschäftigte bei einer Neu- oder Umgestaltung der Beleuchtungsanlage frühzeitig einbezogen werden und so für hohe Akzeptanz gesorgt wird. Allerdings ist die Umstellung auf eine neue Beleuchtungssituation für die meisten Menschen sehr deutlich spürbar. Das kann zu kritischen Wahrnehmungen führen ("zu hell, zu dunkel, irgendwie störend ..."), erst recht, weil Beleuchtungsanlagen nur selten wirklich regelbar sind und die Vorstellungen individuell sehr unterschiedlich sind. Hier hilft etwas Geduld, denn die Beleuchtungssituation unterliegt starken Gewöhnungseffekten, sodass viele Anfangsschwierigkeiten sich schnell erledigen.