Janina Wehrle, Kerstin Schneider
1 Betriebliche Gesundheitsförderung in der Praxis
BGF umfasst nach dem GKV-Leitfaden Prävention Maßnahmen zur gesundheitsförderlichen Arbeitsplatzgestaltung, zum Aufbau eines gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebensstils sowie der überbetrieblichen Vernetzung und Beratung. Für eine erhöhte Wirksamkeit wird eine Kombination aus verhaltens- sowie verhältnisorientierten Maßnahmen empfohlen.
Verhaltensorientierte Maßnahmen in den Handlungsfeldern Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung oder Suchtprävention können in Kursverfahren oder auch Workshops und Seminaren angeboten werden. Die Maßnahmen können intern, in Kooperation mit Krankenkassen oder weiteren externen Gesundheitsdienstleistern durchgeführt werden. Werden Maßnahmen als zertifizierte Präventionskurse angeboten, sind diese bei regelmäßiger Teilnahme teilweise erstattungsfähig durch die Krankenkasse. Übernimmt der Betrieb die (Kurs-)Kosten können bis zu 600 EUR pro Mitarbeiter und pro Jahr steuerfrei in Maßnahmen investiert werden, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielrichtung und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen.
Da Krankenkassen und betriebliche Gesundheitsakteure einen Anstieg psychischer Belastungen und hiermit korrelierende Arbeitsunfähigkeiten verzeichnen, werden zunehmend präventive und ressourcenstärkende Maßnahmen zum Umgang mit Stress oder Burnout angeboten. Weitere Maßnahmen zur Prävention und zum Umgang mit psychischen Belastungen sind Seminare zur Kompetenzentwicklung in den Themen Mobbing oder gesunde Führung.
2 Ausgangspunkt: Zusammenhänge von Krankheiten und Arbeitsbedingungen erkennen
Ausgangspunkt um mögliche BGF-Maßnahmen einzuleiten, sind meist äußere Anlässe in Form aktueller Problemstellungen oder das überzeugende Angebot eines betrieblichen Akteurs, in einem Themenbereich aktiv zu werden. In die Analyse fließen verschiedene vorhandene Daten ein:
Daten können aus extra durchgeführten Erhebungen stammen, z. B.:
2.1 Maßnahmen entwickeln und durchführen
Grundsätzlich können Maßnahmen unterschieden werden, die sich auf das Verhalten der Beschäftigten richten (Verhaltensprävention) und solche, die die Arbeitsverhältnisse (Verhältnisprävention) verändern.
Konkrete Beispiele verhaltensorientierter Interventionen:
Beispiele zur Veränderung der Arbeitsverhältnisse:
- Gestaltung von Arbeitsplätzen (Ergonomie)
- Prozess- und Tätigkeitsanpassungen
- Verbesserung von Informations- und Kommunikationsstrukturen
- Erweiterung des Handlungsspielraums von Mitarbeitern
- Anpassung und Entwicklung der Führungskultur hin zu "gesunder Führung"
2.2 Evaluation und Qualitätssicherung
Um die tatsächlichen Effekte der Maßnahmen zu erkennen, ist eine Evaluation erforderlich: Veränderungen von Krankenstand, Mitarbeiter-Fluktuation, Zufriedenheit der Beteiligten (Befragung) usw.
Werden Analyse, Maßnahmen und Evaluation nachhaltig und systematisch durchgeführt und diese in eine Strategie betrieblicher Gesundheitspolitik mit Strukturen und Prozessen eingebunden, spricht man von Betrieblichem Gesundheitsmanagement.
2.3 Erfolgskriterien
In einer Untersuchung des Europäischen Informationszentrums zeigten sich für das Gelingen Betrieblicher Gesundheitsförderung folgende Erfolgsfaktoren:
- Partizipation: Die Beschäftigten müssen in alle Phasen der Gesundheits-Projekte einbezogen und die betriebliche Öffentlichkeit muss frühzeitig informiert werden.
- Integration: Gesundheit der Beschäftigten muss zur gelebten Unternehmensphilosophie gehören und bei allen wichtigen Entscheidungen berücksichtigt werden.
- Projektmanagement: Alle Maßnahmen und Projekte müssen systematisch durchgeführt werden: Bedarfsanalyse, Prioritätensetzung, Planung, Ausführung, kontinuierliche Kontrolle und Bewertung der Ergebnisse.
- Ganzheitlichkeit: Verhaltens- und verhältnisorientierte Interventionen.
2.4 Akteure der betrieblichen Gesundheitsförderung
Systematische, ganzheitliche Gesundheitsförderung (Betriebliches Gesundheitsmanagement) zeichnet sich aus durch die Einbindung in
- betriebliche Strukturen und Prozesse sowie
- die Einrichtung eines Steuerkreises Gesundheit aus.
Dies führt dazu, dass Führungskräfte und Beschäftigte (Betriebsrat) systematisch als Akteure eingebunden werden. Weitere Stellen, wie z. B. die Sozialberatung, Beauftragte für das Betriebliche Eingliederungsmanagement, Betriebsärzte oder die Personal- und Organisationsentwicklung kommen hinzu, ebenso Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die vorhandene geeignete Organisation zur Koordination der Akteure und Maßnahmen im Unternehmen ist der ab 20 Mitarbeiter gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsschutzausschuss.