Im Regelfall können Unternehmen nicht "vorausberechnen", welchen Betrieb die Prüfer der Gewerbeaufsicht wann inspizieren. In rund 80 bis 90 % aller Fälle sind die Kontrollen unangekündigt. Die Absicht dahinter: man will den Betrieben natürlich nicht die Gelegenheit geben, Missstände auf die Schnelle zu beheben. Die Prüfer dürfen alle Betriebsräumlichkeiten bzw. sogar das ganze Betriebsgelände besichtigen und brauchen nicht die Erlaubnis (oder die Gegenwart) des Unternehmers oder irgendwelcher anderen Personen. Allerdings müssen sie sich an die Betriebs- und Geschäftszeiten halten. Diese scheinbare Beschränkung ist aber eigentlich nur Makulatur, denn Revisionen können auch mitten in der Nacht stattfinden, selbst wenn nur der Pförtner anwesend ist. Nächtliche und für den Unternehmer überraschende Besuche kommen allerdings in der Praxis nur vor, wenn es sich um einen besonders akuten Fall von "Gefahr in Verzug" für die öffentliche Sicherheit und Ordnung handelt – für jeden anderen Fall bräuchten die Gewerbeaufsichtsbeamten die Erlaubnis des Unternehmers/Arbeitgebers.
Schriftliche Ankündigung
Schriftlich angekündigte Revisionen gibt es nur in drei Fällen:
- Wenn ein Unternehmen eine genehmigungspflichtige Anlage in Betrieb nehmen und diese Inbetriebnahme den Behörden gemeldet hat.
- Wenn die Prüfer unbedingt die Teilnahme des Unternehmers oder einer für die betriebliche Sicherheit im Betrieb verantwortliche Person für ihren Termin erwarten.
- Wenn bestimmte außergewöhnliche Betriebsabläufe kontrolliert werden sollen, die nicht zur täglichen Routine im Unternehmen gehören.
Unfall im Betrieb: Ein besonderer Fall liegt bei einem Unfallgeschehen vor. Die staatliche Gewerbeaufsicht besucht den Unfallort erst, nachdem die Berufsgenossenschaft und die Polizei erste Ermittlungen vor Ort angestellt haben. Die Polizei informiert die Gewerbeaufsicht und bittet um die sachkundige Fortsetzung arbeitstechnischen Ermittlungen. Erst dann erscheinen Prüfer der Gewerbeaufsicht.
Überblick im Internet
Die meisten Bundesländer haben im Internet alle aktuellen staatlichen Gesetze und Verordnungen gelistet, die bei einer Revision überprüft werden. Unter den zahlreichen einschlägigen Webpräsenzen sei an dieser Stelle lediglich auf die Adresse www.arbeitsschutz.nrw.de verwiesen.
Auswahl der Betriebe: Im Regelfall können die Betriebe nicht "vorausberechnen", welchen Betrieb die Prüfer der Gewerbeaufsicht wann inspizieren. Aber anhand welcher Kriterien werden Unternehmen für Betriebsrevisionen durch die staatliche oder berufsgenossenschaftliche Aufsicht ausgewählt? Im Allgemeinen kann man sagen, dass vor allem die staatlichen Betriebsrevisionen in Deutschland eher "techniklastig" sind. Die technische Sicherheit nimmt in der Prioritätenhierarchie der staatlichen Gewerbeaufsichtsämter nach wie vor den ersten Platz ein, gefolgt von der Prüfung der Organisationsstrukturen und -prozesse und der persönlichen Sicherheit der Beschäftigten an dritter Stelle. Dies wird auch in der Organisationsstruktur der Gewerbeaufsichtsämter deutlich: Es gibt eigene Abteilungen für "Gefahrstoffe" und "Überwachungsbedürftige Arbeitsmittel", während die Themen "Organisation"/"Personal" zusammen mit anderen Sachgebieten im Rahmen der Abteilung "Arbeitsstätten" zusammengefasst sind. Abgesehen von einem Fokus auf Unternehmen mit hohem industriellen Technikeinsatz, unterscheiden sich die Auswahlkriterien von Bundesland zu Bundesland.
Beispiel Hessen: In Hessen wurden Betriebe für die staatlichen Betriebsrevisionen in Abhängigkeit von ihrem Gefährdungspotenzial im Bereich Arbeitsschutz häufiger, weniger häufig, selten oder nur im Rahmen von Sonderprogrammen geprüft. Das Gefährdungspotenzial wird mittels 2 Gefährdungskategorien ermittelt. Die Einordnung der Betriebe in die erste Kategorie beruht auf den gewichteten Rangplätzen der Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle (Gewichtung 2), der Arbeitsunfallrenten (Gewichtung 1,5), der Arbeitsunfälle (Gewichtung 1), der anerkannten Berufskrankheiten (Gewichtung 1) und den Berufskrankheitenanzeigen (Gewichtung 0,5). Als weitere Kategorie wird die Zahl der Beschäftigten herangezogen. Die Größenklasse I mit mehr als 1.000 Beschäftigten hat die Gewichtung 100, die Größenklasse IV mit 1-19 Beschäftigten das Gewicht 1. Mit den Werten dieser beiden Kategorien wird durch ein Kreuztabellenverfahren das Gesamtrisiko berechnet. Danach hat z. B. ein Handelsbetrieb mit 19 Beschäftigten das Risiko 1, ein Metallbetrieb mit 250 Beschäftigten das Risiko 500.
Einsatz von KI bei Auswahl der Betriebe
Die bisherigen Verfahren werden durch neue Technologien schrittweise ersetzt bzw. ergänzt. Die Berufsgenossenschaften nutzen bereits KI-Algorithmen, um die Unternehmen für die nächsten Betriebsrevisionen auszuwählen. Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) hat dabei sogar ihren eigenen Algorithmus entwickelt. Dieser lernt auf der Basis von mehr als 100 Merkmalen die Schätzung der Wahrscheinlichkeit für bevorstehen...