Dipl.-Phys. Hartmut Karsten
1.1 Überblick über die Rechtsetzungsverfahren zur Geräte- und Anlagensicherheit
Die Vorschriften zum betrieblichen Arbeitsschutz bei der Benutzung von Arbeitsmitteln sind seit Jahrzehnten in europäischen Richtlinien und nationalen Verordnungen, die diese umsetzen, geregelt. Für die Benutzung von Arbeitsmitteln war dies die Arbeitsmittelbenutzungsverordnung vom 11.3.1997, die die Richtlinie 89/655/EWG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit in deutsches Recht umsetzte. Die europäische Arbeitsmittelrichtlinie wurde zwischenzeitlich in einer kodifizierten Fassung unter der Nummer 2009/104/EG veröffentlicht.
Für besonders gefährliche Anlagen, wie Dampfkessel, Druckbehälter oder Aufzüge, gibt es in Deutschland seit Langem spezielle Vorschriften, z. B. die Dampfkesselverordnung, die Druckbehälterverordnung oder die Aufzugsverordnung. Zunächst beruhten diese Vorschriften auf § 24 Gewerbeordnung. Die Vorschriften des § 24 wurden am 10.1.1996 inhaltsgleich in das damalige Gerätesicherheitsgesetz überführt, das Sicherheitsanforderungen an technische Geräte enthielt. Da die genannten Verordnungen sowohl Vorschriften zur Beschaffenheit der betreffenden Anlagen wie zu deren Betrieb enthielten, mussten sie im Rahmen der Schaffung des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes auf reine Betriebsvorschriften reduziert werden.
Rechtsgrundlage für die Vorschriften zum Inverkehrbringen von technischen Geräten war seit dem 1.5.2004 das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, das am 1.12.2011 ins Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) überführt wurde. Auf diesem Gesetz beruhen die 11 gültigen Verordnungen zum Produktsicherheitsgesetz, die jeweils europäische Richtlinien in deutsches Recht überführen. Im Laufe der Rechtsentwicklung verschob sich der Schwerpunkt immer mehr zu Vorschriften zum Inverkehrbringen von Produkten im europäischen Binnenmarkt. Der Anteil der nationalen Vorschriften zu überwachungsbedürftigen Anlagen, die nun in Abschnitt 9 des ProdSG zu finden sind, wurde immer geringer.
Die Liste der überwachungsbedürftigen Anlagen wurde bei dieser Rechtsentwicklung jeweils unverändert übernommen und darf als veraltet angesehen werden. Alle Versuche, eine tragfähige Formulierung zu erarbeiten, was eine besonders gefährliche und deshalb in besonderer Weise überwachungsbedürftige Anlage von einer Anlage mit durchschnittlichem Gefährdungspotenzial unterscheidet, sind in der Vergangenheit gescheitert. Besonders interessant war in dieser Beziehung eine im Auftrag des Vereins der technischen Überwachungsvereine erarbeitete Studie, die u. a. das Gefahrenpotenzial von Windkraftanlagen, Fahrtreppen und Fahrsteigen sowie Biogasanlagen untersuchte.
1.2 Probleme der bisherigen Verordnung
Die Betriebsvorschriften aus 8 geräte- und anlagenbezogenen Verordnungen wurden 2002 nach einer mehrjährigen Vorbereitung in der Betriebssicherheitsverordnung zusammengefasst. Das Ziel der Schaffung eines einheitlichen betrieblichen Anlagensicherheitsrechts wurde, wie die weitere Entwicklung zeigte, nur teilweise erreicht. Die Verordnung bereitete in der betrieblichen Praxis Probleme und machte die Erarbeitung von Leitlinien zur Betriebssicherheitsverordnung durch eine Arbeitsgruppe des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik erforderlich. Auch der Ausschuss für Betriebssicherheit stieß bei der Erarbeitung der technischen Regeln auf eine Reihe von rechtlichen Problemen, was besonders bei der TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung", der TRBS 1201 "Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen" und bei der später wieder zurückgezogenen TRBS 2131 "Elektrische Gefährdungen" deutlich wurde.
Es gab auch aus juristischer Sicht Kritik an der Verordnung: So wurde die Abgrenzung zwischen dem Abschnitt 2 "Gemeinsame Vorschriften für Arbeitsmittel" und Abschnitt 3 "Besondere Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen" als unklar bezeichnet. Außerdem wurde von einzelnen Juristen kritisiert, dass die Regelungen zum Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen in § 12 zu unbestimmt seien. Der in § 12 enthaltene Hinweis auf den Stand der Technik wurde als nicht ausreichend angesehen. Auch die Schnittstellen zwischen der Betriebssicherheitsverordnung und den Vorschriften zum Inverkehrbringen des Produktsicherheitsgesetzes wurden bemängelt.
1.3 Ziele der Neufassung
Der Verordnungsgeber reagierte auf diese Unzulänglichkeiten und strebte eine Novellierung der Verordnung an. Die Diskussionen über Form und Inhalt der Novelle zogen sich wieder über mehrere Jahre hin, es wurden mehr als 30 verschiedene Entwurfsfassungen diskutiert. Lange Zeit war u. a. strittig, ob eine teilweise Veränderung der Vorschriften oder eine Neufassung der Verordnung vorzuziehen sei. Intensiv diskutiert wurde auch, wie die Regelungen des atmosphärischen Explosionsschutzes gefasst werden sollten. In diesen Fragen setzte sich schließlich die Bundesregierung durch und nahm damit den unvermeidlichen erheblichen Umstellungsaufwand in allen Unternehmen in Kauf.
Weiterhin verfolgte die Bundesregierung bei d...