Dipl.-Phys. Hartmut Karsten
Mit der Novelle werden die Bestimmungen zur Gefährdungsbeurteilung deutlich erweitert und konkretisiert. § 3 Abs. 1 BetrSichV macht deutlich, dass auch bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, die unter Beachtung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der für sie zutreffenden Binnenmarktvorschriften in den Verkehr gebracht und mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet wurden, eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden muss. Grund: Das anzustrebende betriebliche Sicherheitsniveau kann nur durch das Zusammenwirken
- von Sicherheit durch die Beschaffenheit des Arbeitsmittels und
- betrieblichen Maßnahmen bei der Verwendung
erreicht werden.
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind die sicherheitsrelevanten und ergonomischen Zusammenhänge im Arbeitssystem, bestehend aus dem Arbeitsplatz, dem Arbeitsmittel, dem Arbeitsverfahren, der Arbeitsorganisation, dem Arbeitsablauf, der Arbeitszeit und der Arbeitsaufgabe zu berücksichtigen. Diese Forderung ist nicht neu, sie ist bezüglich der Festlegung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes bereits in § 4 Abs. 4 der alten Verordnung enthalten.
Alters- und alternsgerechte Gestaltung
Neu ist die Bestimmung, dass die Arbeitsmittel nicht nur gebrauchstauglich, sondern auch alters- und alternsgerecht gestaltet werden sollen. Dies bedeutet, dass bei der Auswahl und Gestaltung von Arbeitsmitteln die Tatsache berücksichtigt werden muss, dass mit zunehmendem Alter die Muskelkraft sowie Schnelligkeit und die Leistungsfähigkeit der Sinnesorgane der Beschäftigten nachlässt.
Aus diesen altersbedingten Defiziten darf jedoch keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass Unternehmen generell junge Arbeitskräfte bevorzugen sollten. Viele für die Arbeit wichtige Fähigkeiten werden von der Anzahl der Lebensjahre nicht beeinflusst. So haben ältere Mitarbeiter meist mehr Erfahrungswissen, eine höhere Arbeitsdisziplin, eine bessere Einstellung zu Qualität und verfügen über mehr Loyalität, Zuverlässigkeit und Führungskompetenzen. Damit Arbeitnehmer lange an ihren Arbeitsplätzen produktiv tätig sein können, muss eine umfassende Gefährdungsbeurteilung erfolgen, die ausdrücklich neben den physischen auch die psychischen Belastungen einschließt und es müssen wirksame Maßnahmen zur Verminderung der Belastungen realisiert werden. Die Gefährdungsbeurteilung soll bereits vor der Auswahl und Beschaffung der Arbeitsmittel begonnen werden. Auf der Grundlage der Beurteilung sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Dabei kann der Arbeitgeber die Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen des Herstellers nutzen, sofern sie auf die Bedingungen der Verwendung im Unternehmen anwendbar sind.
Das komplexe Verfahren der Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen realisiert werden. Ist der Arbeitgeber nicht selbst fachkundig, muss er sich entsprechend beraten lassen.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber auch Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sowie die Fristen der wiederkehrenden Prüfungen ermitteln. Diese Fristen sind so festzulegen, dass das Arbeitsmittel bis zur nächsten Prüfung sicher verwendet werden kann. Die in den Anhängen 2 und 3 genannten Fristen sind Höchstfristen, die nur in bestimmten Ausnahmefällen überschritten werden dürfen.
Die Gefährdungsbeurteilungen sind nach § 3 Abs. 7 regelmäßig zu überprüfen. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und deren Überprüfung sind zu dokumentieren. Dabei ist mindestens aufzuzeichnen, welche Gefährdungen bei der Verwendung der Arbeitsmittel auftreten, welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind und wie die Forderungen der Verordnung eingehalten werden. Falls von den Technischen Regeln für Betriebssicherheit gemäß § 21 BetrSichV abgewichen wird, ist zu dokumentieren durch welche Maßnahmen eine gleichwertige Sicherheit erreicht wird. Schließlich ist aufzuzeichnen, wann und mit welchem Ergebnis die Gefährdungsbeurteilung überprüft wurde.