Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Eine klare Definition für Betriebssport gibt es nicht. Innerhalb und im Umfeld von Betrieben gibt es viele sportliche Aktivitäten, die darunter verstanden werden können: von gemeinsamen Ausgleichsübungen in der Mittagspause bis hin zu den großen Betriebssportvereinen, die zwar zu Betrieben gehören, oft aber auch Mitglieder ohne Betriebszugehörigkeit aufnehmen und weitgehend unabhängig von den Betrieben agieren. Aus Sicherheitsgesichtspunkten ist v. a. die Frage relevant, ob bzw. unter welchen Bedingungen sportliche Aktivitäten von Beschäftigten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.
Eine konkrete Rechtsgrundlage für die Durchführung von Betriebssport gibt es nicht, da es sich um ein freiwilliges, betriebsspezifisches Angebot handelt und Rechte und Pflichten von Arbeitgebern bzw. Arbeitnehmern nicht berührt werden.
Die bei einem Unfall wesentliche Frage, ob und unter welchen Bedingungen Betriebssport unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wird typischerweise immer wieder an einzelnen Entscheidungen gemessen (s. unten). Festlegungen der Unfallversicherungsträger zum Thema gibt es daher ebenfalls kaum allgemeingültig, sondern eher auf Anfrage bezogen auf den Einzelfall.
1 Betriebssport – attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Betriebssport spielt in Deutschland eine geringere Rolle als in anderen Ländern. Sport als Bestandteil gesunder Lebensführung wird eher dem privaten Lebensbereich zugeordnet. Trotzdem gibt es viele Ansatzpunkte und gute Gründe für Betriebe, sportliches Engagement der Beschäftigten zu unterstützen, z. B. im Rahmen des Gesundheitsmanagements oder der Personalentwicklung, um Belastungen durch die demografische Entwicklung auszugleichen oder qualifizierte Arbeitnehmer anzuziehen und zu binden. Versicherungsfragen sind dabei wesentlich, sollten und müssen aber nicht dazu führen, dass solches Engagement im Keim erstickt wird.
2 Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz
Grundsätzlich gilt: Betriebssport (inkl. Hin- und Rückweg, Umkleiden, Duschen usw.) kann durchaus eine versicherte Tätigkeit sein – das ist aber an ganz bestimmte, eng umrissene Bedingungen geknüpft. Aus der Rechtsprechung lassen sich folgende Kriterien ableiten:
- Die sportliche Übung muss "zur Gesunderhaltung der Beschäftigten und zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft" dienen (Reinhold Müller, Versicherungsschutz im Betriebssport, www.betriebssport.net) und damit auch im Interesse des Betriebs liegen. Es muss sich also um den Ausgleich von körperlichen, geistigen oder seelischen Belastungen handeln, die durch die ursprünglich versicherte Tätigkeit – die betriebliche Arbeit – entstehen. Das hat zur Folge, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung praktisch keine Wettkämpfe stattfinden können: Die Wettkampfsituation trägt kaum zur Entspannung der Teilnehmer bei und birgt ein erhöhtes Verletzungsrisiko, das nicht im Interesse des Betriebs ist. Zwar können natürlich Ballsportarten mit 2 "gegnerischen" Mannschaften ausgetragen werden, sobald das aber betriebsintern oder gar betriebsübergreifend in irgendeiner Form als Turnier organisiert ist, erlischt der gesetzliche Unfallschutz.
Auch Hochleistungen als Ziel der sportlichen Aktivität sind nicht mit dem Ausgleichsgedanken zu verbinden. Daher muss die Intensität des Trainings im "Hobbybereich" bleiben.
- Der Sport muss regelmäßig ausgeübt werden. Als Richtwert gilt mind. eine Einheit im Monat, wobei saisonale Einschränkungen akzeptabel sind (Wintersport, Radfahren im Sommer).
- Es muss sich im Wesentlichen um eine betriebsinterne Veranstaltung handeln. Mehrere Betriebe können sich aber zusammenschließen, um die erforderliche Teilnehmerzahl zu erzielen oder Sportanlagen besser auszunutzen. Die Teilnahme einzelner Betriebsfremder (z. B. Familienangehörige, Rentner) schränkt den Versicherungsschutz nicht ein. Der Versicherungsschutz gilt allerdings immer nur für Betriebsangehörige.
- Der Sport muss eine betrieblich anerkannte Aktivität sein. Dies lässt sich dadurch belegen, dass der Betrieb den Übungsbetrieb verantwortlich mitorganisiert (direkt oder über einen Betriebssportverein): Er tritt z. B. als Mieter der Sportanlage auf oder unterhält diese, stellt den Übungsleiter oder die Aktivität findet sogar innerhalb der Arbeitszeit statt.
- Eine Bindung an bestimmte Sportarten besteht nicht. Grundsätzlich können alle Sportarten (auch Trendsportarten wie Inlineskaten) als versicherter Ausgleichssport betrieben werden, wenn die anderen Kriterien eingehalten werden.
Das bedeutet, dass viel von dem, was unter Kollegen sportlich abläuft (Verabredung zum Jogging, gemeinsamer Ski-Ausflug) und auch was in vielen Betriebssportvereinen praktiziert wird, nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt. Daher ist es wichtig, immer wieder auf diese Abgrenzung hinzuweisen. Das muss und sollte nicht abschreckend wirken: Gute und vom Aufwand her vertretbare privatrechtliche Versicherungslösungen können dafür sorgen, dass alle Beteiligten beruhigt ihren sportlichen Interessen nachgehen können....