Zusammenfassung
Biomonitoring ist die Untersuchung biologischen Materials von Beschäftigten, i. d. R. Blut oder Urin. Ziel ist, die individuelle Belastung und Gesundheitsgefährdung zu erfassen. Die Messwerte für einen chemischen Stoff oder biologischen Indikator werden mithilfe von Vergleichswerten beurteilt: Der biologische Grenzwert (BGW) ist der Wert, bei dem i. Allg. die Gesundheit des Beschäftigten nicht beeinträchtigt wird. Er ersetzt den biologischen Arbeitsplatz-Toleranz-Wert (BAT-Wert). Da noch nicht für alle Gefahrstoffe ein BGW festgelegt wurde, können BAT-Wert, weitere Werte oder Empfehlungen aus der Fachliteratur zur Beurteilung herangezogen werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse können Maßnahmen festgelegt werden, um die Belastung und damit die Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten zu verringern. Analyse und Bewertung müssen nach dem Stand der Technik erfolgen.
Es gelten folgende gesetzliche Regelungen:
1 Anlass
Biomonitoring ist nach § 3 ASiG Bestandteil der betriebsärztlichen Aufgaben und kann Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge sein.
Biomonitoring ist anzubieten (Abschn. 3.4 Abs. 1 AMR 6.2), wenn
- arbeitsmedizinische Vorsorge (s. Anhang ArbMedVV) durchgeführt wird;
- arbeitsmedizinische Analyseverfahren sowie Werte zur Beurteilung vorliegen.
Biomonitoring ist angezeigt bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen (Abschn. 3.4 Abs. 2 AMR 6.2):
- bei denen unmittelbarer Hautkontakt besteht, die in toxikologisch relevanter Menge über die Haut aufgenommen werden (in der TRGS 900 mit "H" bezeichnete Stoffe,
- bei denen orale Aufnahme von Bedeutung sein kann,
- mit langen biologischen Halbwertzeiten (Kennzeichnung im Sicherheitsdatenblatt),
- die krebserzeugend, keimzellmutagen (erbgutverändernd) oder reproduktionstoxisch (fruchbarkeitsgefährdend) sind,
- die luftmesstechnisch schwer erfassbar sind, z. B. bei Reparaturarbeiten, häufig wechselnden Stoffen im Chargenbetrieb,
- bei denen die innere Belastung durch körperliche Arbeit verändert sein kann (erhöhtes Atem-Minuten-Volumen),
Darüber hinaus ist Biomonitoring angezeigt bei Tätigkeiten
- unter Bedingungen, die die Aufnahme über die Haut (Hautresorption) fördern (Temperatur, Stoffgemische, Hautkrankheiten),
- mit alternativen Arbeitszeitmodellen (mehr als 8 Stunden pro Tag, mehr als 5 Tage pro Woche).
Biomonitoring ist auch nach unfallartigen Expositionen sinnvoll, z. B. beim plötzlichen Austritt gefährlicher Stoffe oder Dämpfe.
Bei besonders gefährdeten Beschäftigten kann Biomonitoring zur Beurteilung dienen, ob präventive, risikomindernde Maßnahmen wirksam sind, z. B. bei Personen mit Ausscheidungsstörungen, Stoffwechselbesonderheiten, Vorerkrankungen u. a.
Als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Pflicht- und Angebotsvorsorge. Der Anhang ArbMedVV listet auf, bei welchen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, mit biologischen Arbeitsstoffen, physikalischen Einwirkungen und sonstigen Tätigkeiten Beschäftigte untersucht werden müssen bzw. eine Untersuchung angeboten werden muss.
2 Werte zur Beurteilung
Zur Beurteilung können folgende Werte herangezogen werden (Abschn. 2.5 AMR 6.2):
- Biologischer Grenzwert (BGW): Grenzwert für die Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten (Stoffwechsel- bzw. Abbauprodukt) oder eines Indikators in biologischem Material (Blut, Urin);
- Biologischer Arbeitsstoff-Toleranz-Wert (BAT-Wert): Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Indikators in biologischem Material, bei der i. Allg. die Gesundheit eines Beschäftigten auch bei wiederholter und langfristiger Exposition nicht beeinträchtigt wird;
- Biologischer-Leit-Wert (BLW): Quantität eines Arbeitsstoffes bzw. -metaboliten oder die dadurch ausgelöste Abweichung von der Norm (nur für Gefahrstoffe, für die keine BAT-Werte aufgestellt werden können, z. B. krebserzeugende Stoffe der Kategorie 1 bis 2);
- Biological Limit Values (BLV): wissenschaftlich begründete Werte zur Beurteilung potenzieller Gesundheitsrisiken;
- Äquivalenzwert zum Akzeptanzrisiko bzw. Toleranzrisiko: Konzentration eines krebserzeugenden Stoffs bzw. seines Metaboliten in Körperflüssigkeiten; entspricht bei ausschließlich inhalativer Exposition der Konzentration in der Luft, bei der das Akzeptanzrisiko bzw. Toleranzrisiko erreicht ist;
- Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA): Beziehung zwischen Konzentration des krebserzeugenden Stoffs in der Luft und im biologischen Material (für krebserzeugende Stoffe, für die keine BAT-Werte aufgestellt werden), ergibt innere Belastung bei ausschließlich inhalativer Aufnahme;
- Biologische Arbeitsstoff-Referenzwerte (BAR): beschreiben die Hintergrundbelastung einer Referenzpopulation, die dem Stoff nicht beruflich ausgesetzt ist;
- Referenzwert für einen chemischen Stoff in einem Körpermedium: Messwerte aus Stichproben nach einem vorgegebenen statistischen Verfahre...