Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Kindertageseinrichtungen gelten in den Landesbauordnungen der Länder als Sonderbauten, d. h. als "Anlagen und Räume besonderer Art und Nutzung" (nach § 2 Musterbauordnung). Damit sind besondere Anforderungen an den baulichen Brandschutz möglich. Deren Ausgestaltung ist aber im Einzelfall recht unterschiedlich und hängt von der Größe und Art der Einrichtung sowie der Gebäudebeschaffenheit ab. Auch die weitergehenden landesrechtlichen Vorschriften sind bundesweit unterschiedlich. Überall wird aber Kindertagesbetreuung nicht nur von der Angebotskapazität her ausgebaut, sondern auch auf die Qualität vor- und außerschulischer Bildung immer mehr Wert gelegt. Die Konzepte, die die Einrichtungsträger dazu entwickeln, müssen immer auch Sicherheitsaspekte – und damit den Brandschutz – umfassen. Daher müssen auch im Betrieb einer Einrichtung Brandrisiken beurteilt und unter Berücksichtigung aller (hier v. a. auch unfallversicherungsrechtlicher) Vorgaben wirksame Maßnahmen getroffen werden.
Gesetzliche Anforderungen an Kindertageseinrichtungen sind immer im Landesrecht zu suchen. Die vor- und außerschulische Betreuung von Kindern unterliegt genauso wie das Bauordnungsrecht der Länderhoheit. Es gibt allerdings keine Musterbau- oder sonstige gemeinschaftliche staatliche Vorschriften für Kindertageseinrichtungen. Spezifische brandschutzbezogene Bau- und Ausstattungsrichtlinien, entsprechende Verwaltungsvorschriften oder Erlasse finden sich nur in einzelnen Bundesländern. Länderspezifisch unterschiedlich sind ebenfalls die Bezüge in übergeordnete Verordnungen und Vorschriften, z. B. zu Brandschutzbegehungen oder Prüfvorschriften für brandschutztechnische Anlagen.
Die länderübergreifend gültige Unfallverhütungsvorschrift der Unfallkassen DGUV-V 82 "Kindertageseinrichtungen" enthält keine ausdrücklichen Brandschutzvorgaben.
1 Rechtsgrundlagen für den Brandschutz in Kindertageseinrichtungen
1.1 Landesbauordnungen – Kindertageseinrichtungen als Sonderbauten
Als "Kindertageseinrichtungen" gelten Einrichtungen zur vor- und außerschulischen Betreuung und Bildung von Kindern ab (länderspezifisch unterschiedlich) 5 bis 10 Plätzen. Durch die bundesweit durchgängige Einstufung von Kindertageseinrichtungen als Sonderbauten wird den Bauordnungsbehörden die grundsätzliche Möglichkeit gegeben, besondere Brandschutzanforderungen an Zustand und Ausstattung von Gebäuden zu stellen, die für Kindertageseinrichtungen genutzt werden. Ob und inwieweit solche besonderen Anforderungen nötig werden, ist aber sehr stark vom Einzelfall abhängig.
Geringere Risiken
Im Vergleich z. B. mit Schulen haben Kindertageseinrichtungen häufig ein geringeres Risiko, wenn folgende Punkte gegeben sind:
- kleinere Einheiten (die meisten Einrichtungen haben weniger als 100 Plätze),
- überschaubare Gebäudeausdehnung, typischerweise ebenerdig,
- weniger anfällig gegenüber missbräuchlichem Handeln, Vandalismus, Gewalttaten,
- überschaubare Struktur, Erziehungspersonal durchgängiger präsent.
In solchen Fällen wird baurechtlich kaum von der besonderen Regelungsbefugnis für Sonderbauten nach Landesbauordnung Gebrauch zu machen sein, weil die übliche Bauausführung, die auch für Wohn- und Gewerbegebäude ohne besonderes Risiko nach Landesbauordnung und Regeln der Technik Standard ist, einen völlig ausreichenden Sicherheitsstandard gewährleistet.
Höhere Risiken
Ein erhöhtes Risiko kann u. a. in folgenden Fällen vorliegen:
- große Einrichtungen, hohe Kinderzahlen,
- andere Einrichtungen besonderer Art und Nutzung (z. B. Schulen) unter demselben Dach,
- mehrgeschossige Gebäude oder Einrichtungen in höher liegenden Stockwerken,
- Einrichtungen in Altbauten mit sensibler Gebäudesubstanz,
- Einrichtungen mit einer hohen Zahl von Kindern unter 3 Jahren.
Aus diesen und ähnlichen Gründen kann es dazu kommen, dass für Kindertageseinrichtungen als Sonderbauten z. B. bestimmte gebäudetechnische Anlagen (Rauchabzugsanlagen, Brandmeldeanlagen, …) in der baurechtlichen oder betrieblichen Genehmigung gefordert werden.
1.2 Ausführende Bauvorschriften
Weil Kindertageseinrichtungen mit einem eher geringen Risiko der weitaus häufigere Fall sind, existiert keine bundesweit gültige Musterbauvorschrift für diesen Bereich. Es gibt auch nur in einigen wenigen Bundesländern rechtsverbindliche landesweit gültige Brandschutzrichtlinien für Kindertageseinrichtungen (Tab. 1). Im Wesentlichen werden Brandschutzmaßnahmen immer im Einzelfall nach Risikobeurteilung durch die vor Ort zuständigen bau- und betriebsrechtlich zuständigen Aufsichtsbehörden definiert.
Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren und des Deutschen Feuerwehrverbandes
Unter dem Titel "Tageseinrichtungen für Kinder" haben die o. g. bundesweiten Gremien aktuelle Empfehlungen für den baulichen und betrieblichen Brandschutz in Kindertageseinrichtungen zusammengestellt. Sie wenden sich damit v. a. an Aufsichtsbehörden und Entscheidungsstellen der öffentlichen Hand, die über Bau und Betrieb von Kindertageseinrichtungen zu entscheiden haben. Es sind abe...