Die subjektive Bewertung der Gefährlichkeit einer Situation zeigt: Je gefährlicher wir eine Situation einschätzen, umso mehr sind wir auf Sicherheit bedacht; je alltäglicher und harmloser eine Situation erscheint, desto sorgloser begegnen wir ihr. Wir sind besonders vorsichtig beim Umgang mit feuergefährlichen Stoffen, stürmen aber die Treppe hinunter, ohne den Handlauf zu benutzen. Wir steigen auf den Stuhl, um die Glühbirne auszuwechseln, anstatt einen Tritt oder eine Leiter zu verwenden, würden aber nicht an der Dachkante arbeiten, ohne uns abzusichern.

Untersuchungen zeigen, dass wir uns in der Gefährlichkeit vieler Situationen verschätzen. In 70 % aller Fälle wird die Gefährlichkeit einer Tätigkeit realistisch bewertet. In jeweils 15 % aller Fälle wird die Gefährlichkeit einer Situation unter- oder überschätzt: bei den überschätzten gefährlichen Tätigkeiten ereignen sich nur 6 % aller Unfälle, bei der unterschätzten Gefährlichkeit einer Tätigkeit passieren 44 % aller Unfälle. D. h., Unfälle ereignen sich besonders häufig dann, wenn wir uns sicher fühlen.

Routine in der Ausübung von Handlungen kann ebenfalls dazu führen, dass Risiken unterschätzt werden. Man kann das auch als "gelernten Leichtsinn" interpretieren: 99-mal ist trotz sicherheitskritischem Verhalten nichts passiert, was die Überzeugung stärkt, das Risiko einzugehen lohne sich – was aber nicht der Wahrscheinlichkeit entspricht. Das Risiko, Schaden zu nehmen, ist gleich groß wie beim ersten Mal. Schutzvorkehrungen, wie Anschnall- und Helmpflicht oder Schutzkleidung, senken nicht die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall, sondern begrenzen höchstens das Ausmaß des Schadens.

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