Zusammenfassung
Wir sitzen zu viel. Bewegungsmangel ist heute mit Abstand einer der größten Risikofaktoren für unsere Gesundheit. Insbesondere Arbeiten am Display im Büro bringen unseren Organismus in eine Zwangshaltung, die "zwangsläufig" zu Schäden führt. Ob sich nun Rückenschmerzen, Bluthochdruck oder Übergewicht als Krankheitssymptome entwickeln, ist schicksalhaft. Dass solche Symptome auftreten, ist aber teilweise selbstverursacht – und damit auch verhinderbar. Die Frage ist also, wie wir vorhandene Bewegungspotenziale nutzen und die Freude an Bewegung über die Bequemlichkeit siegt. Dieser Beitrag zur Bürodynamik beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten zur Bewegungsförderung im Büro und zur erfolgreichen Umsetzung in der Praxis.
"Gefahren sind an der Quelle zu bekämpfen", so § 4 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz. So ist mehr Bewegung die beste und rezeptfreie Medizin, um Bewegungsmangel zu behandeln.
Anhang 6.1 Abs. 1 ArbStättV fordert, dass die Grundsätze der Ergonomie auf die Bildschirmarbeitsplätze anzuwenden sind. Die Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen sind enthalten in DIN EN ISO 6385. Gemäß Anhang 6.1 Abs. 2 ArbStättV muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Tätigkeiten der Beschäftigten an Bildschirmgeräten, insbesondere durch andere Tätigkeiten oder regelmäßige Erholungszeiten unterbrochen werden. Darüber hinaus ist für die Beschäftigten ausreichend Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und -bewegungen vorzusehen (Anhang 6.1 Abs. 3 ArbStättV).
1 Definition Bürodynamik
Bürodynamik ist ein Konzept, um mehr Bewegung ins Büro zu bringen. Ziel ist, bestehende dynamische Verhältnisse, wie moderne Sitzkonzepte oder Steh-Sitzlösungen, um dynamisches Verhalten zu erweitern. Personen, Raum und Bürogebäude müssen körperliche, geistige und emotionale Bewegung zulassen, um agiles Arbeiten zu ermöglichen.
Bürodynamik ist der Dreiklang aus Selbstmanagement, Kommunikation und Arbeitsplatz:
- Ich bewege mich – mit Selbstmanagement zurück zum sich selbst bewegenden Menschen.
- Ich bewege jemanden – mit der richtigen nach innen und außen gerichteten Kommunikation, um in sich und bei anderen etwas zu bewegen.
- Es bewegt mich – die eigene Wahrnehmung und Emotionalität wie auch die Verhältnisse Arbeitsplatz-Raum-Gebäude fordern mehr Bewegung.
Eine Veränderung im Sinne von Bürodynamik ist damit ein Mix aus
- bewegenden Verhältnissen,
- bewegtem Verhalten,
- bewegungsfördernden Arbeits-, Raum- und Gebäudestrukturen und
- der eigenen Sensibilität und Emotionalität.
Erfolgreiche Bürodynamikprozesse können an allen Stellen im Unternehmen begonnen werden, aber die initiierten Prozesse müssen immer auch alle restlichen Ebenen erreichen und aktiv einbeziehen. Entscheidend ist, dass gleichzeitig gerudert wird, und zwar in die gleiche Richtung, sonst dreht sich das Boot, bleibt stehen oder treibt zurück.
2 Warum mehr Bewegung nötig ist
Um zu überleben hat sich der Mensch im Laufe der Evolution für Bewegung optimiert. Von den Anfängen als Jäger und Sammler über unsere ersten sesshaften Vorfahren bis hin zur industriellen Revolution war der Großteil der Menschheit für den täglichen Broterwerb auf seine Muskelkraft angewiesen. Im 20. Jahrhundert hat sich die Notwendigkeit für körperliche Aktivität aufgrund der Technisierung der gesamten Gesellschaft stark reduziert. Durch die zunehmende Digitalisierung hat sich dieser Trend weiter beschleunigt.
2.1 Lebensprinzip Bewegung
Der Mensch funktioniert nach dem Lebensprinzip Bewegung. Ohne Bewegung keine Atmung, kein Herzschlag, kein venöser Rückfluss und keine Bandscheibenernährung. Bewegung tut Not.
Statt sich im Büro mehr zu bewegen, bleiben immer mehr Menschen immer länger und statisch sitzen. Das Problem lässt sich nicht aussitzen. Es gilt, das "dynamische System" unseres Körpers anzusprechen, die Gesamtbilanz positiv zu gestalten, ohne dabei Einbußen in den notwendigen Arbeitsprozessen hinnehmen zu müssen.
In den EU-28-Ländern waren 2012 bereits 2 Drittel aller Arbeitsplätze mit geringer körperlicher Aktivität (ISCO Kategorien 1–5) verbunden. Durch den steigenden Zeitdruck und die höher werdenden Arbeitsumfänge reduziert sich der Bewegungsmangel weiter, da immer weniger Raum für körperliche Aktivität in der Freizeit bleibt. Über 50 % der Arbeitnehmer der ISCO-Kategorien 1–5 geben mittlerweile an, dass sie sich selten oder nie körperlich betätigen.
Zuerst zeigten sich die positiven Seiten des gesellschaftlichen Wandels, wie eine erhöhte Lebenserwartung oder ein geringerer Verschleiß des Körpers. In der jüngeren Zeit kommt nun aber die Kehrseite der Medaille zum Vorschein. In vielen Studien hat sich gezeigt, dass der Mensch durch dauerhaften Bewegungsmangel krank wird.
Eine der Ursachen für diese gesundheitlichen Probleme liegt in der Entwicklungsgeschichte des Menschen begründet. Um auch in Notsituationen zu bestehen, versucht der Mensch immer, seinen eigenen Ressourcenverbrauch zu minimieren. D. h. z. B., dass wir Energiespeicher in Form von Fett anlegen, wenn wir mehr Energie über die Nahrung aufnehmen, als wir ...