Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Wenn Ablenkung und/oder häufige Unterbrechungen die Arbeitsituation erheblich belasten, greifen Arbeitsschutzgesichtspunkte (psychische Belastung) und betriebliche Fragen (Arbeitsplatzprofil, Aufgabenverteilung, Arbeitsorganisation) eng ineinander. Hier einen Ausgleich herbeizuführen, ist nicht allein Aufgabe des Arbeitsschutzes, er kann aber moderierend dazu beitragen.
5.1 Aufgaben und Abläufe im Arbeitsbereich konsequent klären
Kundenkontakt, Besprechung mit Kollegen und konzentriertes Arbeiten – alles gleichzeitig geht nicht und schon gar nicht in einem Raum. Letztlich ist es eine betriebliche Entscheidung, wie Räume genutzt und wofür und unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer ihre Zeit aufwenden sollen. Wichtig für die Vermeidung vor allem psychischer Belastungen ist es, dass erkennbar und nachvollziehbar ist, was wann und unter welchen Umständen Priorität hat. Andere Aufgaben bleiben dann ggf. liegen und werden weniger zügig erledigt – das sollte unter Kollegen und gegenüber der zuständigen Führungskraft besprochen und akzeptiert sein.
Empfangsarbeitsplätze
Es ist durchaus sinnvoll und vertretbar, dass Beschäftigte am Empfang eines Unternehmens/einer Einrichtung an der Empfangstheke bestimmte Verwaltungsarbeiten erledigen – in Phasen, in denen der Besucher- und Lieferantenstrom gering ist. In Stoßzeiten müssen diese Arbeiten dann aber aufgeschoben werden, wenn sie mit sehr häufigen Unterbrechungen nicht sinnvoll auszuführen sind.
In Zweifelsfällen kann es helfen, einige Zeit lang zu dokumentieren, wie die Arbeitszeit verlaufen ist und welche Zeiten wofür aufgewendet wurden. Solche Aufzeichnungen können erheblich dazu beitragen, dass Ursachen für Belastungen und Probleme erkennbar werden.
Büroregeln klar definieren
In Mehrpersonenbüros kann es nötig sein, verbindliche Regeln für die Kommunikation und bestimmte Abläufe aufzustellen und zu kommunizieren. Menschen haben unterschiedliche Gewohnheiten, Bedürfnisse und empfinden Störungen unterschiedlich. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich "von allein" ein Konsens zum kollegenschonenden Verhalten im Büro herausbildet. Beispielsweise kann festgelegt werden, dass private Gespräche nicht im Arbeits-, sondern im Sozialraum und längere Telefongespräche oder Besprechungen unter Kollegen in einem separaten Raum geführt werden.
5.2 Geschützte Bereiche einrichten
Wenn ein Büroarbeitsplatz aus betrieblichen Gründen in einem unruhigen Bereich eingerichtet werden muss, sind Abschirmungen (s. o.) eine gute Möglichkeit für Beschäftigte, sich für Büroarbeiten aus dem umgebenden Betrieb physisch und psychisch zurückziehen zu können. Dadurch ist auch für andere deutlich wahrnehmbar, dass er oder sie möglichst nicht gestört werden sollte. Oft gibt es auch die Möglichkeit, dass zu bestimmten Zeiten für besonders konzentrationsintensive Arbeiten ein Ausweicharbeitsplatz in einem ruhigen Bereich aufgesucht werden kann – moderne IT-Strukturen schaffen hier viele Möglichkeiten.
Raumnutzung planen
Gerade in kleinen und mittleren Betrieben sind Bürostrukturen eher gewachsen als geplant und verändern sich mit dem Betrieb. Räume werden häufig umgenutzt und Schreibtische dorthin gestellt, wo gerade Platz ist. Dabei werden sinnvolle Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung außen vor gelassen. Gerade wenn Platz knapp ist und betriebliche Notwendigkeiten drängen, kann man mit angepassten Büromöbeln, Raumteilern oder veränderten Organisationsstrukturen sinnvolle Verbesserungen erzielen – sofern man bewusst darüber nachdenkt.
Persönliche Schutzausrüstung im Büro?
Erste Wahl zur Verminderung von akustischen Störungen im Büro sind – ganz nach der geltenden TOP-Regel – geräuschmindernde oder raumakustische Gestaltungsmaßnahmen und organisatorische Regelungen (s. o.). Persönliche Schutzausrüstung (also z. B. Kapselgehörschützer oder Ohrstöpsel) dürfen nach ASR A3.7 speziell in Bürobereichen (Tätigkeitskategorie I und II) nur in Ausnahmefällen und nicht dauerhaft eingesetzt werden.
Für manche Betroffene kann das aber – wenn die Bürosituation es zulässt – eine wirksame "Erste-Hilfe-Maßnahme" sein.