Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Büroarbeitsplätze gibt es in ganz unterschiedlichen räumlichen Situationen, nicht nur in klassischen Einzelbüros. Während dort i. d. R. eine ungestörte und ablenkungsarme Arbeitsatmosphäre gegeben ist, ist in Mehrpersonenbüros oder Multifunktionsräumen eine ausgereifte Raum- und Arbeitsplatzgestaltung erforderlich, damit Beschäftigte möglichst ungestört und ohne unzuträgliche Belastungen ihre Arbeitsaufgaben erledigen können. Raumakustische Maßnahmen, eine geschickte Raumaufteilung und Flächennutzung, angepasstes Mobiliar und manche organisatorischen Vorkehrungen tragen dazu bei, die Arbeitsbedingungen für Büroarbeit in intensiv und vielfaltig genutzten Räumen zu verbessern. Dem sind jedoch technische und praktische Grenzen gesetzt, sodass es oft letztlich eine betriebliche Entscheidung ist, ob die unvermeidbar ablenkungsreiche Mehrfachnutzung eines Raums oder die Notwendigkeit ungestörten Arbeitens auf hohem Konzentrationsniveau Vorrang bei der Raumnutzung haben soll.
Die grundlegenden Anforderungen an Büroarbeitsplätze leiten sich aus den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und den dazugehörigen Regeln ab, u. a.:
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV):
Arbeitsstätten-Regeln:
Arbeitsschutzrelevante Details zur Arbeitsplatzgestaltung im Büro finden sich in:
- DGUV R 115-401 "Branche Bürobetriebe"
- DGUV-I 215-410 "Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung"
- DGUV-I 215-443 "Akustik im Büro – Hilfen für die akustische Gestaltung von Büros"
- VBG Fachwissen "Büroarbeit – sicher, gesund und erfolgreich"
1 Störfaktoren im Bürobetrieb
Wenn mehr als ein Beschäftigter in einem Raum arbeitet, führt das unvermeidbar dazu, dass mehrere Arbeitsprozesse nebeneinander stattfinden. Da diese in den wenigsten Fällen geräusch- und bewegungslos ablaufen, treten gegenseitige Störungen auf. Ob und in welchem Umfang solche Störeinflüsse hingenommen werden müssen, ist nicht pauschal festzulegen. Wie immer in solchen Fällen entscheidet die Gefährdungsbeurteilung, die tätigkeitsbedingt zu erstellen ist.
Je höher das Konzentrationsniveau und die Anforderungen an die Leistungsintensität sind, desto eher ist davon auszugehen, dass die Arbeitsatmosphäre sehr störungsarm sein muss bzw. dass häufige und erhebliche Störungen zu unzuträglichen Belastungen für Beschäftigte führen. Die Art der Beschäftigung spielt dabei ebenso eine Rolle wie individuelle Bedürfnisse (z. B. von Menschen mit Beeinträchtigungen) und persönliche Empfindungen, die zwar grundsätzlich nicht in Gefährdungsbeurteilungen einfließen sollen, aber bei der Einschätzung von Störungen nicht außen vor bleiben können.
Angemessene Büroform
Welche Büroform bzw. -organisation als nützlich, angemessen oder zumutbar angesehen wird, ist tätigkeits- und auch branchenabhängig.
Ein Lagerist hat seinen Büroarbeitsplatz in kleinen und mittleren Lagern häufig direkt im Lager und profitiert davon, dass so die Informationen z. B. für Bestellungen immer verfügbar und die Wege kurz sind und er außerdem neben seinen Bürotätigkeiten bei Bedarf für den Lagerbetrieb zur Verfügung steht. Dafür wird problemlos in Kauf genommen, dass die Geräusche des Lagerbetriebs hereindringen und er seine Büroarbeiten immer wieder unterbrechen muss.
Eine Sachbearbeiterin in Sozialangelegenheiten hat oft eine Fülle komplexer Vorgänge parallel auf dem Schreibtisch und muss sie unter einem gewissen Zeitdruck abarbeiten. Dabei ist eine Vielzahl von Telefongesprächen in z. T. kritischen Angelegenheiten oder mit Personen mit eingeschränkten Sprachfähigkeiten zu führen, es sind Beurteilungen zu formulieren und Vorgänge und Termine im Überblick zu behalten. An einem solchen Arbeitsplatz können schon laute Straßengeräusche erheblich störend sein. Die Unterbringung in einem Doppelbüro kann die Effektivität erheblich vermindern und/oder die psychischen Belastungen steigern.
Was genau störend wirkt, wenn im Arbeitumfeld noch andere als die eigene Tätigkeit ablaufen, lässt sich nicht immer nach einzelnen Faktoren sauber trennen. Für die Einschätzung im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung sind die in den folgenden Kapiteln aufgeführten Faktoren meist die wesentlichen.
2 Akustische Einflüsse
2.1 Lärm im Büro
Da ein Mensch zwar die Augen abwenden oder schließen kann, nicht aber die Ohren, steht Geräuschentwicklung an der Spitze der als problematisch eingestuften Störfaktoren.
Die Arbeitsschutzgesetzgebung greift das durch die ASR A3.7 "Lärm" auf. Sie ist als Abgrenzung zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung zu verstehen, die sich mit Fragen der Gehörschädigung durch Lärm befasst. Die ASR A3.7 beschäftigt sich hingegen vor allem mit sog. extraauralen Lärmwirkungen, nämlich den "physiologischen, psychischen und sozialen Wirkungen von Schall auf den Menschen, mit Ausnahme der Wirkungen, die das Hörorgan betreffen" (Abschn. 3.4 ASR A3.7).
Damit wird anerkannt, dass diese Wirkungen eintret...