Zusammenfassung
Arbeits- und Umweltschutz hat das Ziel, die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten und die Auswirkungen durch betriebliche Aktivitäten auf die Umwelt zu minimieren. Im Arbeits- und Umweltschutzrecht gibt es Anforderungen, aus denen sich Haftungsrisiken ergeben. Zunehmend wichtiger wird aber auch die zivilrechtliche Sicht, die eine Beweislastumkehr für die Unternehmen und ihre Verantwortungsträger beinhaltet, z. B. durch das Umwelthaftungsgesetz. Man spricht hier von Gefährdungshaftung.
Dieser Fachbeitrag soll Führungskräften und Mitarbeitern in Unternehmen einen praktikablen Weg aufzeigen, mit dem Thema Compliance und damit mit dem Thema Haftung im Umwelt- und Arbeitsschutz umzugehen.
Zentrale Vorschriften im Arbeitsschutz sind u. a.
Dazu kommen Technische Regelwerke, z. B. zu Arbeitsstätten, zur Betriebssicherheit, zu Gefahrstoffen und das berufsgenossenschaftliche Regelwerk.
Wichtige Rechtsgebiete im Umweltschutz sind:
- Abfall,
- Wasser,
- Boden,
- Immissionsschutz,
- Naturschutz,
- Gefahrgut,
- Energie und
- Biotechnologie.
Im Umweltrecht spielen auch Länderregelungen eine wichtige Rolle. Sektorenübergreifende Regelungen enthalten das Umweltschadens-, Umwelthaftungs- und Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz.
Regelungen zur Störfallvorsorge und aus dem Bau- und Strahlenschutzrecht sind sowohl für den Arbeits- als auch für den Umweltschutz relevant.
1 Compliance im Arbeits- und Umweltschutz – eine spezielle Sicht
Compliance ist die Bereitschaft aller Mitarbeiter zur Mitarbeit bei allen Tätigkeiten, Handlungen und Maßnahmen im Arbeits- und Umweltschutz, z. B. durch Zuverlässigkeit, mit der Anweisungen befolgt werden. Compliance ist abhängig von der Persönlichkeit aller Mitarbeiter, dem Verständnis für das Thema, dem Kontrolldruck der Vorgesetzten, dem Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem, Anzahl und Komplexität der Anweisungen und evtl. erforderlichen Verhaltensänderungen.
Compliance in der Medizin
Hilfreich für das Verständnis von Compliance im Arbeits- und Umweltschutz ist eine Definition von Compliance aus der Medizin: Compliance beschreibt hier "die Bereitschaft eines Patienten […], mit der therapeutische Maßnahmen befolgt werden (sog. Verordnungstreue). […] Compliance ist abhängig von der Persönlichkeit, Krankheitsverständnis, Leidensdruck des Patienten, Arzt-Patienten-Verhältnis, Anzahl und Schwierigkeit der Anweisungen, Art der Therapie und evtl. erforderlichen Verhaltensänderungen."
1.1 Compliance-Anforderungen im Arbeits- und Umweltschutz
Compliance im Arbeits- und Umweltschutz ist eigentlich kein neues Thema. Von daher ist davon auszugehen, dass jedes Unternehmen bereits – bewusst oder unbewusst – Complianceaktivitäten betreibt. Neu ist die Intensität, wie derartige Themen durch Umwelt- und Arbeitsschutzaufsichtsbehörden, Auditoren und Öffentlichkeit verfolgt werden. Die mediale Aufmerksamkeit ist größer geworden. Ebenso die Detailtiefe, mit der jetzt auch Anforderungen von bisher kaum beachteten Vorgaben und Richtlinien nachverfolgt und bestraft werden – Stichwort: "Vollständigkeit von Rechtskatastern und Pflichtenkatalogen".
Bei der Compliance im Arbeits- und Umweltschutz haben wir es vor allem mit folgenden Anforderungen zu tun:
- Anforderungen aus Rechtsvorschriften (Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln etc.),
- Bedingungen und Nebenbestimmungen aus Genehmigungen, z. B. aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz,
- Externe Anforderungen (Kundenanforderungen, Öffentlichkeit).
Verstoß hat gravierende Folgen
Ein Verstoß gegen Anforderungen aus Rechtsvorschriften und Genehmigungen zieht ein straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliches Verfahren nach sich. Denn damit können Personenschäden oder auch Umweltschäden, z. B. Boden- oder Gewässerverunreinigung, verbunden sein.
Ein Verstoß gegen externe Anforderungen kann massive ökonomische Einbußen zur Folge haben. Mit Compliancemaßnahmen und einem Compliance-Managementsystem im Arbeits- und Umweltschutz sollen betriebliche Risiken erkannt, abgestellt und damit eine Haftung vermieden werden.
Das nachfolgende Beispiel zeigt eine Situation auf, die zu einer Haftung führen kann und beschreibt, welche Maßnahmen geeignet sind, solche Haftungsrisiken zu vermeiden oder zumindest zu verringern.
Beispiel 1: Wartungsarbeiten in einer Abwasserreinigungsanlage
Ein Unternehmen der chemischen Industrie betreibt eine Abwasserreinigungsanlage, die aus mehreren Behandlungs- und Puffertanks besteht. Um Inspektions- und Wartungsarbeiten durchführen zu können, müssen 2 Tanks außer Betrieb genommen werden. Damit ist die Abwasserreinigungsanlage nicht mehr voll betriebsfähig. Es muss eine Abwassermenge von ca. 5 cbm anderweitig behandelt oder abgeleitet werden. Dem Geschäftsführer (GF) wird das Thema auf der wöchentlichen Führungskräfterunde (FKR) vorgestellt. Er bittet den Betriebsleiter, den genauen Zeitraum für eine Alternativlösung zu bestimmen ...