Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Die DGUV-I 201-054 wendet sich in erster Linie an bauausführende Firmen. Sie regelt, unter welchen Bedingungen Dacharbeiten auszuführen sind:
1.1 Vor Arbeitsbeginn
1.1.1 Berücksichtigung bauseitiger Bedingungen
- vorhandene Sicherheitseinrichtungen wie z. B. Anschlageinrichtungen,
- nicht belastbare Decken, Böden oder Dachflächen,
- bauseitige bzw. betriebliche Risiken wie nicht außer Betrieb zu nehmende Anlagen, mögliche Gefahrstoffbelastungen
- Auflagen aufgrund des Nachbarschaftsrechts,
- vorhandene Notausgänge und Fluchtwege.
1.1.2 Festlegung der für die sichere Durchführung der Arbeiten erforderlichen Voraussetzungen
Anforderungen an den Bauherrn/Betreiber
Die DGUV-I 201-054 verpflichtet Dacharbeiten ausführende Unternehmer, den Bauherrn bzw. den Betreiber eines Gebäudes auf die "für die sichere Durchführung der Arbeiten erforderlichen Voraussetzungen" hinzuweisen. Wenn z. B. ein Auftrag für regelmäßige Wartung/Reinigung von Dachflächen extern vergeben wird, darf es daher nicht wundern, wenn angefragte Unternehmen z. B. die Montage geeigneter Anschlagpunkte für Seilsicherungen auf dem Dach zur Bedingung machen. Es ist eher kritisch zu sehen, wenn ein Unternehmen auf erforderliche Sicherungsmaßnahmen zu verzichten bereit ist. Schließlich sieht die DGUV-I 201-054 ausdrücklich vor, dass ausführende Unternehmer den Auftraggeber schriftlich darüber informieren müssen, wenn "Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, insbesondere hinsichtlich der Sicherung gegen Unfallgefahren" bestehen.
Voraussetzungen für die sichere Durchführung von Dacharbeiten können sein:
- ebene und tragfähige Flächen innerhalb und außerhalb der Gebäude für den Einsatz von Stand- und Fahrgerüsten oder Hubarbeitsbühnen,
- nicht verschiebbare und begehbare Abdeckungen von Deckenöffnungen,
- Befestigungsmöglichkeiten für Seitenschutzbauteile an Absturzkanten,
- Befestigungsmöglichkeiten für Schutznetze oder Dachrandsicherungen,
- geeignete Anschlagkonstruktionen für persönliche Schutzausrüstungen (PSA) gegen Absturz, z. B. Sicherheitsdachhaken und Anschlageinrichtungen auf Flachdächern,
- Verankerungsmöglichkeiten für Standgerüste.
1.1.3 Organisatorische Vorgaben
Leitung
Dacharbeiten müssen nach Abschn. 2.3.1 DGUV-I 201-054 von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden. Diese müssen "aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeiten umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der jeweils auszuführenden Arbeiten haben und mit einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik vertraut sein". Sie müssen die vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeiten gewährleisten und sollten schriftlich beauftragt sein.
Aufsicht
Außerdem müssen Dacharbeiten von ausreichend qualifizierten und erfahrenen "Aufsichtführenden" beaufsichtigt werden. Diese müssen für die arbeitssichere Ausführung sorgen und dabei alle verwendeten Einrichtungen (betriebseigene sowie von anderer Seite zur Verfügung gestellte), wie Gerüste, Geräte, Schutzvorrichtungen u. a., auf Mängel überprüfen. Beschäftigte sind verpflichtet, festgestellte Mängel dem Aufsichtführenden anzuzeigen.
Weitere organisatorische Punkte
- Abstimmung sicherheitsrelevanter Punkte mit anderen gleichzeitig tätigen Unternehmen;
- Zusammenarbeit mit dem Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator nach Baustellenverordnung und Einhaltung der Vorgaben des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans;
- dokumentierte Unterweisung der Beschäftigten.
1.2 Durchführung
1.2.1 Allgemeine Anforderungen
Bei Beginn der Arbeiten hat der Unternehmer sich davon zu überzeugen, dass die erforderlichen Voraussetzungen für sicheres Arbeiten gegeben sind und bauseitig keine Gefährdungen bestehen.
Beim unvermuteten Auftreten von Gefährdungen müssen Dacharbeiten sofort unterbrochen und der Aufsichtführende (s. o.) verständigt werden.
Werden Montage- oder Verlegearbeiten durchgeführt, bei denen besondere, nicht allgemein bekannte sicherheitstechnische Angaben erforderlich sind (z. B. bei der Montage von Nagelbinderplatten oder Einzelholzbaukonstrukionen oder bei der Verlegung von Wärmedämmplatten oder Lichtbändern), hat der Unternehmer eine schriftliche Montageanweisung mit allen erforderlichen Angaben zu erstellen.
Dacharbeiten dürfen nur ausgeführt werden, wenn darunterliegende Arbeitplätze und Verkehrsflächen entweder sicher gegen herabfallende Gegenstände und Massen geschützt sind (durch Abdeckungen, Gerüstbeläge, Fanggitter oder Fangnetze mit einer Maschenweite von höchstens 2 cm) oder die Bereiche abgesperrt sind (durch Geländer, Ketten oder Seile – Trassierband nicht ausreichend).
1.2.2 Schutzmaßnahmen gegen bestimmte Gefährdungen
Für folgende Themengebiete enthält die DGUV-I 201-054 zum Teil sehr detaillierte Vorgaben und Erläuterungen:
- Beschaffenheit von Gerüsten verschiedener Typen;
- Einsatz von Leitern;
- spezielle Arbeitsmittel auf Dächern und ihre Beschaffenheit, z. B. Dachdeckerauflegeleitern, Dachdeckerstühle, Standlatten, Sicherheitsdachhaken;
- Verkehrswege auf Dächern, z. B. Treppen, Laufstege, Aufzüge, Transportbühnen, Leitern;
- Absturzsicherungen: Seitenschutz/Randsicherung, Fanggerüste, Schutznetze, PSA gegen Absturz;
- Sicherung von Öffnungen bzw. nicht durchsturzsicheren Elementen;
- Arbeiten auf nicht durchsturzsicheren Dächern;
- Maßnahmen gegen Brandgefährdung;
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