Dipl.-Ing. Dirk Rittershaus
Zusammenfassung
Degradation ist die negative Veränderung der Werkstoffeigenschaften von Chemikalienschutzhandschuhen durch Gefahrstoffkontakt, für die es noch keine vorgeschriebenen Prüfkriterien gibt. Sie kann dazu führen, dass die Gebrauchsfähigkeit von Chemikalienschutzhandschuhen nachteilig beeinflusst wird. Tragekomfort sowie Schutz vor Hautkontakt mit Gefahrstoffen sind davon betroffen. Ebenso kann die mechanische Belastbarkeit durch Degradation verringert werden.
1 Verschlechterung der Materialeigenschaften
Der Begriff Degradation bedeutet so viel wie Erniedrigung. Jede Art der Verringerung (Erniedrigung) von Materialeigenschaften bei Chemikalienschutzhandschuhen durch Gefahrstoffeinwirkung wird als Degradation bezeichnet. So können z. B. folgende Eigenschaften beeinflusst werden:
- Elastizität
- Fingerbeweglichkeit
- Quellung
- Reißdehnung
- Schrumpfung
- Versprödung
- Weiterreißfestigkeit
Derartige Veränderungen können umkehrbar oder bleibend sein. Eine Materialquellung ist i. d. R. ein umkehrbarer Prozess, während Versprödung oder Verhärtung bleibend sind.
Die mechanischen Eigenschaften, die Hersteller von Chemikalienschutzhandschuhen testen, beziehen sich auf den Handschuh im Originalzustand bei Raumtemperatur. Bei den Prüfungen auf Abriebfestigkeit, Schnittfestigkeit, Weiterreißfestigkeit und Stichfestigkeit wird nach EN 388 das Handschuhmaterial mechanischen Belastungen ohne chemische Einwirkung ausgesetzt.
Hinsichtlich der chemischen Beständigkeit wird das Handschuhmaterial chemischen Prüfsubstanzen ausgesetzt. Dabei werden die Durchdringungsszeit (Permeation) und die Dichtigkeit (Penetration) untersucht. Diese Untersuchungen werden ohne mechanische Einwirkungen an neuen Handschuhen bei Raumtemperatur durchgeführt.
2 Prüfkriterien fehlen
Mittlerweile gibt es Hersteller von Chemikalienschutzhandschuhen, die neben den in der DIN EN 374-4 geforderten Prüfungen auch Veränderungen des Handschuhmaterials untersuchen. So wird beispielsweise bei der Feststellung der Durchdringungszeit das Material auch auf die Quellung untersucht. Abhängig vom Maß der Quellung wird das Handschuhmaterial als beständig, bedingt beständig, unbeständig oder zerstört bezeichnet.
3 Folgen der Degradation
Chemikalienschutzhandschuhe sollen den Anwender vor einem Hautkontakt mit Gefahrstoffen schützen, die bleibende Schäden verursachen können. In der Praxis tritt Degradation häufig dann auf, wenn Chemikalienschutzhandschuhe tagelang eingesetzt werden, nachdem sie bereits einen Chemikalienkontakt hatten.
Der Anwender prüft bei Chemikalienschutzhandschuhen vor Gebrauch, ob sie dicht sind. Undichte Handschuhe werden ausgetauscht. Diese Prüfung reicht aber nicht aus. Sollte der Chemikalienschutzhandschuh während des Arbeitseinsatzes oder nach Pausen erkennbare Mängel aufweisen (z. B. Quellung, Versprödung, Schrumpfung), dann kann dies u. U. zu einem frühzeitigeren Chemikaliendurchtritt auf die Haut führen. Solche Handschuhe sollten nicht weiter verwendet werden.
Nehmen Sie möglichst Kontakt mit dem Hersteller von Chemikalienschutzhandschuhen auf, wenn der Handschuh schon nach kurzem Chemikalienkontakt Mängel aufweist, die zu einer möglichen Gefährdung Ihrer Mitarbeiter führen können. Sollte der Hersteller nicht auf Anhieb eine Ersatzlösung für Sie finden, so ist er meist bereit, für Ihren verwendeten Gefahrstoff einen Test durchzuführen, um einen geeigneteren Handschuh für Sie zu finden.
Quellung ist nur eine der negativen Veränderungen des Handschuhmaterials, die bislang freiwillig untersucht werden. Sofern Sie dem Hersteller Ihre negativen Erfahrungen beim Umgang mit Gefahrstoffen mitteilen, können andere Anwender daraus einen Nutzen ziehen.
Fragen Sie konkret beim Hersteller nach, ob für Ihren eingesetzten Gefahrstoff bereits Untersuchungen oder Erkenntnisse vorliegen, welcher Handschuh geeignet ist. Der Hersteller seinerseits wird bestrebt sein, Ihnen einen Chemikalienschutzhandschuh anzubieten, der für die Dauer einer Arbeitsschicht vor dem Gefahrstoff schützt.
Nur eine aktive Zusammenarbeit mit den Herstellern kann derzeit dazu führen, dass das Thema Degradation mehr in den Vordergrund gerät. Eine Untersuchungspflicht besteht wie gesagt noch nicht; der Druck der Anwender kann aber dazu führen, dass Firmen derartige Untersuchungen freiwillig durchführen.