Sollten trotz aller Präventionsmaßnahmen Stichverletzungen auftreten, ist es wichtig, zügig und sachgerecht zu handeln, um die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu minimieren. Die Anlaufstelle muss – nach vorheriger Abstimmung mit ihr – im Notfallplan benannt werden. Beziehen Sie, wenn es um Nadelstichverletzungen geht, folgende Über-legungen bei der Wahl einer Ärztin oder eines Arztes ein:
- Kennen Ärztin oder Arzt das aktuelle Nachsorgeprogramm nach einer Nadelstich- oder Schnittverletzung mit infektiösem Material?
- Sind erforderliche Medikamente für eine mögliche vorbeugende medikamentöse Behandlung ausreichend vorgehalten?
- Sind Kenntnisse über Kommunikations- und Abrechnungswege mit der zuständigen Unfallversicherung vorhanden?
- Ist die Schweigepflicht sichergestellt, falls beispielsweise die Notfallvorsorge im eigenen Haus erfolgt?
Durchgangsärztinnen und -ärzte erfüllen diese Punkte in der Regel. Grundsätzlich können jedoch auch Allgemeinmediziner und -medizinerinnen sowie Betriebsärzte und -ärztinnen die Behandlung durchführen.
Es ist wichtig, sich möglichst schnell bei einer Ärztin oder einem Arzt vorzustellen. In großen Einrichtungen wie in Krankenhäusern besteht in der Regel die Möglichkeit, sich an Betriebsärztin, -arzt oder die Notfallambulanz zu wenden. Eine HIV-Postexpositionsprophylaxe sollte über die Anlaufstelle innerhalb von zwei Stunden verfügbar sein. Auf keinen Fall darf die Arbeit fortgesetzt werden. Der Impfausweis sollte mitgenommen oder zeitnah nachgereicht werden und Vermerke über Hepatitis-B-Impfungen und Antikörperbestimmungen enthalten.
Abb. 8 Keine Pausen und Stress werden als häufigster Grund genannt, weshalb es zu der Verletzung mit dem benutzten Instrument kam.
Ärztin oder Arzt werden alle erforderlichen diagnostischen Maßnahmen durchführen, um sofort nach einer Nadelstichverletzung eine bereits bestehende Infektion auszuschließen und vorbeugende medikamentöse Behandlungen frühzeitig einzuleiten (Quelle: Konsenspapier zur Nachsorge von Stich- und Schnittverletzungen mit infektiösem Material. J. Stranzinger et al 2017). Die Blutuntersuchungen müssen in festgelegten Abständen wiederholt werden, um sicherzustellen, dass sich die Betroffenen nicht durch die Nadelstichverletzung infiziert haben. Hat sich tatsächlich jemand eine Infektion zugezogen, so sollte dies möglichst frühzeitig erkannt werden. Ärztin oder Arzt informieren die Betroffenen entsprechend und bestellen sie zu Kontrolluntersuchungen ein.
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Hinweis |
Nadelstichverletzungen im Berufsalltag müssen nach der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) im Betrieb anonymisiert und ausgewertet werden. Dabei hilft der Online-Analysebogen der BGW zu Arbeitsunfällen mit Blutkontakt https://www.bgw-online.de/blutkontakt |
Die Ergebnisse mehrerer Studien zeigen: Es empfiehlt sich, Sofortmaßnahmen auf kleinen Informationskarten, sogenannten Memocards, an das Personal auszugeben. Werden sie zum Beispiel in der Kitteltasche aufgehoben, sind diese hilfreichen Ablaufschemata schnell zu Hand.
Übrigens: Informationen, in welchem Umfang die Kosten für diagnostische Maßnahmen und Maßnahmen der Postexpositionsprophylaxe (PEP) erstattet werden, sind bei der jeweils zuständigen Unfallversicherung erhältlich.
Weitere Informationen zur Akut- und Nachsorge finden Sie hier:
www.bgw-online.de/nsv-nachsorge