In Einrichtungen des Gesundheitsdienstes werden Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt, deren Umfang und Intensität sich nach der bestehenden Infektionsgefahr richten.
Dabei greifen die Beschäftigten regelmäßig auf den Einsatz chemischer Desinfektionsmittel zurück, um die notwendige Reduzierung der Infektionslast zu erreichen. Dies bringt andere Gefährdungen mit sich, die von den schädigenden Eigenschaften der Desinfektionsmittelinhaltsstoffe ausgehen und bei den diversen Desinfektionsverfahren auf die Beschäftigten und zum Teil auch auf Dritte einwirken können.
Daher ist jede Unternehmensleitung verpflichtet, vor dem Einsatz chemischer Stoffe oder Produkte eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, um die Expositionen am betroffenen Arbeitsplatz zu ermitteln, die daraus resultierenden Gefährdungen der Beschäftigten zu beurteilen und die notwendigen Schutzmaßnahmen festzulegen.
Für diese Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln bestehen umfangreiche Vorschriften, die weitgehend auf europäischer Ebene (z. B. Biozid-, CLP- oder Medizinprodukte-Verordnung) reguliert und in nationalen Gesetzen, Verordnungen und weiteren Regeln spezifiziert sind. Die aktuellen rechtlichen Vorgaben zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst beziehen sich in Deutschland unter anderem auf das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das Chemikaliengesetz (ChemG), das Arzneimittelgesetz (AMG), die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) und insbesondere die TRGS 525 "Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung".
Die DGUV Information 207-206 richtet sich an Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Hierzu zählen Unternehmen der humanmedizinischen Versorgung und Apotheken, deren Beschäftigte bestimmungsgemäß
- Menschen stationär oder ambulant medizinisch/zahnmedizinisch untersuchen, behandeln oder pflegen,
- Körpergewebe, -flüssigkeiten und -ausscheidungen von Menschen gewinnen, untersuchen und entsorgen,
- Hauskrankenpflege durchführen,
- Rettungs- und Krankentransporte ausführen.
Einrichtungen der Veterinärmedizin können die in dieser DGUV Information enthaltenen Ausführungen als Orientierung heranziehen, sofern die Tätigkeiten vergleichbar sind. Die TRGS 525 umfasst auch die Veterinärmedizin.
Wird bei der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass in Arbeitsbereichen außerhalb des Gesundheitsdienstes, insbesondere in Betrieben der Wohlfahrtspflege, vergleichbare Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln durchgeführt werden, können die hier beschriebenen Regelungen analoge Anwendung finden.
Einzelne derartige Tätigkeiten sind z. B.:
- Händedesinfektion in Kinder- und Jugendeinrichtungen
- Händedesinfektion in Einrichtungen zur Rehabilitation und in Heimen wie z. B. Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und Wohnheime für Menschen mit Behinderungen
- Desinfektion kleiner Flächen in Kindertagesstätten oder WfbM, wie z. B. Schnelldesinfektion von Wickelunterlagen
- Desinfektion von Flächen bei der Pflege und Betreuung von Menschen in WfbM und Betreuungseinrichtungen/Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen
- Desinfektion von Wäsche in Wäschereien in WfbM
- Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln in biologischen Laboratorien
Die DGUV Information 207-206
- enthält relevante Hinweise und Empfehlungen, die die Umsetzung von gefahrstoffbezogenen Regelungen wie Technischen Regeln für Gefahrstoffe in der Praxis erleichtern soll,
- weist hin auf die gesetzlichen Verpflichtungen, die sich aus Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln am Arbeitsplatz ergeben,
- informiert über die Desinfektionsmittel, die im Gesundheitsdienst zum Einsatz kommen, und über die möglichen Gesundheitsgefahren, die von ihnen ausgehen,
- unterstützt bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Dies umfasst auch die Darstellung geeigneter Schutzmaßnahmen, die sich in der Praxis bereits bewährt haben.
- Sie entbindet aber nicht von ergänzenden, eigenen arbeitsplatzbezogenen Ermittlungen und Gefährdungsbeurteilungen.
Die DGUV Information 207-206 richtet sich an
- Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes (z. B. Krankenhausleitungen, Praxisbetreiber und Praxisbetreiberinnen etc.) und Führungskräfte, die für die Umsetzung der rechtlichen Anforderungen in Bezug auf Desinfektionsmittel (z. B. Auswahl sicherer Desinfektionsmittel) verantwortlich sind,
- Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte und Betriebsärztinnen,
- Sicherheitsbeauftragte,
- betriebliche Interessenvertretungen,
- Beschäftigte, zu deren Arbeitsalltag die Tätigkeit mit Desinfektionsmitteln gehört, und
- Hygienefachpersonal.
Die DGUV Information 207-206 gibt Hilfestellung beim Erkennen von Gefährdungen und bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen in Zusammenhang mit chemischen bzw. chemothermischen Desinfektionsverfahren. Diese Information beschäftigt sich nicht mit Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe wie Infektionsgefährdungen aufgrund pathogener Mikroorganismen sowie durch physikalische Faktoren wie H...