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Vorbemerkung
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Hinweis:
Zahlen in eckigen Klammern ([1] etc.) verweisen auf Erläuterungen ("Erwägungsgründe") im Anhang.
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Diese DGUV Information erläutert die Möglichkeiten der Bestimmung der individuellen Schutzwirkung bei der Benutzung von Gehörschutz.
Die Schrift richtet sich hauptsächlich an die Verantwortlichen für die Gehörschutzauswahl und Überwachung in den Unternehmen. Hersteller von Messsystemen zur Bestimmung der individuellen Schutzwirkung können aber auch Hinweise zum Einsatz etc. aus der Schrift entnehmen.
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Impressum Herausgegeben von: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) Glinkastraße 40 10117 Berlin Telefon: 030 13001-0 (Zentrale) Fax: 030 13001-9876 E-Mail: info@dguv.de Internet: www.dguv.de Sachgebiet Gehörschutz des Fachbereichs Persönliche Schutzausrüstungen der DGUV Ausgabe: Juli 2019 DGUV Information 212-003 zu beziehen bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen |
1 Baumusterprüfung und Praxisschalldämmung
Die Schalldämmung von Gehörschützern wird bei der Baumusterprüfung mit erfahrenen Versuchspersonen ermittelt, die den Gehörschutz unter Aufsicht des Versuchsleiters bzw. der Versuchsleiterin einsetzen (Verfahren nach DIN EN ISO 4869-1:2019). Dadurch erhält man Schalldämmwerte, die unter optimalen Bedingungen erreicht werden. Diese Werte sind nach DIN EN 352 in der Benutzerinformation anzugeben und werden für die Auswahl eines geeigneten Gehörschützers verwendet.
Gemessen werden Oktavbandwerte. Aus diesen errechnet man die H, M und L-Werte und den SNR-Wert als Einzahlkennwert.
Andererseits ist aus verschiedenen internationalen Studien bekannt, dass die im Praxiseinsatz erreichte Schalldämmung typischerweise deutlich von den Werten der Baumusterprüfung abweicht. Speziell für hochschalldämmende Schaumstoffstöpsel oder Gehörschutz-Otoplastiken mit einer Leckage können die Effekte signifikant sein. [1]
2 Kenngrößen der individuellen Schutzwirkung von Gehörschutz
Messsysteme, die Schalldämmwerte ermitteln, geben häufig einen Einzahlkennwert aus. Je nach Hersteller und System tragen diese Größen unterschiedliche Bezeichnungen (z. B. PAR, pSNR, PSNA). Die Berechnung dieser Größen basiert meist auf dem SNR-Wert, d.h. der individuelle Wert muss vom C-bewerteten Schalldruckpegel am Arbeitsplatz subtrahiert werden, um den A-bewerteten Restpegel zu erhalten.
Es gibt aber auch Systeme, deren Einzahlkennwerte direkt vom A-bewerteten Schalldruckpegel am Arbeitsplatz abgezogen werden können. Dies ist bei der Anwendung der individuellen Ergebnisse zu beachten und ggf. beim Hersteller zu erfragen.
3 Pegelbereiche am Arbeitsplatz
Folgende Fallunterscheidung ist sinnvoll, siehe auch Tabelle 1:
- Niedrige Pegel (LEX,8h < 85 dB(A)):
- Hier ist niedrig schalldämmender Gehörschutz besonders sorgfältig auszuwählen, um Überprotektion zu vermeiden und den notwendigen Schutz zu gewährleisten.
Mittlere Pegel
(85 dB(A) ≤ LEX,8h < 95 dB(A)): Firmen wählen Gehörschutz häufig nicht pegelspezifisch aus, weil das Hörschadensrisiko nicht erkannt wird. Leckagen können dazu führen, dass der maximal zulässige Expositionswert von L’EX,8h = 85 dB(A) am Ohr des Gehörschutzträgers nicht eingehalten wird. Leckagen verringern insbesondere die Dämmung bei tiefen Frequenzen und damit die Signalhörbarkeit. Die Zusatzkennzeichnungen aus der IFA-Positivliste (W, X, S, V und E1/2/3) gehen verloren.
Achtung: Auch an Arbeitsplätzen mit Schallpegeln nur geringfügig über LEX,8h = 85 dB(A) werden häufig Schwerhörigkeiten festgestellt. [2]
Hohe Pegel (LEX,8h ≥ 95 dB(A)):
Es werden hochschalldämmende Gehörschützer ausgewählt und benötigt. Leckagen haben eine starke Verringerung der Schutzwirkung zur Folge.
Extrem hohe Pegel (LEX,8h ≥ 110 dB(A)):
Die Gehörschutzauswahl ist ähnlich wie bei hohen Pegeln. Zusätzlich sind spezielle Schutzmaßnahmen wie dokumentierte Unterweisungen mit Übungen mehrmals im Jahr zwingend vorgeschrieben (TRLV Lärm, Teil 3, Abschnitt 6.3.3). Für diesen Pegelbereich ist die Bestimmung der individuellen Schutzwirkung dringend zu empfehlen (TRLV Lärm, Teil 3, Abschnitt 6.5).
Tabelle 1:
Notwendigkeit der Bestimmung der individuellen Schutzwirkung für einzelne Pegelbereiche
Pegelbereich |
Risiko der Lärmschwerhörigkeit |
Akzeptanz der Gehörschutz- Benutzung |
Bestimmung der individuellen Schutzwirkung |
< 85 dB(A) |
gering |
niedrig |
zu empfehlen |
85 - 94 dB(A) |
mittel |
mäßig |
wichtig |
95 - 109 dB(A) |
erhöht |
meist gut |
sehr wichtig |
≥ 110 |
hoch |
gut |
besonders wichtig, verkürzte Zeitabstände |
Die Funktionskontrolle für Gehörschutz-Otoplastiken ist unabhängig vom Tages-Lärmexpositionspegel (Pegelbereich) verpflichtend vorgeschrieben.
4 Möglichkeiten der Berücksichtigung der individuellen Schutzwirkung [3]
Mit der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, LärmVibrationsArbSchV (2007), wurde eine neue Größe eingeführt: der maximal zulässige Expositionswert (MZE), der auch die dämmende Wirkung des Gehörschutzes mitberücksichtigt. Die Werte sind zahlenmäßig identisch mit den oberen Auslösewerten: 85 dB(A) für den Tages-Lärmexpositionspegel und 137 dB(C) für den Spitzenschalldruckpegel (§ 8 (2)). Die...