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Derzeit finden vorwiegend die volatilen Anästhetika Isofluran, Sevofluran und Desfluran Anwendung in der klinischen Praxis. Eine Exposition der Beschäftigten ist bei Verwendung in Operations-, Eingriffs- und Aufwachräumen oder bei Langzeitsedierungen auf der Intensivstation zu berücksichtigen. Die kombinierte Anwendung von Flurananästhetika und Distickstoffmonoxid (Lachgas) ist dagegen selten geworden. Während Distickstoffmonoxid bei operativen Eingriffen praktisch keine Bedeutung mehr hat, werden Systeme zur Lachgassedierung in Zahnarztpraxen mit zunehmender Häufigkeit eingesetzt. Die Verfahren zu klinischen und zahnmedizinischen Sedierungen unterscheiden sich dabei jedoch wesentlich. Xenon wird aus wirtschaftlichen Gründen nur vereinzelt eingesetzt.
Abb. 9
Anästhesiearbeitsplatz
14.1 Gefährdung
Die Inhalationsanästhetika Desfluran, Isofluran und Sevofluran sowie Lachgas können bei erhöhter Konzentration in der Raumluft Kopfschmerzen, frühzeitige Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsstörungen hervorrufen. Bei hoher Exposition (in therapeutischen Dosen) ist eine Reizung der Atemwege durch Desfluran und Isofluran möglich. Bei wiederholter Einwirkung von Lachgas können zusätzlich hämatotoxische und neurologische Störungen auftreten. Beim Menschen ist eine fruchtschädigende Wirkung durch Einwirkung von Lachgas bei Einhaltung des AGWs auszuschließen (Bemerkung Y gemäß TRGS 900). Desfluran, Isofluran und Sevofluran können vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen (Repr. Tox. Kat. 2 gemäß CLP-Verordnung). Lediglich für Lachgas existiert ein deutscher AGW. Für Desfluran, Isofluran und Sevofluran können zur Orientierung Grenzwerte aus anderen Ländern herangezogen werden (s. GESTIS Datenbank der DGUV, Internationale Grenzwerte für chemische Substanzen, www.dguv.de, Webcode: e786829). Unabhängig von Grenzwerten besteht für alle Inhalationsanästhetika ein inhalatives Gefährdungspotenzial und somit die Pflicht, die Exposition zu minimieren. Des Weiteren sind die physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften der Inhalationsanästhetika gemäß der Sicherheitsdatenblätter der Herstellerfirmen zu berücksichtigen. Lachgas ist brandfördernd. Desfluran, Isofluran und Sevofluran sind unter atmosphärischen Bedingungen nicht entflammbar und bilden mit Luft keine explosionsfähigen Dampf-Luft-Gemische. Unter den Rahmenbedingungen der medizinischen Anwendung, das heißt bei erhöhtem Sauerstoff- und/oder Lachgas-Anteil, können diese volatilen Anästhetika dagegen durchaus ein explosionsfähiges Gemisch im Atemkreislauf ausbilden. In der Raumluft von OP-und Aufwachräumen ist dies normalerweise nicht zu erwarten. Die Explosionsgefahren der eingesetzten Narkosegase und ihrer Mischungen sind gemäß TRGS 525 zu berücksichtigen: Während in den Geräten explosionsfähige Gemische mit reinem Sauerstoff und/oder Lachgas entstehen können, ist dieses in der Raumluft von OP-Räumen bei bestimmungsgemäßem Einsatz nicht zu erwarten.
14.2 Schutzmaßnahmen
Die Schutzmaßnahmen detailliert die TRGS 525. Werden die dort genannten technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen an Anästhesiearbeitsplätzen umgesetzt, ist von einer Einhaltung der Grenzwerte auszugehen. Weitere Angaben enthält die Schrift "Sicheres Arbeiten mit Anästhesiegasen".
Nachfolgend sind Schutzmaßnahmen wie auch Informationspflichten (Betriebsanweisung, Expositionsverzeichnis), arbeitsmedizinische Vorsorge und Mutterschutz für Tätigkeiten in der Allgemeinanästhesie zusammengefasst. Sie sind als Vorschläge zu verstehen, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung den betrieblichen Belangen angepasst werden müssen.
Substitution
Für die Allgemeinanästhesie steht in vielen Fällen als Alternative zur Inhalationsanästhesie die totalintravenöse Anästhesie (TIVA) zur Verfügung. Bei der TIVA werden Schlafmittel, Schmerzmittel und Muskelerschlaffungsmittel direkt über die Vene zugeführt. Der Patient oder die Patientin werden nur noch mit einem Luft-Sauerstoff-Gemisch beatmet. Die Beschäftigten sind demzufolge keinen Inhalationsanästhetika ausgesetzt.
Technische Schutzmaßnahmen
- In Operationsräumen, Ein- und Ausleiträumen und Aufwachräumen, in denen regelmäßig mit Inhalationsanästhetika umgegangen wird, geeignete lüftungstechnische Maßnahmen ergreifen. Dies kann bei Neubauten eine raumlufttechnische Anlage gemäß DIN 1946, Teil 4 sein. Bei bestehenden Gebäuden soll als Einheitswert für Aufwachräume ein Frischluftstrom von mindestens 150 m³ pro Stunde pro Patientenbett erreicht werden. In OP-Räumen in bestehenden Gebäuden sollte die RLT-Anlage einen vergleichbar mit dem in der DIN 1946, Teil 4 geforderten Frischluftvolumenstrom liefern. Dies gilt auch für Räume, in denen Langzeitsedierungen unter Verwendung eines Anaesthetic Conserving Device (ACD) durchgeführt werden (s. auch Empfehlung der DGKH "Krankenhaushygienische Leitlinien für die Ausführung und den Betrieb von raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) in Krankenhäusern").
- Überschüssige Inhalationsanästhetika über eine Narkosegasabsaugung vollständig a...