Bei einem einzelnen Wahrnehmungsvorgang nehmen wir immer nur einen kleinen Ausschnitt aus einem ganzen Bild, einen Einzelton aus einer Klangfolge oder einen Buchstaben aus einer Braillezeile (Computer-Ausgabegerät für Menschen mit Sehbehinderung, das Zeichen in Brailleschrift darstellt) wahr. Die einzelnen Sinneseindrücke müssen daher in einem zeitlichen und räumlichen Prozess organisiert werden, um den Zusammenhang zu erkennen.

Bedeutende Organisationsprinzipien zur Informationsdarstellung, die unsere Wahrnehmung unterstützen, sind:

 

a.

Unterscheidung von Figur und Hintergrund

 

b.

Gliederung in Bereiche

 

c.

Prinzipien der Gruppierung - Gestaltgesetze

 

d.

visuelle Bewegungswahrnehmung

a. Unterscheidung von Figur und Hintergrund

Eine Interpretation von Gesamtbildern wird erleichtert, wenn sie leicht in ihre elementaren Bestandteile "Figur" und "Hintergrund" zerlegt werden können. Der Hinter- bzw. Untergrund ist der Bestandteil, von dem sich eine Figur abheben kann (z. B. dunkler Text auf hellem Papier). Die Einteilung von Figur und Hintergrund entsteht durch die Reizverarbeitung im Gehirn, bei der Wahrnehmungstäuschungen und Erfahrungswissen eine Rolle spielen (vgl. das weiße Dreieck in der Abbildung 9).

Abb. 9

Prinzip der Figur-Hintergrund-Gliederung

Die Unterscheidbarkeit informationsrelevanter Signale vor einem Hintergrund unwichtiger Informationen kann durch qualitative Veränderungen oder Mehrfachkodierung verbessert werden. Dies verringert die Anstrengung beim Filtern der Signale. Hilfreich sind Veränderung der Intensität und eine unterschiedliche Kodierung von Signalen durch Form, Farbe, Dauer oder Zeitcharakteristiken, eine reduzierte Intensität des Hintergrundes (Rauschen) und ein Maskieren und Filtern mithilfe technischer Systeme (siehe auch DIN EN ISO 10075-2).

b. Gliederung in Bereiche

Die Strukturierung des Bildschirms durch eine konsistente (gleichbleibende) Gliederung erleichtert die Wahrnehmung als vollständiges Bild mit allen seinen Einzelteilen und dadurch auch die Orientierung auf dem Bildschirm. Gliederungen durch abrupte Veränderungen von Textur oder Wechseln in der Farbqualität (Ton, Sättigung oder Helligkeit) markieren "Grenzen" zwischen Bereichen.

Diese Grenzen werden vom Sinnessystem wahrgenommen und im Gehirn als solche weiterverarbeitet, sodass der Mensch sowohl ein Bild als Ganzes erkennen als auch darin enthaltene einzelne Bereiche voneinander trennen kann. Weitere Möglichkeiten zur Gliederung oder zur Abgrenzung von Bereichen auf dem Bildschirm zeigt Kapitel 8 "Informationsgestaltung".

c. Prinzipien der Gruppierung - Gestaltgesetze

Das visuelle, auditive und haptische System des Menschen folgt Prinzipien der Gruppierung, auch als Gestaltgesetze beschrieben. Werden einzelne Reize für Auge, Ohr oder Haut nur als einzelne Teile betrachtet, dann werden sie selten korrekt wahrgenommen und verarbeitet. Verschiedene Arten der Anordnung von einzelnen Teilen beeinflussen die Wahrnehmung der Gesamtstruktur. Von den Gestaltgesetzen werden die Gesetze der Nähe, der Ähnlichkeit und der Geschlossenheit im Kapitel 8 "Informationsgestaltung" anhand von Beispielen illustriert.

d. Visuelle Bewegungswahrnehmung

Die Wahrnehmung von Bewegungen oder Veränderungen von Informationen beinhaltet im Vergleich zu statischen Bildern zusätzliche wichtige Informationen und Impulse.

  • Bewegungen erregen unsere Aufmerksamkeit: Eine Bewegung im Gesichtsfeld löst eine sofortige Augenbewegung zur Kontrolle aus. Dadurch wird das sich bewegende Objekt in der Fovea centralis (Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut) fokussiert und kann dann erkannt werden.
  • Die Bewegungen eines Objektes relativ zu einer Beobachterin bzw. einem Beobachter vermitteln Hinweise zur räumlichen Tiefe und dreidimensionalen Gestalt von Objekten.
  • Bewegungen vermitteln Informationen, durch die sich Figur und Untergrund unterscheiden lassen. Ein sich bewegendes Objekt wird meist als Figur vor einem unbewegten Untergrund wahrgenommen.
  • Durch Bewegungen kann die Benutzerin bzw. der Benutzer zudem aktiv mit der Software interagieren. So kann anhand der Bewegungen des Mauszeigers auf dem Bildschirm bewertet werden, welche Bewegungen mit der Hand an der Maus erforderlich sind, um das Ziel zu erreichen.

Die Bewegungswahrnehmung dient dem Erkennen von Veränderungen und einer räumlichen und zeitlichen Orientierung beim Schreiben eines Textes oder beim Platzieren einzelner Objekte auf dem Bildschirm. Mithilfe von Bewegung können andauernde Prozesse gekennzeichnet werden (z. B. Fortschrittsbalken). Da blinkende, erscheinende oder sich bewegende Animationen von der eigentlichen Aufgabenbearbeitung ablenken, sollten diese nur eingesetzt werden, wenn die Aufgabe unterbrochen werden kann oder die Animationen für die Bearbeitung der Aufgaben unabdingbar erforderlich sind (z. B. Fehlermeldung).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Arbeitsschutz Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?