[Vorspann]
Vorbemerkungen
Die Untersuchungsanlässe für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen werden durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vorgegeben (siehe hierzu auch BGI/GUV-I 504-23a-f).
Darüber hinaus sind atemwegsreizende Stoffe (chemisch-irritativ und/oder chemisch-toxisch) bekannt, die obstruktive Atemwegserkrankungen verursachen können. Hierzu gibt diese Handlungsanleitung Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung und die Auswahl des betreffenden Personenkreises für die arbeitsmedizinische Vorsorge.
1 Rechtsvorschriften
Bei Beschäftigten, die atemwegsreizenden Arbeitsstoffen in erhöhtem Maße ausgesetzt sind, können Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge angezeigt sein. Betroffen sind hiervon insbesondere Beschäftigte, die Tätigkeiten mit Stoffen und Zubereitungen ausführen, die mit den R-Sätzen R 34 "verursacht Verätzungen", R 35 "verursacht schwere Verätzungen" und R 37 "reizt die Atmungsorgane" gekennzeichnet sind. Die Verwendung solcher Stoffe und Zubereitungen am Arbeitsplatz ist weit verbreitet. Abschnitt 4 enthält eine nicht abschließende Auflistung.
2 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die Maßnahmen umfassen eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung im Rahmen der mündlichen Unterweisung (GefStoffV). Tätigkeiten oder Stoffe, die im Anhang Teil 1 der ArbMedVV aufgelistet sind, erfordern ggf. eine arbeitsmedizinische Angebots- oder Pflichtuntersuchung.
Diese sind von einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin" oder Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" entsprechend dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 23 "Obstruktive Atemwegserkrankungen" durchzuführen.
3 Anlässe für die arbeitsmedizinische Vorsorge
3.1 Grenzwerte
Die Feststellung einer erhöhten Gefährdung stützt sich nicht allein auf die Einhaltung vorhandener Luftgrenzwerte. In der TRGS 900 finden sich für die nach der Gefahrstoffverordnung mit R 34, R 35 oder R 37 gekennzeichneten Stoffe zahlreiche Grenzwerte, die aber häufig nicht auf die Wirkung an den Atemwegen bezogen sind. Begründet ist dies darin, dass die Definition dieser R-Sätze sich entweder überhaupt nicht auf die Atemwege (R 34 und R 35 beziehen sich auf Verätzungen an der Haut) oder nur auf die oberen Atemwege bezieht.
In den Anmerkungen zur Verwendung von R 37 wird ausgeführt, dass "die Befunde, die normalerweise zu einer Einstufung mit R 37 führen, reversibel sind und sich in der Regel auf die oberen Atemwege beschränken". Demzufolge ist nicht für alle diese Stoffe eine Wirkung an den Bronchien im Sinne der Verursachung obstruktiver Atemwegserkrankungen belegt. Stoffe, die nach arbeitsmedizinischer Erfahrung für solche Erkrankungen Bedeutung haben, sind u.a. Chlor, nitrose Gase, bestimmte Metalloxidrauche sowie Aerosole von Säuren und Laugen. Arbeitsmedizinisch relevant ist auch die Auslösung von Atemwegsbeschwerden, insbesondere bei bestehender Überempfindlichkeit der Atemwege durch nicht eingestufte Stoffe oder Stoffgemische, wie z. B. Lösungsmittel. Diese Effekte sind in der Regel bei den Grenzwertfestlegungen nicht berücksichtigt. Deshalb kommt den Grenzwerten für die Auswahl des zu untersuchenden Personenkreises nicht alleinige Bedeutung zu. Basierend auf arbeitsmedizinischen Erfahrungen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen sind unter Ziffer 4 Tätigkeiten und Verfahren aufgeführt, die besonders mit der Exposition gegenüber atemwegsreizenden Stoffen verbunden sind.
Bei Stoffgemischen kann trotz Einhaltung von Grenzwerten für Einzelstoffe eine atemwegsreizende Wirkung nicht ausgeschlossen werden.
3.2 Aufnahmewege
Atemwegsreizende Stoffe werden über die Atemwege aufgenommen.
4 Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten
Die im Folgenden aufgelisteten Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten sind keine verbindliche und abschließende Auswahl von Arbeitsbereichen im Hinblick auf die Notwendigkeit arbeitsmedizinischer Vorsorge. Vielmehr wird mit der dortigen beispielhaften Aufzählung eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung gegeben, bei welchen Arbeitsverfahren/-bereichen oder Tätigkeiten eine Gefährdung aufgrund des Expositionsniveaus gegeben sein kann. Die Entscheidung, ob und ggf. welche Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge durchzuführen sind, kann nur in Abhängigkeit von der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung vor Ort und somit bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.
Eine Exposition gegenüber atemwegsreizenden Gasen und/oder Aerosolen kann insbesondere bei unzureichender Lüftung/Luftzuführung bzw. Absaugung gegeben sein. Dies kann auch bei kurzzeitigen Kontrollgängen und Aufsichtstätigkeiten zutreffen.
In den folgenden Anhängen sind beispielhaft Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten höherer Exposition/mit Exposition aufgeführt. Diese beispielhafte Aufzählung soll dem Unternehmer als Orientierungshilfe dienen, in welchen Arbeitsbereichen mit einer Atemwegsgefährdung zu rechnen ist.
Anhänge:
Anhang 1 Behandeln von Oberflächen
Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten |
Einwirkungen/Stoffklasse |
atemwegsreizende Stoffe/Komponenten |
Beschichten (insbesondere bei Spritzverfahren, Korrosionsschutzarbeiten und/oder Arbeiten in engen schlecht belüfteten Räumen) |
1 |
Lacke/Farben bzw. Anstrich-/Beschichtungsmit... |