Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
Anhang 1.8 begründet die spezielle Pflicht, Verkehrswege so einzurichten und zu gestalten, dass Unfallgefahren aufgrund des innerbetrieblichen Personen- und Güterverkehrs vermieden werden. Verkehrswege sind ausreichend zu bemessen und anzulegen. Die dafür erforderlichen baulichen, sicherheitstechnischen und organisatorischen Maßnahmen sind bereits bei Planung und Gestaltung sowie bei der baulichen Ausführung zu beachten. Insbesondere soll das Stolpern, (Ab-)Stürzen, Ausrutschen, Anstoßen an in den Weg hineinragende Gegenstände, Zusammenstoßen, Anfahren oder Einquetschen von Verkehrsteilnehmern unterbunden werden.
Durch die Formulierung in Anhang 1.8 Abs. 1, dass Beschäftigte (auch) in der Nähe von Verkehrswegen nicht gefährdet werden dürfen, wird der Schutzzweck der Norm auf die nähere Umgebung von Verkehrswegen und damit auf Arbeitsplätze unmittelbar neben oder über den Verkehrswegen sowie auf weitere nahe, aber nicht zwingend direkt angrenzende Arbeitsplätze ausgedehnt. Die Anforderungen beziehen sich auf alle Verkehrswege, die gemäß § 2 Abs. 1 und 2 zur Arbeitsstätte gehören. Erfasst sind alle Wege, die dem Personen- und/oder Güterverkehr dienen, unabhängig von Häufigkeit und Umfang des Verkehrs. Ausdrücklich einbezogen sind unter den Begriff des Verkehrswegs u. a. Treppen, Fahrsteige, fest angebrachte Steigleitern und Laderampen, für die zum Teil zusätzliche Bestimmungen in den Anhängen 1.9 bis 1.11 zu beachten sind.
Im Dezember 2012 wurde die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.8 "Verkehrswege" zur Konkretisierung der Anhänge 1.8 bis 1.11 in Kraft gesetzt. In einer Neufassung im März 2022 wurden vor allem Regelungen für Baustellen ergänzt und – mit Übergangsbestimmungen – die Mindestbreite bei Wegen für den Fußgängerverkehr teilweise leicht erhöht.
In der ASR A1.8 werden Regelungen erstens für das Einrichten und zweitens für das Betreiben von Verkehrswegen getroffen. Hinsichtlich des Einrichtens gilt der Grundsatz, dass Verkehrswege übersichtlich zu führen sind und möglichst gradlinig verlaufen sollen. Sie müssen auf einem Geschossniveau grundsätzlich waagerecht verlaufen (Abschn. 4.1 Abs. 2 ASR A1.8). Unvermeidliche Höhenunterschiede sind vorzugsweise durch Schrägrampen auszugleichen. Laut Tab. 1 in Abschn. 4.1 ASR A1.8 sind bei Schrägrampen auf Fluchtwegen und für manuell zu bewegende Transportmittel maximal 6 % Neigung zulässig. Ansonsten sind im Regelfall 8 % erlaubt. Weitere Regelungen, die v. a. das Stolpern und Wegrutschen auf Verkehrswegen betreffen (Oberflächenbeschaffenheit, bündiges Einpassen von Einbauten) finden sich in Abschn. 4.1 Abs. 5 ASR A1.8. Zur Übersichtlichkeit von Kreuzungen und Einmündungen ist Abschn. 4.1 Abs. 7 ASR A1.8 zu beachten.
Anhang 1.8 Abs. 2 gibt allgemein vor, dass Verkehrswege, die dem Personen- und/oder Güterverkehr dienen, nach der Anzahl der möglichen Benutzer unter Beachtung von Stoßzeiten und der Art des Betriebes zu bemessen sind. In der ASR A1.8 gibt es detaillierte Anweisungen, wie die Breite und Höhe von Verkehrswegen je nach Nutzung zu bestimmen ist (Abschn. 4.2 und 4.3 ASR A1.8).
Abschn. 4.2 ASR A1.8 betrifft Verkehrswege für den Fußgängerverkehr. Hier hat es im März 2022 Änderungen gegeben. Sowohl der Abschn. 4.2 Abs. 1-6 zur lichten Mindestbreite als auch der Abschn. 4.2 Abs. 7 zur lichten Höhe sind deutlich überarbeitet worden. Allerdings hat sich an den Vorschriften zur lichten Höhe bei Verkehrswegen für Fußgänger substanziell nichts geändert. Das Ziel sind 2,10 m. War dieser Wert bis zum März 2022 durch eine "Muss"-Bestimmung für Neubauten bestimmt, gilt er seitdem als "Soll"-Bestimmung für neue und alte Arbeitsstätten. 2,00 m dürfen grundsätzlich nicht unterschritten werden. An Durchgängen und Türen beträgt das Minimum 1,95 m, bei Gängen zur Instandhaltung 1,90 m (minus 0,10 m an Türen).
Begrenzte Änderungen gibt es seit März 2022 bei der Mindestbreite von Wegen für den Fußgängerverkehr nach Abschn. 4.2 Tab. 2 ASR A1.8. Eine völlig neugestaltete Tabelle 2 unterscheidet jetzt die allgemeine lichte Mindestbreite und die lichte Mindestbreite von Durchgängen und Türen. Zuvor war generell ein Abschlag von 0,15 m an Türen erlaubt. Außerdem ist die Zahl der nutzenden Personen weiter ausdifferenziert worden. Im Ergebnis hat dies in nur drei Fällen zu leicht erhöhten Mindestwerten geführt. So ist der niedrigste Wert für die Nutzung von bis zu 5 Personen jetzt 0,90 m statt bisher 0,875 m. Bei Nutzung von bis zu 20 Personen sind nunmehr auch an Türen 0,90 m statt zuvor 0,85 m einzuhalten. Instandhaltungsgänge, für die zuvor das Mindestmaß 0,50 m galt, haben nunmehr die Breite von 0,60 m aufzuweisen. Für alle drei Fälle ist eine Übergangsregelung für Gebäude getroffen worden, die bis zum 30.9.2022 errichtet worden sind (Abschn. 4.2 Abs. 3-5 ASR A1.8).
Stufen in Verkehrswegen
Nach Abschn. 4.2 Abs. 8 ASR A1.8 dürfen Verkehrswege nicht durch einzelne Stufen unterbrochen werden. Können Höhenunterschiede nicht durch eine Schrägrampe ausgeglichen werden, ist e...