Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Stress ist neben der körperlichen Belastung durch langes Sitzen das hauptsächliche Gesundheitsrisiko von beruflichen Vielfahrern, das gleichzeitig auch die Unfallgefahr deutlich erhöht. Wer entspannt reist, schont Leben und Gesundheit von sich und anderen. Ob das einem Fahrer gelingt oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, die nicht alle durch den Betrieb zu beeinflussen sind. Positive Impulse für mehr Gesundheitsschutz und Sicherheit unterwegs können sein:
- eine Unternehmenskultur, in der deutlich wird, dass rücksichtsloses "Ranklotzen" rund um die Uhr nicht das ausschlaggebende Maß für Anerkennung im Betrieb ist.
- Informationen und Anregungen, die es den Betroffenen ermöglichen, eigene Einstellungen und Verhaltensweisen zu erkennen, zu bewerten und ggf. zu verändern, um Gesundheitsbelastungen zu vermindern. Dafür bieten sich neben den jährlichen Unterweisungen besonders Schwerpunktaktionen bei Gesundheitstagen oder im Rahmen von Gesundheitsmanagementprozessen an.
In diesem Sinne verstehen sich die folgenden Anregungen.
Stress vermeiden und Ruhe bewahren
Das ist eine Sache der Terminplanung, mehr aber noch der inneren Einstellung. Der Betrieb, namentlich die direkten Vorgesetzten sind gehalten Bedingungen zu schaffen, die eine geregelte und realistische Terminplanung zulassen, soweit das im Vorhinein möglich ist. Wesentlich ist darüber hinaus, wie mit Abweichungen und Verspätungen umgegangen wird, ob es z. B. geregelte Kommunikationsstrukturen gibt, mit denen Kunden, Vorgesetzte oder Kollegen kontaktiert werden können, wenn ein Zeitplan nicht zu halten ist.
Pausen/Ausgleich körperlicher Belastungen
Die allgemeinen, physiologisch basierten Empfehlungen zum Ablauf längerer Autofahrten gehen davon aus, dass nach längstens 2 Std. eine Pause einzulegen ist, die möglichst reichlich Bewegung/Ausgleichsübungen beinhalten sollte. Die wenigsten Vielfahrer berücksichtigen in der Praxis solche Grundsätze, sondern gestalten ihren Fahrtablauf nach dem momentanen Empfinden oder – im schlechteren Fall – nach dem äußeren Terminplan. Anregungen zu Verhaltensprävention könnte hier ein Auto-Fitness-Kurzprogramm mit Übungen geben, das im Rahmen eines Gesundheitstages interessierten Beschäftigten angeboten und praktisch ausprobiert werden kann.
Ernährung/Medikamente
Ebenso bekannt und immer wieder propagiert sind die Ernährungstipps für Autofahrer. Sie empfehlen leichte und gesunde (Zwischen-)Mahlzeiten, besonders Obst, Vollkornbrot, Milchprodukte usw. Wer nicht auf die Angebote von Tankstellen und Raststätten beschränkt bleiben will, tut gut daran, eine kleine Kühltasche oder -box im Auto unterzubringen: Hier bleibt der Proviant genießbar, selbst wenn das Auto mal einige Stunden in der Sonne steht.
Problematisch ist die Einschätzung der möglichen Nebenwirkungen von Medikamenten. Eine Vielzahl von Medikamenten, die häufig auch von Personen eingenommen werden, die dabei weiter ihrer Arbeit nachgehen, können die Fahrtüchtigkeit einschränken, z. B. Schmerz- und Schlafmittel, Hustenblocker, Grippe- und Erkältungsmittel, Antiallergika, Psychopharmaka, muskelentspannende Präparate oder Augentropfen. Ob bzw. in welcher Dosierung ein Medikament erhebliche Nebenwirkungen entwickelt, ist allerdings individuell ganz extrem unterschiedlich und hängt ab von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Körpergewicht, Gewöhnung, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Alkohol, aktueller Gesundheitszustand und der ganz individuellen Empfindlichkeit. Pauschale Angaben in Beipackzetteln wie "... kann die Fahrtüchtigkeit herabsetzen ..." sind deshalb eher wenig aussagefähig.
Wenn kein striktes Fahrverbot angezeigt ist, was zu einer im Hinblick auf das Autofahren eingeschränkten Arbeitsfähigkeit führen muss, wird es also von der Selbsteinschätzung und damit auch vom Verantwortungsbewusstsein eines jeden Fahrers abhängen, ob er sich unter Medikamenten ans Steuer setzt. In Zweifelsfällen, besonders bei lang andauernder Medikamenteneinnahme, berät in solchen Fällen der Betriebsarzt (unter Schweigepflicht!).
Risiko Sekundenschlaf
Müdigkeit ist in der letzten Zeit vermehrt als Unfallrisiko ins Blickfeld geraten. Die Folgen von Schlafmangel können durchaus mit denen von Alkohol- oder Drogenkonsum verglichen werden: verengtes Gesichtsfeld, verzögerte Reaktionen, Bewusstseinstrübungen usw. Ausreichend Schlaf ist also eine wesentliche Bedingung für sicheres Fahren. Trotzdem kennt wohl jeder Autofahrer die bleierne Müdigkeit, die sich einstellt, wenn man nach einer zu kurzen Nacht oder einem langen Tag am Steuer sitzt.
In einem solchen Zustand, der sich durch Gähnen, Augenbrennen, häufigem Lidschlag und verkrampfter Nackenpartie bemerkbar macht, darf die Fahrt auf keinen Fall fortgesetzt werden. Eine Rast von mind. 20–25 Min. mit körperlicher Bewegung (Spaziergang) oder einem kurzen Schlaf bringen den Kreislauf über das Tief hinweg. Allerdings hilft auch das nur für eine bestimmte Zeit weiter – genau wie die Zufuhr von Koffein durch Kaffee, Cola u. Ä. Grundsätzlich braucht ...