3.1. Akute Toxizität

3.1.1. Begriffsbestimmung

3.1.1.1.

Akute Toxizität bedeutet schwerwiegende schädliche Wirkungen auf die Gesundheit (d. h. Letalität), die nach einer einmaligen oder kurzfristigen oralen, dermalen oder inhalativen Exposition gegenüber einem Stoff oder Gemisch auftreten.[1]

3.1.1.2.

Die Gefahrenklasse akute Toxizität wird differenziert nach: – akuter oraler Toxizität, – akuter dermaler Toxizität, – akuter inhalativer Toxizität.

[1] Geändert durch Verordnung (EU) 2019/521. Anzuwenden ab 17.10.2020.

3.1.2. Kriterien für die Einstufung von Stoffen als akut toxisch

3.1.2.1.

Stoffe können nach ihrer akuten Toxizität bei oraler, dermaler oder inhalativer Exposition gemäß den numerischen Ausschlusskriterien der folgenden Tabelle einer von vier Gefahrenkategorien zugeordnet werden. Die akute Toxizität wird als (approximativer) LD50-Wert (oral, dermal), als (approximativer) LC50-Wert (inhalativ) oder als Schätzwert Akuter Toxizität (acute toxicity estimates - ATE) ausgedrückt. Während einige In-vivo-Verfahren die LD50-/LC50-Werte direkt bestimmen, berücksichtigen andere neuere In-vivo-Verfahren (die z. B. weniger Tiere verwenden) andere Indikatoren für die akute Toxizität, wie z. B. signifikante klinische Anzeichen von Toxizität, die als Referenz für die Zuordnung der Gefahrenkategorie dienen. Im Anschluss an Tabelle 3.1.1 finden sich genauere Erläuterungen.[1]

Tabelle 3.1.1

Schätzwerte Akuter Toxizität (ATE) und Kriterien für Gefahrenkategorien akuter Toxizität[2]

 

 

 

 

 

Expositionsweg Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4

oral (mg/kg Körpergewicht)

siehe Hinweis a

Hinweis b
ATE ≦ 5 5 < ATE ≦ 50 50 < ATE ≦ 300 300 < ATE ≦ 2 000
dermal (mg/kg Körpergewicht) ATE ≦ 50 50 < ATE ≦ 200 200 < ATE ≦ 1 000 1 000 < ATE ≦ 2 000

siehe Hinweis a

Hinweis b
Gase (ppmV[3]

 

 

 

 

siehe: Hinweis a ATE ≦ 100 100 < ATE ≦ 500 500 < ATE ≦ 2 500 2 500 < ATE ≦ 20 000
Hinweis b
Hinweis c
Dämpfe (mg/l)

 

 

 

 

siehe: Hinweis a ATE ≦ 0,5 0,5 < ATE ≦ 2,0 2,0 < ATE ≦ 10,0 10,0 < ATE ≦ 20,0
Hinweis b
Hinweis c

 

 

 

 

Hinweis d

 

 

 

 

Stäube und Nebel (mg/l)

 

 

 

 

siehe: Hinweis a ATE = 0,05 0,05 < ATE ≦ 0,5 0,5 < ATE ≦ 1,0 1,0 < ATE ≦ 5,0

 

Hinweis b

 

Hinweis c

 

 

 

 

 

Hinweise zu Tabelle 3.1.1:

 

a)

Den Schätzwert Akuter Toxizität (ATE) zur Einstufung eines Stoffes erhält man durch Verwendung der LD50-/LC50-Werte, falls verfügbar.

 

b)

Den Schätzwert Akuter Toxizität (ATE) zur Einstufung eines Stoffes in einem Gemisch erhält man durch Verwendung:

der LD50-/LC50-Werte, falls verfügbar,
des entsprechenden Umrechnungswerts aus Tabelle 3.1.2, der sich auf die Ergebnisse einer Dosisbereichsprüfung bezieht, oder
des entsprechenden Umrechnungswerts aus Tabelle 3.1.2, der sich auf eine Einstufungskategorie bezieht.
 

c)

Die in der Tabelle verwendeten Bereiche der Schätzwerte Akuter Toxizität (ATE) bei Inhalationstoxizität beruhen auf einer vierstündigen Exposition.[4] Vorliegende Daten über die Inhalationstoxizität, die aus einer einstündigen Exposition gewonnen wurden, lassen sich umrechnen, indem man sie bei Gasen und Dämpfen durch den Faktor 2, bei Stäuben und Nebeln durch den Faktor 4 teilt.

 

d)

Bei manchen Stoffen oder Gemischen besteht die Prüfatmosphäre nicht nur aus einem Dampf, sondern aus einer Mischung aus flüssigen und gasförmigen Phasen. Bei anderen Stoffen kann die Prüfatmosphäre aus einem nahezu gasförmigen Dampf bestehen. In diesen Fällen wird wie folgt nach ppmV-Werten eingestuft: Kategorie 1 (100 ppmV), Kategorie 2 (500 ppmV), Kategorie 3 (2 500 ppmV), Kategorie 4 (20 000 ppmV).

Die Begriffe "Staub", "Nebel" und "Dampf" sind wie folgt definiert:

Staub: in einem Gas (in der Regel in Luft) schwebende feste Teilchen eines Stoffes oder Gemisches;
Nebel: in einem Gas (in der Regel in Luft) schwebende flüssige Tröpfchen eines Stoffes oder Gemisches;
Dampf: die gasförmige Phase eines Stoffes oder Gemisches, die aus der flüssigen oder festen Phase hervorgegangen ist.

Staub entsteht normalerweise durch mechanische Vorgänge. Nebel bildet sich in der Regel durch Kondensation übersättigter Dämpfe oder durch physikalische Scherung von Flüssigkeiten. Stäube und Nebel weisen normalerweise Teilchengrößen zwischen unter 1 und rund 100 μm auf.

3.1.2.2.

Besondere Hinweise für die Einstufung von Stoffen als akut toxisch

3.1.2.2.1

Die bevorzugte Tierart für Prüfungen zur Beurteilung der akuten Toxizität bei oraler und inhalativer Exposition ist die Ratte, bei der Beurteilung der akuten dermalen Toxizität ist es die Ratte oder das Kaninchen. Liegen von mehreren Tierarten Versuchsdaten zur akuten Toxizität vor, dann ist mittels wissenschaftlichen Sachverstandes der angemessenste LD50-Wert aus den gültigen, ordnungsgemäß durchgeführten Prüfungen auszuwählen.

3.1.2.3.

Besondere Hinweise für die Einstufung von Stoffen als akut inhalationstoxisch

3.1.2.3.1

Die Maßeinheit für die Inhalationstoxizität hängt von der Form des eingeatmeten Materials ab. Bei Staub und Nebel lauten die Werte auf mg/l, bei Gasen auf ppmV. Um die Schwierigkeiten bei der Prüfung von Dämpfen zu berücksichtigen, die manchmal aus Gemischen von flüssigen und gasförmigen ...

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