Prof. Dr.-Ing. Martin Schmauder
3.1 Bewegungsfreiraum
Der am Arbeitsplatz notwendige Bewegungsfreiraum ergibt sich aus den Maßen des menschlichen Körpers (vgl. Anthropometrie). In der ASR A1.2 wird nach Funktionsflächen, Bewegungsflächen und Verkehrswegeflächen differenziert (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Flächen am Arbeitsplatz nach ASR A2.1
Die Bewegungsfläche am Arbeitsplatz muss nach ASR A2.1 für eine Person mindestens 1,5 m2 betragen. Sind Arbeitsplätze nebeneinander angeordnet, dann muss ein Mindestabstand von 1,2 m eingehalten werden. Bei der Bemessung der Bewegungsflächen müssen weiterhin die möglichen einzunehmenden Körperhaltungen berücksichtigt werden (wie z. B. beim Öffnen von Auszügen in Bodennähe).
Funktionsflächen sind z. B. die Flächen unterhalb eines Schubladenauszugs oder der Öffnungsbereich von Schranktüren.
Die Verkehrswegefläche (einschließlich der Fluchtwege und Gänge zu den Arbeitsplätzen und zu gelegentlich benutzten Betriebseinrichtungen) ergibt sich aus der Benutzeranzahl. Entsprechende Werte sind in ASR A1.8 enthalten. Bei bis zu 5 Benutzern beträgt z. B. die Mindestbreite der Verkehrswege 0,8 m.
Weiterhin sind Stellflächen für Arbeitsmittel, Einbauten und Einrichtungen sowie Flächen für Sicherheitsabstände zu berücksichtigen.
Ausschlaggebend für die Dimensionierung des Bewegungsfreiraumes ist der größte Nutzer; deswegen ist die Bemessungsgrundlage das 95. Perzentil der Nutzergruppe.
3.2 Wirkraum des Hand-Arm-Systems und Greifraum
Nach der Vorstellung der verschiedenen Abgrenzungen und zugehöriger Charakteristika dieses Funktionsraums werden die wichtigsten Gestaltungsgrundsätze dargestellt.
3.2.1 Abgrenzungen des Funktionsraums
Der Wirkraum des Hand-Arm-Systems kennzeichnet den Raumsektor, in dem der Mensch bei unbewegtem Oberkörper berühren, greifen und bewegen kann. Er wird begrenzt durch
- die Körperhaltung,
- den Bewegungsumfang der Gelenke,
- die Richtung von Bewegungen und Kräften,
- die verwendeten Arbeitsmittel,
- die Notwendigkeit, nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen,
- die reduzierte Bewegungsmöglichkeit bei großer Muskelanspannung.
Es wird zwischen dem anatomisch maximalen, dem physiologisch großen und dem physiologisch kleinen Greifraum unterschieden.
Abb. 5 gibt einen Überblick über die 3 verschiedenen Greifräume.
Abb. 5: 3 Greifräume nach Hettinger und Wobbe
Anatomisch maximaler Greifraum
Der anatomisch maximale Greifraum kann von der Hand in Greifstellung bei unbewegtem Oberkörper mit maximal ausgestreckten Armen unter Mitbewegung des Schultergelenks umfahren werden.
Physiologisch großer Greifraum
Die Grenzen des physiologisch großen Greifraums ergeben sich bei unbewegtem Oberkörper und unbewegtem Schultergelenk. Die Arme sind weitgehend ausgestreckt. Dieser Bereich des Greifraums ist für die praktische Anwendung von hoher Bedeutung und ungefähr 10 % kleiner als der anatomisch maximale Greifraum.
Physiologisch kleiner Greifraum
Die Grenzen des physiologisch kleinen Greifraums ergeben sich bei unbewegtem Oberkörper und unbewegtem Schultergelenk, wobei die Oberarme entspannt herabhängen und die Unterarme abgewinkelt sind.
3.2.2 Gestaltungsgrundsätze
Für die maßliche Gestaltung des Greifraums ist der kleinste Nutzer ausschlaggebend. Er sollte dementsprechend im Normalfall nach dem 5. Perzentil Frau dimensioniert werden, um sicherzustellen, dass alle Nutzer die notwendigen Arbeitsmittel erreichen können. Um die Beanspruchung des Nutzers möglichst gering zu halten, sollten alle Werkstücke, Werkzeuge, Bedienelemente und Materialbehälter innerhalb des physiologisch großen Greifraums positioniert sein. Für häufig wiederkehrende Bewegungen sollte dementsprechend i. d. R. der physiologisch kleine Greifraum bevorzugt werden.
Die horizontale Greiffläche kann in 3 Zonen eingeteilt werden, die sich in ihren Voraussetzungen für Bewegungsabläufe und in den auftretenden Belastungen grundsätzlich unterscheiden (Abb. 6).
Abb. 6: Zonen der Greiffläche in Anlehnung an Lange & Windel
Den Zonen lassen sich folgende Merkmale zuweisen:
- Zone 1 – Beidhandzone: In dem Arbeitszentrum befinden sich beide Hände im Blickfeld und können alle Orte dieser Zone erreichen. Hier finden Montagearbeiten statt.
- Zone 2 – Einhandzone: In der Einhandzone werden Gegenstände positioniert, die einhändig gegriffen und zumeist auch einhändig bedient werden.
- Zone 3 – erweiterte Einhandzone: Die Grenzen der erweiterten Einhandzone stellt die äußerste nutzbare Position für Greifbehälter dar.
3.3 Sichtgeometrie
Ausschlaggebende Größen für dieses Funktionsmaß sind:
- Sehachse,
- Sehentfernung,
- Sehbereiche.
3.3.1 Sehachse
Die Sehachse ist die Verbindungslinie zwischen einem fixierten Objekt und dem Mittelpunkt der Netzhautgrube; sie verläuft näherungsweise mit der Blicklinie (Verbindung fixiertes Objekt – mechanischer Augendrehpunkt). Sie ist körperhaltungsabhängig und ergibt sich aus der Auslenkung des Kopfes und der Augen gegenüber der Waagerechten.
Die in Abb. 7 angegebenen Werte für die Normallage der Sehachse im Stehen und im Sitzen sind durch die entspannte Ko...