Dr.-Ing. Vilia Elena Spiegel-Ciobanu
Aufgrund der in der Schweißtechnik vorliegenden Untersuchungsergebnisse zur Schadstoffentstehung (chemische Zusammensetzung, Partikelmorphologie, Emissionsraten usw.) und zu Wirkungen dieser Schadstoffe auf den menschlichen Körper werden folgende Faktoren unterschieden:
- verfahrensspezifische Faktoren,
- wirkungsspezifische Faktoren,
- arbeitsplatzspezifische Faktoren.
5.1 Verfahrensspezifische Faktoren
Auf der Grundlage von Emissionsraten (mg/s) von Partikeln können Schweißverfahren in 4 Kategorien (Emissionsklassen) unterteilt werden:
- Emissionsklasse 1: Verfahren mit niedrigen Emissionsraten (< 1 mg/s), z. B. WIG-Schweißen
- Emissionsklasse 2: Verfahren mit mittleren Emissionsraten (1 bis 2 mg/s), z. B. Laserstrahlschweißen ohne Zusatzwerkstoff
- Emissionsklasse 3: Verfahren mit hohen Emissionsraten (2 bis 25 mg/s), z. B. Lichtbogenhandschweißen, MAG-Schweißen mit Massivdraht
- Emissionsklasse 4: Verfahren mit sehr hohen Emissionsraten (> 25 mg/s), z. B. MAG-Schweißen mit Fülldraht, Schweißen mit selbstschützendem Fülldraht
Typische Emissionsraten von schweißtechnischen Verfahren sind in Tab. 4 zusammengestellt.
Informationen zu Emissionsraten können der Publikation "Matrix zur Beurteilung der Schadstoffbelastung durch Schweißrauche" und auch dem Schweißrauchdatenblatt nach DIN EN ISO 15011-4 entnommen werden. Je höher die Emissionsgruppe, desto höher sind die Anforderungen an die Expositionsminderung am Arbeitsplatz.
Verfahren (beispielhafte Aufzählung) |
Emissionsrate (mg/s) |
Emissionsgruppe |
UP |
< 1 |
niedrig |
Gasschweißen (Autogenverfahren) |
< 1 |
niedrig |
WIG |
< 1 |
niedrig |
Laserstrahlschweißen ohne Zusatzwerkstoff |
1 bis 2 |
mittel |
MIG/MAG (energiearmes Schutzgasschweißen) |
1 bis 4 |
mittel bis hoch |
Laserstrahlschweißen mit Zusatzwerkstoff |
2 bis 5 |
hoch |
MIG (Massivdraht, Nickel, Nickelbasislegierungen) |
2 bis 6 |
hoch |
MIG Aluminiumwerkstoffe) |
0,8 bis 29 |
niedrig bis sehr hoch |
MAG (Massivdraht) |
2 bis 12 |
hoch |
LBH |
2 bis 22 |
hoch |
MAG (Fülldraht-Schweißen mit Schutzgas) |
6 bis > 25 |
hoch bis sehr hoch |
MAG (Fülldraht-Schweißen ohne Schutzgas) |
> 25 |
sehr hoch |
Weichlöten |
< 1 |
niedrig |
Hartlöten |
1 bis 4 |
mittel bis hoch |
MIG-Löten |
1 bis 9 |
mittel bis hoch |
Autogenes Brennschneiden |
> 25 |
sehr hoch |
Laserstrahlschneiden |
9 bis 25 |
hoch bis sehr hoch |
Plasmaschneiden |
> 25 |
sehr hoch |
Lichtbogenspritzen |
> 25 |
sehr hoch |
Flammspritzen |
> 25 |
sehr hoch |
Tab. 4: Beurteilung der Verfahren anhand von Emissionsraten; Zuordnung zu Emissionsgruppen
Verfahrensspezifisch werden neben Schweißrauchen (Partikel) auch gasförmige Schadstoffe freigesetzt, die in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind:
- Ozon: entsteht aus dem Luftsauerstoff durch das Einwirken von UV-Strahlung aus dem Lichtbogen, beim MIG-Schweißen von Aluminiumwerkstoffen, entsteht also nicht nur unmittelbar an der Bearbeitungsstelle.
- Kohlenmonoxid: entsteht beim MAGC-Schweißen von un- und niedriglegiertem Stahl aus dem CO2 im verwendeten Schutzgas.
- Nitrose Gase (Stickstoffoxide): (NO, NO2) entstehen bei Autogenverfahren, Lichtbogen-, Plasma- und Laserstrahlverfahren aus der Umgebungsluft bei hohen Temperaturen
- Aldehyde: beim Weichlöten aus Flussmitteln
- Chlorwasserstoff: beim Hartlöten aus dem Flussmittel
- Pyrolyseprodukte: z. B. beim Punktschweißkleben aus dem Kleber
Bei mittleren, hohen und sehr hohen Emissionsraten (Emissionsklassen 2 bis 4) treten im Atembereich des Schweißers – ohne lüftungstechnische Maßnahmen – Schadstoffkonzentrationen auf, die mehrfach die Grenzwerte überschreiten.
Bei niedrigen Emissionsraten (Emissionsklasse 1) liegen die Schadstoffkonzentrationen im Atembereich des Schweißers erfahrungsgemäß im Grenzwertbereich oder knapp darunter.
5.2 Wirkungsspezifische Faktoren
Die Schweißrauche können hinsichtlich der spezifischen Wirkung ihrer Inhaltsstoffe (Einzelkomponenten) auf den menschlichen Körper in 3 Klassen (Wirkungsklassen) eingeteilt werden:
Schweißrauch-Wirkungsklasse A:
Schweißrauche ohne toxische Stoffe, atemwegs- und lungenbelastend;
Stoffe mit AGW = 1,25 mg/m³ (A), z. B. Magnesiumoxid
Schweißrauch-Wirkungsklasse B:
Schweißrauche mit toxischen oder toxisch-irritativen Stoffen,
Stoffe mit AGW < 1,25 mg/m³, z. B. Manganoxid
AGW für Mn = 0,2 mg/m³(E)
Schweißrauch-Wirkungsklasse C:
Schweißrauche mit krebserzeugenden Stoffen, Stoffe ohne AGW, mit Exposition-Risiko-Beziehungen, also mit anderen Beurteilungsmaßstäben, z. B. Chrom(VI)-Verbindungen, Nickeloxid.
Schadstoffe |
Wirkungen |
Gasförmig/Partikelförmig |
Atemweg- und lungenbelastend1) |
Toxisch2) |
Krebserzeugend |
Reproduktionstoxisch |
Stickstoffmonoxid |
|
X |
|
|
Stickstoffdioxid |
|
X |
|
|
Ozon |
|
X |
X4) |
|
Kohlenstoffmonoxid |
|
X |
|
X5) |
Phosgen |
|
X |
|
|
Cyanwasserstoff |
|
X |
|
|
Formaldehyd |
|
X |
X3) |
|
Aluminiumoxid |
X |
|
|
|
Eisenoxide (z. B. Fe3O4) |
X |
|
|
|
Magnesiumoxid |
... |