Zusammenfassung
Die systematische Analyse der Gefährdungen an unterschiedlichen Arbeitsplätzen und bei verschiedenen Tätigkeiten ist ein Kerngedanke im präventiven Konzept der Gefährdungsbeurteilung. Die Gefährdungsbeurteilung ist eines der wichtigsten betrieblichen Werkzeuge im Arbeitsschutz zur Verhinderung von Unfällen und Berufskrankheiten. Sie ist in allen Unternehmen ab einem Beschäftigten Pflicht. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung, dass sie fachkundig durchgeführt und dokumentiert wird.
1 Gefährdungsbeurteilung in 6 Schritten
Die Leitlinie "Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation" der Bundesregierung und der Berufsgenossenschaften sieht im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) folgende Schritte für die Gefährdungsbeurteilung vor:
- Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten,
- Ermitteln der möglichen Gefährdungen,
- Beurteilen der Gefährdungen,
- Festlegen konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen (Rangfolge der Schutzmaßnahmen beachten),
- Durchführung der Maßnahmen,
- Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen.
Die Gefährdungsbeurteilung wird als Erstanalyse an bestehenden Arbeitsplätzen durchgeführt. Eine Aktualisierung der Ergebnisse ist notwendig bei:
- Neubeschaffung von Arbeitsmitteln,
- Einführung neuer Stoffe,
- Änderung von Arbeits- und Verkehrsbereichen,
- Änderung von Arbeitsverfahren und Tätigkeitsabläufen,
- Änderung der Betriebsorganisation,
- Änderung von gesetzlichen Vorgaben und Einstufungen,
- Änderung des Standes der Technik,
- Auftreten von Unfällen, Beinaheunfällen, Berufserkrankungen und anderen Erkrankungen.
In der Praxis hat es sich bewährt, Gefährdungsbeurteilungen im Turnus von 2 Jahren zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren.
Mitarbeiter einbeziehen
Die Beschäftigten kennen die Gefährdungen und Belastungen, denen sie täglich ausgesetzt sind, am besten. Deshalb sollten sie unbedingt in die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung eingebunden werden. Sie können durch Mitarbeiterbefragungen, Mitarbeitergespräche im Rahmen von arbeitsplatzbezogenen Unterweisungen, in Sicherheits- und Gesundheitszirkeln und in gemeinsamen Arbeitsplatzbesichtigungen in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung eingebunden werden.
2 Gefährdungs- und Belastungsfaktoren
Bei der Gefährdungsbeurteilung werden die Gefährdungs- und Belastungsfaktoren betrachtet, die zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, zu Arbeitsunfällen oder zu Berufskrankheiten führen können. Dabei werden der Arbeitsplatz, das Arbeitsverfahren und die Arbeitsmittel betrachtet im Hinblick auf:
- mechanische Gefährdungen,
- elektrische Gefährdungen,
- Gefahrstoffe,
- biologische Arbeitsstoffe,
- Brand- und Explosionsgefährdungen,
- thermische Gefährdungen,
- Gefährdungen durch spezielle physikalische Eigenschaften,
- Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen,
- physische Belastung/Arbeitsschwere durch mangelhafte ergonomische Arbeitsbedingungen,
- psychische Faktoren,
- sonstige Gefährdungen.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wird dokumentiert, welche Gefährdungen vorliegen, und durch welche Schutzmaßnahme(n) diese Gefährdungen unwirksam gemacht wurden oder – im Fall von konkreten Mängeln – welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Im Endergebnis wird der sichere Zustand von Arbeitsplatz, Arbeitsverfahren und Arbeitsmitteln beschrieben.
Eine Gefährdungsbeurteilung lebt also nicht von der Aussage, dass der derzeitige Systemzustand gefährdungsfrei ist, sondern von der Auflistung der Maßnahmen, die zu diesem sicheren Systemzustand führen oder geführt haben.
Psychische Belastungsfaktoren und psychische Belastung
Obwohl psychische Erkrankungen – nach Muskel- und Skelettkrankheiten – im Jahr 2021 die zweithäufigste Ursache für krankheitsbedingte Ausfalltage waren, wurden psychische Belastungsfaktoren im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eher selten betrachtet. Allerdings werden seit September 2013 in § 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG auch die psychischen Belastungen bei der Arbeit genannt. Und die Ermittlung der psychischen Belastung wird auch in der Betriebssicherheitsverordnung und der Arbeitsstättenverordnung gefordert.
Empfehlungen zum betrieblichen Infektionsschutz
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) empfiehlt zum Vermeiden von Atemwegsinfektionen bei der Arbeit, bewährte Schutzmaßnahmen umzusetzen, v. a. Abstand halten, Hygiene beachten, Atemschutz, Lüften, Personenkontakte einschränken sowie sog. vulnerable Personen schützen. Der Arbeitgeber sollte auch hierbei die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt einbeziehen.
3 Schutzmaßnahmen
Die in der Gefährdungsbeurteilung beschriebenen Schutzmaßnahmen werden in 3 Kategorien ...