Zunächst sollte man prüfen ob, und wenn ja, welcher Freistellungsregelung der geplante Transport unterliegt.
Weniger Vorschriften zu beachten
Können Freistellungsregelungen angewendet werden, so ist dies u. U. mit einer erheblichen Reduzierung der zu beachtenden Vorschriften verbunden.
Diese Prüfung sollte der Absender vornehmen, um den Transport ggf. "einfacher" zu gestalten. Folgende Möglichkeiten der Freistellungen kommen in Betracht:
3.1 Gefahrgutausnahmeverordnung
Die GGAV befreit bestimmte Gefahrguttransporte ganz oder teilweise von den Vorschriften des ADR. Die Ausnahmen haben sich inzwischen reduziert, sodass nur wenige Spezialfälle behandelt werden, z. B. Prüfungsfahrten bei technischen Untersuchungen oder die Beförderung gefährlicher Güter mit Fähren.
3.2 Art der Beförderungsdurchführung
Folgende Transporte sind von den Vorschriften des ADR komplett freigestellt (1.1.3.1 ADR):
- Beförderungen gefährlicher Güter, die von Privatpersonen durchgeführt werden, sofern diese Güter einzelhandelsgerecht abgepackt und für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind. Unter normalen Beförderungsbedingungen muss ein Freiwerden des Guts verhindert werden.
- Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt werden ("Handwerkerregelung"). Das sind z. B. Lieferungen für Baustellen oder Lieferungen im Zusammenhang mit Messungen, Reparatur- und Wartungsarbeiten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Menge der Güter pro Transport die Höchstmengen nach 1.1.3.6 ADR nicht überschreitet (sog. "1.000-Punkte-Regel", s. Abschn. 3.3). Weiterhin darf eine Menge von 450 l je Verpackung nicht überschritten werden.
- Notfallbeförderungen.
3.3 Beförderung geringer Mengen je Beförderungseinheit (1.000-Punkte-Regel)
Die 1.000-Punkte-Regel (1.1.3.6 ADR) muss grundsätzlich auch bei Nutzung der "Handwerkerregelung" (vgl. Abschn. 3.2) eingehalten werden, um eine vollständige Befreiung vom ADR zu erreichen. Wird die 1.000-Punkte-Regel "allein" angewandt, d. h. ohne Inanspruchnahme der "Handwerkerregelung", können ebenfalls Erleichterungen von den Vorschriften genutzt werden. Eine vollständige Befreiung vom ADR ist in diesem Fall jedoch nicht möglich!
Kern der 1.000-Punkte-Regel ist die rechnerische Bestimmung eines Punktewerts (Indexsumme) für den geplanten Transport. Die Indexsumme bestimmt sich aus den Arten und den Mengen der zu transportierenden Gefahrgüter. Unterschreitet der ermittelte Wert 1.000 Punkte, kann man entsprechende Erleichterungen in Anspruch nehmen.
Berechnungsverfahren
Transport eines Stoffes
Wird bei einem Transport ausschließlich ein Stoff oder ein Produkt befördert, kann die höchstzulässige Gesamtmenge gem. 1.000-Punkte-Regel je Beförderungseinheit direkt aus der Tabelle in 1.1.3.6.3 ADR abgelesen werden.
Werden unterschiedliche Gefahrgüter gleichzeitig transportiert, ermittelt man die höchstzulässige Gesamtmenge für die erleichterte Beförderung, indem man die jeweiligen Mengen eines Stoffs mit stoffspezifischen Faktoren (Risikofaktoren) multipliziert und dann die Punktzahlen der einzelnen Stoffe addiert. Ist das Ergebnis kleiner als 1.000, können Erleichterungen in Anspruch genommen werden.
In der Tabelle in 1.1.3.6.3 ADR sind die Gefahrgüter in Beförderungskategorien eingeteilt (die Beförderungskategorien sind auch der Gefahrguttabelle in Teil 3 ADR zu entnehmen). Es gibt die Kategorien 0 – 4. Stoffe der Kategorie 0 dürfen gar nicht befördert werden, Stoffe der Kategorie 4 dürfen in unbegrenzter Menge transportiert werden. Aus den Kategorien 1 – 3 können mithilfe des Abschnitts 1.1.3.6.4 ADR die "Risikofaktoren" abgeleitet werden (1.000 geteilt durch die Höchstmenge des einzelnen Stoffs), nämlich 50, 20 und 1. Tab. 1 enthält häufig transportierte Stoffe im Handwerk.
Klasse (ADR Gefahrgutklasse) |
UN-Nr. |
Beförderungskategorie**) |
Stoffe/Zubereitungen BEZEICHNUNG |
Höchstmenge*) "Risikofaktoren" |
20 50 |
333 3 |
1000 1 |
2 |
1001 |
2 |
Acethylen, gelöst |
|
x |
|
2 |
1072 |
3 |
Sauerstoff, verdichtet |
|
|
x |
3 |
1202 |
3 |
Dieselkraftstoff |
|
|
x |
3 |
1263 |
3 |
Farbe (auch Farbverdünnung) |
|
|
x |
3 |
1306 |
3 |
Holzschutzmittel, flüssig |
|
|
x |
3 |
2787 |
1 |
Organozinn-Pestizid, flüssig, entzündbar, giftig, Flammpunkt unter 23 °C |
x |
|
|
6.1 |
1593 |
2 |
Dichlormethan |
|
x |
|
2 |
1978 |
2 |
Propan |
|
x |
|
3 |
1986 |
1 |
Alkohole, entzündbar, giftig |
x |
|
|
3 |
1203 |
2 |
Benzin |
|
x |
|
*) "Höchstmenge" bedeutet: für feste Stoffe, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase die Nettomasse in kg; für flüssige Stoffe: der tatsächliche Inhalt (Füllung) in Liter; für verdichtete Gase: der nominale Fassungsraum (Nenninhalt) der Gefäße in Liter.
**) Ziffern von 0 bis 4, Risikoeinteilung: 4: ohne Mengenbeschränkung, 0: darf nur unter bestimmten Voraussetzungen oder gar nicht befördert werden.
Tab. 1: Beispiele von Gefahrgut, Ermittlung der Indexsumme
Ermittlung der Indexsumme
Es sollen folgende Gefahrgüter transportiert werden. Aus Tab. 1 kann entnommen werden:
50 Liter Sauerstoff |
(Faktor 1) |
= 50 × 1 |
= 50 |
+ 10 kg Acethylen |
(Faktor 3) |
= 10 × 3 |
= 30 |
+ 60 Liter Benzin |
(Faktor 3) |
= 60 × 3 |
= 180 |
+ 200 Liter Diesel |
(Faktor 1) |
= 200 × 1 |
= 200 |
|
Gesamtsumme: |
460 |
Ergebnis: Bei diesem Transport sind die 1.000 Punkte (p...