Andreas Lott, Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
2.1 Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG
1989 veröffentlichte die europäische Kommission die Richtlinie 89/392/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten für Maschinen. Sie wurde durch die 9. Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz (Maschinenverordnung) vom 12.5.1993 in deutsches Recht umgesetzt. Bis heute werden aber kontroverse Diskussionen über die erforderlichen Maßnahmen geführt.
Die im Jahr 1998 erschienene konsolidierte Fassung der Maschinenrichtlinie ist bis 28.12.2009 gültig. Die Regelungen der neuen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sind seit dem 29.12.2009 anzuwenden.
Die weit reichende Wirkung der Maschinenrichtlinie liegt
- in der großen Anzahl der von dieser Regelung betroffenen Geräte, Anlagen und Vorrichtungen und
- in der von ihr betroffenen Zielgruppe. Sie umfasst nicht nur Hersteller, Lieferanten und Händler von Maschinen, sondern auch Maschinenbetreiber, die z. B. Vorrichtungen für den internen Bedarf bauen, Änderungen an Maschinen vornehmen oder Einzelmaschinen zu komplexeren Anlagen verketten.
Die Maschinenrichtlinie ist nach dem sog. "Neuen Konzept (New Approach)" strukturiert, dem heute alle EU-Richtlinien folgen und dessen dreistufiger Aufbau nachfolgend beschrieben wird:
- Richtlinientext: Im Richtlinientext werden vor allem der Anwendungsbereich festgelegt, Begriffe definiert, und die Schutzziele der jeweiligen Richtlinie vorgegeben (z. B. Verfahren zum Inverkehrbringen, Bescheinigungsverfahren, CE-Kennzeichnung) sowie verwaltungstechnische Belange geregelt (z. B. Inkrafttreten, Ordnungswidrigkeiten).
- Anhänge: Die Anhänge dienen der weiteren Konkretisierung einzelner Schutzzielvorgaben aus dem Richtlinientext, wie z. B. die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen im Anhang I oder die Anforderungen an die Konformitätsbewertung im Anhang V.
- Technisches Regelwerk: Die weiteren Konkretisierungen der Anforderungen, die bis hin zu detaillierten Einzelanforderungen gehen können, werden im Technischen Regelwerk veröffentlicht. Dieses Regelwerk repräsentiert den aktuellen Stand der Technik und wird regelmäßig an diesen angepasst. Für die Maschinenrichtlinie wird dies durch entsprechende Normen realisiert, die in Abschn. 3 näher behandelt werden.
Leitfäden
Zur Interpretation der oftmals recht allgemein gehaltenen und mit unbestimmten Rechtsbegriffen gespickten Zielvorgaben der EU-Richtlinien hat die Europäische Kommission verschiedene Leitfäden veröffentlicht, die dem besseren Verständnis der Richtlinien und der einheitlichen Umsetzung der darin niedergelegten Anforderungen dienen sollen.
Die wesentlichen Veröffentlichungen waren:
- Der Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien (auch als "Blue Guide" bekannt),
- der Leitfaden zur Anwendung der Richtlinie 73/23/EWG (Niederspannungsrichtlinie),
- die Erläuterung zu den Richtlinien 98/37/EG (Maschinenrichtlinie) sowie
- Useful facts in relation to the Machinery Directive 98/37/EC (der vollständige Text ist nur in englischer Sprache verfügbar, einzelne Teilbereiche, wie z. B. die Fragen und Antworten zur Maschinenrichtlinie können bei der Europäischen Kommission auch in deutscher Sprache angefordert werden).
Entsprechende Dokumente wurden inzwischen an die neue Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) und die neue Niederspannungsrichtlinie (2006/95/EG) angepasst.
Aktuelle Dokumente können als PDF-Dateien von der folgenden Webadresse heruntergeladen werden: www.maschinenrichtlinie.de/
Die EU-Kommission hat außerdem – in Absprache mit den Mitgliedsstaaten – eine Sammlung häufig gestellter Fragen zum Übergang von der alten zur neuen Maschinenrichtlinie veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung kann bei der DGUV heruntergeladen werden (https://www.dguv.de/medien/dguv-test-medien/_pdf_zip_doc_ppt/mrl_faq_deu.pdf). Des Weiteren ist von der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) eine Gegenüberstellung zwischen alter und neuer Maschinenrichtlinie als KAN-Bericht 40 herausgegeben worden (www.kan.de).
2.2 Struktur und Inhalt der Richtlinie
Die Struktur der neuen Richtlinie weicht etwas vom bisher gewohnten ab. Insbesondere die dem verfügenden Teil vorangestellten Erwägungsgründe Nr. 1–28 bereiten den Juristen bezüglich der Rechtsverbindlichkeit derzeit noch Kopfzerbrechen.
Für den Praktiker enthalten diese Erwägungsgründe jedoch durchaus wertvolle Informationen über die Zielrichtung der Richtlinie und Hinweise zur Auslegung der verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe. Sie können somit im Vorfeld des Inkrafttretens die Rolle der Leitfäden anderer Richtlinien übernehmen.
Der verfügende Teil mit den Art. 1–29 und den Anhängen I-XII folgt der bekannten Struktur der "Neuen Konzeption". Wie bei allen anderen Richtlinien haben die Anhänge die gleiche Rechtsverbindlichkeit wie die einzelnen Artikel der Richtlinie. Der verfügende Teil der Richtlinie hat folgende Inhalte:
Art. |
Inhalt |
1 |
Anwendungsbereich |
2 |
Begriffsbestimmungen |
3 |
Spezielle Richtlinien |
4 |
Marktaufsicht |
5 |
Inverkehrbringen und Inbetriebnahme |
6 |
Freier Warenverkehr |
7 |
Konformitätsvermutung u... |