Dr. rer. nat. Ulrich Welzbacher
Die CLP-Verordnung teilt die toxischen Gefahren in die folgenden Gefahrenklassen ein:
- Akute Toxizität,
- Ätzwirkung auf die Haut/Hautreizung
- Schwere Augenschädigung/Augenreizung,
- Sensibilisierung der Atemwege,
- Sensibilisierung der Haut,
- Keimzellmutagenität,
- Karzinogenität,
- Reproduktionstoxizität,
- Spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition),
- Spezifische Zielorgan-Toxizität (wiederholte Exposition),
- Aspirationsgefahr.
Die akute Toxizität wird dabei in 3 Expositionswege differenziert:
- akute Toxizität, oral,
- akute Toxizität, Haut,
- akute Toxizität, Inhalation.
Auch bei den toxischen Gefahren übernimmt die CLP-Verordnung nicht alle Unterkategorien aus dem UN-GHS. Abb. 3 zeigt alle Gefahrenklassen und -kategorien des UN-GHS. Die Kategorien, die nicht in die CLP-Verordnung übernommen wurden, sind markiert.
Abb. 3: Kategorien der CLP-Verordnung für toxische Gefahren
1.2.1 Akute Toxizität
Einstufung von Stoffen
Bei den Einstufungskriterien für die akute Toxizität ergeben sich gegenüber den früheren Einstufungs- und Kennzeichnungsregeln der EG Verschiebungen, die zu einer Änderung der Einstufung und damit auch der Kennzeichnung führen können.
Einstufungsgrenzen bei akuter Toxizität
Stoffe mit einer LD50 (LD = Letale Dosis) von 200–300 mg/kg (oral) und 400–1.000 mg/kg (dermal) werden in der CLP-Verordnung nach Kategorie 3 eingestuft und mit dem Totenkopf gekennzeichnet, in der EG früher jedoch als gesundheitsschädlich mit Xn. Gleiches gilt für Dämpfe mit einer LC50 (LC = Letale Konzentration) im Bereich von 2,0 bis 10,0 mg/l.
In Abb. 4 sind diese Verschiebungen am Beispiel der oralen Toxizität dargestellt:
Abb. 4: Vergleich der Gefahrenkategorien der akuten Toxizität – orale Exposition
Bei Gasen beziehen sich die Angaben nach CLP auf die Maßeinheit ml/m3 (ppm), während sie früher auf mg/m3 bezogen waren. Je nach Molekulargewicht ergeben sich daher heute folgende Umrechnungsfaktoren (Beispiele Tab. 2):
Molmasse |
1 ml/m3 (ppm) = x mg/m3 |
1 mg/m3 = x ml/m3 (ppm) |
15 |
0,623 |
1,604 |
30 |
1,247 |
0,802 |
50 |
2,078 |
0,481 |
100 |
4,156 |
0,241 |
200 |
8,312 |
0,12 |
Tab. 2: Umrechnung von volumenbezogenen auf gewichtsbezogene Konzentrationen
Schwere Gase werden strenger bewertet
Daraus ergeben sich für leichte Gase mit einem Molekulargewicht unter 24 (z. B. Ammoniak mit Molmasse 17) kleinere Werte als bisher, für fast alle (giftigen) Gase mit einem Molekulargewicht > 24 jedoch höhere Werte. Das bedeutet, dass diese Gase allein aufgrund ihres Molekulargewichtes nunmehr strenger bewertet werden, und zwar umso mehr, je höher ihr Molekulargewicht ist (z. B. bei Kohlenmonoxid um den Faktor 1,164, bei Wolframhexafluorid um 12,378!).
Einstufung von Gemischen
Bei der Bewertung und Einstufung von Gemischen legt die CLP-Verordnung im Gegensatz zum früheren EG-Recht größeren Wert auf die Prüfung und Bewertung der Gemische in ihrer Gesamtheit. Rechenverfahren sollen nach dem Willen des Verordnungsgebers dagegen nur eine nachrangige Rolle spielen.
Soweit Gemische als solche hinsichtlich ihrer gefährlichen Eigenschaften geprüft worden sind, muss der Lieferant diese Informationen bevorzugt zur Bewertung verwenden, wenn er sich davon überzeugt hat, dass die Informationen geeignet und zuverlässig und ggf. wissenschaftlich fundiert sind.
Wenn die Toxizität von Gemischen aus den Eigenschaften der einzelnen Inhaltsstoffe ermittelt wird, werden aus Gründen des Tierschutzes weniger genaue "Schätzverfahren" als die bisherigen LD50- oder LC50-Werte eingesetzt, die sog. "Akut-Toxizitäts-Schätzungen" (ATS).
Englische Sprachfassung
In der Verordnung wird anstatt "ATS" die englischsprachige Abkürzung ATE für "acute toxicity estimate" verwendet.
Diese ATS oder ATE stellen nach GHS das Kriterium für die Einstufung von Stoffen und Gemischen als akut toxisch dar und treten an die Stelle der bisherigen LD50- oder LC50-Werte.
Die Berechnung der Einstufung von Gemischen hinsichtlich ihrer akuten Toxizität ist unter CLP aufwändiger als nach der früheren EG-Zubereitungsrichtlinie. Die CLP-Verordnung unterscheidet hier 2 Fälle:
- Toxizitätsdaten sind für alle Inhaltsstoffe bekannt.
- Toxizitätsdaten sind nicht für alle Inhaltsstoffe bekannt.
Sind Toxizitätsdaten für alle Inhaltsstoffe bekannt, ist folgende Formel anzuwenden:
Ci = Konzentration von Bestandteil i (Gew.-% [w/w] oder Vol.-% [v/v])
i = der einzelne Bestandteil von 1 bis n
n = die Anzahl der Bestandteile
ATEMix = Schätzwert der akuten Toxizität des Gemisches
ATEi = Schätzwert der akuten Toxizität von Bestandteil i.
Sind Toxizitätsdaten nicht für alle Stoffe bekannt, gilt folgende Formel:
Sind keine genauen Zahlenwerte für die akuten Toxizitätsschätzungen der Bestandteile bekannt, muss zumindest die Zuordnung zu einer Kategorie der Gefahrenklasse "Akute Toxizität" bekannt sein. In diesem Fall wird in die genannten Formeln als ATE eine sogenannte "Punktschätzung" eingetragen, die sich aus Tab. 3 ergibt.
Expositionsweg |
Einstufungskategorie oder im Versuch ermittelter Bereich der Akuttoxizitätsschätzung |
Umrechnung in Punktschätzung d... |