Zusammenfassung
Haftung ist die Verantwortlichkeit für Forderungen, die sich aus der Schädigung anderer ergeben. Im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz kann sich diese Verantwortlichkeit aus verschiedensten Vorschriften ergeben und Mitarbeiter und Beauftragte aller Unternehmensebenen sowie Dritte, die als Sicherheitsfachkraft oder Betriebsarzt bestellt sind, treffen.
Die Verantwortlichkeit für Schädigungsfolgen kann sich ergeben aus
- dem bürgerlichen Recht (Arbeitsvertrag, Deliktsrecht),
- dem staatlichen Arbeitsschutzrecht (Europäisches Recht, Bundes- und Landesrecht),
- dem Strafrecht,
- dem Sozialrecht, insbesondere aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) VII,
- den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften,
- betrieblichen Regelungen und
- dem Arbeitsvertrag.
1 Wer haftet?
Verantwortlichkeiten im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz finden sich auf allen Unternehmensebenen: Der Unternehmer haftet aus seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht (§ 611 BGB) heraus dafür, dass der Arbeitnehmer nicht an seiner Gesundheit beschädigt wird, wenn er im Betrieb tätig ist.
Er kann zudem deliktisch (§§ 823ff. BGB) haften, wenn er fahrlässig oder vorsätzlich den Arbeitnehmer schädigt, indem er z. B. gegen Schutzgesetze verstößt. Schutzgesetze sind z. B. alle Rechtsvorschriften des gesetzlichen Arbeitsschutzes.
Wie der Unternehmer haften alle Führungskräfte im Betrieb, d. h. alle Mitarbeiter, die auf den verschiedenen Führungsebenen anderen Mitarbeitern vorgesetzt sind. Vorgesetzter ist schon der, der nur einen weiteren Mitarbeiter führt. Die Führungsverantwortung beschränkt sich dabei stets auf den übertragenen Verantwortungsbereich.
In die Haftung genommen werden auch die betrieblichen Beauftragten, wenn sie gegen Vorschriften verstoßen.
Sicherheitsfachkraft und der Betriebsarzt haften ebenfalls, z. B. für eine falsche Beratung oder die Durchführung schädigender Maßnahmen. Selbst der Arbeitnehmer haftet, wenn er in Ausübung seiner Tätigkeit anderen Schäden zufügt. Das ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag und dem Gesetz, v. a. §§ 611, 823 BGB.
2 Wofür wird gehaftet?
2.1 Unternehmer und Unternehmensverantwortliche
Der Unternehmer und seine Leitungsverantwortlichen haften dann, wenn sie Arbeitnehmer durch eine Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig schädigen. Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn gegen Vorgaben, die einzuhalten sind, verstoßen wird. Der Verstoß muss vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 BGB) erfolgen:
- Vorsatz: Die schädigende Handlung wird wissentlich und auch aktiv gewollt vorgenommen, in dem Bewusstsein, gegen bestehende Regeln zu verstoßen und dadurch jemanden zu schädigen.
- Grobe Fahrlässigkeit: Sie liegt bei der Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße vor und bedeutet leichtfertiges Handeln, d. h. die Nichtbeachtung einfacher, offenkundiger und grundlegender Regeln oder die Verletzung besonders wichtiger Sorgfaltsregeln und die Inkaufnahme eines möglichen Schadens.
- Fahrlässigkeit: Ist das Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfalt, die Verletzung von Sorgfaltspflichten, d. h. Verursachung eines Schadens, obwohl der Schadenseintritt für den Schädiger erkennbar war oder erkennbar gewesen wäre sowie die Inkaufnahme eines möglichen Schadens.
Die Pflichtverletzung muss kausal für einen Schaden gewesen sein, d. h. der Schaden ist aufgrund der Pflichtverletzung entstanden.
Der Schaden ist jede für den Geschädigten negative Folge, sei es gesundheitlicher Natur oder auch ein Sachschaden. Schäden können auch "indirekt" auftreten. Wird z. B. ein Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens geschädigt, besteht der Schaden auch in den möglicherweise anfallenden Entgeltfortzahlungskosten für diesen Arbeitnehmer.
2.2 Betriebliche Beauftragte
Betriebliche Beauftragte haften wie Unternehmer.
Keine Haftungsfreistellung möglich!
Der Unternehmer kann weder seine Führungskräfte noch betriebliche Beauftragte von der Haftung gegenüber den Arbeitnehmern oder Dritten freistellen. Diese haften auf alle Fälle direkt. Eine Haftungsfreistellung wirkt allenfalls im Innenverhältnis zwischen dem Unternehmer und seinen Führungskräften und betrieblichen Beauftragten!
2.3 Arbeitnehmer
Auch der Arbeitnehmer haftet für Schäden, die er Dritten zufügt. Zu beachten ist aber, dass er nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet.
2.4 Sicherheitsfachkraft und Betriebsarzt
Ist die Sicherheitsfachkraft als Arbeitnehmer des Unternehmens beschäftigt, haftet sie – wie andere Arbeitnehmer – nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Externe Sicherheitsfachkräfte beschränken deswegen in ihrem Bestellungsvertrag die Haftung üblicherweise entsprechend.
Der Betriebsarzt haftet für Fahrlässigkeit und Vorsatz.
3 Strafrechtliche Verantwortung
Neben der zivilrechtlichen Haftung kann der Verstoß gegen Arbeitsschutzbestimmungen auch straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Folgen haben. In vielen Arbeitsschutzvorschriften (z. B. §§ 25, 26 ArbSchG, § 21 ASiG, § 209 SGB VII) sind entspreche...