Dr. rer. medic. Michael Lange
Hautschutzmittel sind Bestandteil der PSA (Persönliche Schutzausrüstung) und dienen der Vermeidung von beruflich bedingten Hauterkrankungen. Nach dem TOP-Prinzip müssen zuerst technische oder organisatorische Maßnahmen ergriffen oder berücksichtigt werden, bevor man Persönliche Schutzausrüstung einsetzt.
1.1 Verhütung von irritativen Kontaktekzemen
Das Haupteinsatzgebiet der Hautschutzmittel ist die Verhütung von irritativen Kontaktekzemen (= Abnutzungsdermatose, subtoxisch-kumulatives Kontaktekzem). Diese nicht allergische Form des Kontaktekzems tritt nur nach längerem Hautkontakt mit einem Hautreizstoff (= Irritantien) auf. Die Kontaktzeit (mehrere Stunden pro Arbeitswoche) kann sich auf Wochen bis Jahrzehnte erstrecken, bevor eine sicht- und fühlbare Hautreaktion auftritt. Es ist nicht Aufgabe/Möglichkeit von Hautschutzmitteln, die Aufnahme von Giften oder Allergenen zu vermeiden. Die Wirkung fokussiert auf Irritantien.
1.2 Erleichterung der Hautreinigung und Verringerung der Hauterweichung
Die Erleichterung der Hautreinigung entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Anwendungsgebiet von Hautschutzmitteln. Bei vorheriger Anwendung von Hautschutzmitteln kann auf die Verwendung von lösemittelhaltigen Intensivreinigern (= Spezialhandreiniger) verzichtet werden. Auch reibemittelhaltige Hautreinigungsmittel (= Handwaschpasten) können so vermieden oder in der Menge reduziert werden.
Trotz der deutlich positiven Weiterentwicklung der Hautverträglichkeit von Hautreinigungsmitteln im gewerblichen Bereich ist die oft aggressive/intensive Hautreinigung ein leider wichtiger Negativbeitrag bei der Entstehung von beruflich bedingten Hauterkrankungen. Die Verringerung der Hauterweichung (Hautmazeration) unter luft- und feuchtigkeitsdichten Schutzhandschuhen gehört zu den weniger bekannten Anwendungsgebieten der Hautschutzmittel.
1.3 Abgrenzung gegenüber Schutzhandschuhen
Bei der Anwendung von Hautschutzmitteln im Praxisalltag kommt es zwangsläufig immer wieder zu Abgrenzungsproblemen gegenüber Schutzhandschuhen. Die Einzelentscheidung für die Art der einzusetzenden PSA muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (nach § 5 ArbSchG) getroffen werden. Grundsätzlich ist das Schutzvermögen der Hautschutzmittel aus technisch-physikalischen Gründen geringer als das der Handschuhe. Hautschutzmittel können nicht gegen ätzende, allergieauslösende oder giftige Substanzen verwendet werden (Tab. 1).
Einsatzgebiet |
Reizstoffe/Irritantien (wie Detergentien, Kühlschmierstoffe) |
Erleichterung der Hautreinigung |
Hautmazeration unter Schutzhandschuhen |
Allergene (wie Nickel/Chrom) |
Ätzstoffe (wie Natronlauge, Salzsäure) |
Gifte (wie Arsen, Pestizide) |
Hautschutzmittel |
+ |
+ |
+ |
– |
– |
– |
Handschuhe |
+ |
+ |
durch Baumwollunterhandschuhe |
+ |
+ |
+ |
Tab. 1: Einsatzgebiet von Hautschutzmitteln und Handschuhen
Vorteile haben Hautschutzmittel immer, wenn Tastgefühl und Fingerfertigkeit erhalten bleiben müssen oder Handschuhe durch rotierende Maschinenteile nicht einsetzbar sind. Hautschutzmittel und Handschuhe sind kein Gegensatz, sondern beide sind Bestandteil der PSA mit ihren Vor- und Nachteilen, die es gilt, gegeneinander abzuwägen.
Diesem Abgrenzungsproblem kann sprachlich durch eine einsatzbezogene Neudefinition des PSA-Bestandteils Hautschutz entgegengewirkt werden:
Definition "Hautschutz"
Im Anwendungsgebiet Hautschutz kommen, in Definitionsanlehnung an Handschuhe, die sog. Hautmittel zum Einsatz.
Diese Gruppe der Hautmittel umfasst die Bestandteile der
- Hautschutzmittel: traditioneller Hautschutz auf Salben- und Cremebasis;
- Hautreinigungsmittel: Reinigungsmittel für die Haut (Seifen, Waschpaste);
- Hautpflegemittel: Pflegemittel für die ausgetrocknete/belastete Haut.
Sprachlich-definitorisch wird so das Einsatzgebiet "Haut" nicht nur auf die Hände begrenzt und die Hautpflege- und Hautreinigungsmittel arbeitsmedizinisch sinnvoll in die PSA Hautschutz integriert.