Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Da in nahezu allen Branchen der Anteil von kommunikations- und informationsbezogenen Tätigkeiten zugenommen hat, bietet es sich im Verbund mit leistungsfähigen Telekommunikationsstrukturen an, dass Arbeitnehmer auch von zu Hause oder einem anderen selbstgewählten Ort aus für ihren Arbeitgeber tätig werden können. Grundsätzlich könnten sie damit unter das HAG fallen. Tatsächlich ist das jedoch meistens nicht der Fall, auch wenn im Zusammenhang mit mobilem digitalen Arbeiten der Begriff "Heimarbeit" häufig verwendet wird. Folgende Arbeitssituationen sind typisch:
Ein angestellt Beschäftigter erledigt einen Teil seiner Arbeit nicht im Betrieb, sondern nach Absprache mit seinem Arbeitgeber von zu Hause aus. Die Gründe können vielfältig sein:
- die Vermeidung von Fahrzeiten,
- die Möglichkeit zu ungestörter Arbeit an einem bestimmten Projekt,
- die sinnvolle Nutzung von "Restarbeitszeiten" nach Außendienstterminen,
- die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- u. v. m.
Stattet der Arbeitgeber dazu den häuslichen Arbeitsplatz komplett aus und schließt eine vertragliche oder andere arbeitsrechtlich relevante Vereinbarung, handelt es sich um Telearbeit i. S. der ArbStättV. Ist das nicht der Fall und der Arbeitnehmer arbeitet gelegentlich von zu Hause aus unter Verwendung seiner dienstlichen oder privaten Hardware ohne besondere Vereinbarungen, spricht man von mobiler Arbeit. Dafür gibt es keine detaillierten Vorschriften, allerdings einige Ausstattungshinweise innerhalb des Anhang 6 ArbStättV.
Beide Formen fallen aber, da der Arbeitnehmer "normal" angestellt beschäftigt bleibt, nicht unter das HAG.
Ein nicht angestellt Beschäftigter übernimmt digitale Arbeiten für einen Betrieb, die er ausschließlich von zu Hause oder einem frei gewählten Ort aus erledigt. Wenn er dabei die Vermarktung seiner Arbeit komplett diesem Betrieb überlässt und die Beschäftigung einen Umfang annimmt, der zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von diesem Betrieb führt, würde diese Tätigkeit unter das Heimarbeitsgesetz fallen. Ein Blick ins Internet und entsprechende Medienberichte zeigen, dass es solche Arbeitsangebote zwar tatsächlich gibt und diese auch mit dem Begriff Heimarbeit verbunden werden. Typisch geht es dabei um digitale Dienstleistungen, wie Datenerfassung, Digitalisieren von Dokumenten oder Prüfen von maschinell erstellten Dokumenten. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass die nach HAG vorgesehenen Abläufe und Prozesse, wie behördliche Anmeldung und Führen von Listen und Entgeltbüchern, dabei Anwendung finden – erst recht dann, wenn es sich um ausländische Arbeitgeber handelt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass diese Angebote häufig faktisch im Bereich der Selbstständigkeit abgewickelt werden.
Vorsicht Betrug!
Die sog. digitale Heimarbeit ist offensichtlich eine Branche, in der unseriöse Angebote an der Tagesordnung sind. Wenn für einfache digitale Dienstleistungen Stundenlöhne von 20 EUR versprochen werden, kann das kaum realistisch sein. Unabhängig von den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen liegt hier Betrugsverdacht nahe.
Vorsicht Scheinselbstständigkeit
Wenn Betriebe Arbeiten außerhalb ihrer eigenen Strukturen vergeben wollen, hat es aus Sicht des Betriebs viele Vorzüge, wenn die Auftragnehmer selbstständige Unternehmer sind. Der Betrieb bleibt dann von der Verantwortung für den Ablauf der Arbeit und möglichen Risiken weitgehend frei und muss keine längerfristige vertragliche Bindung mit dem Auftragnehmer eingehen. Ist ein solcher Auftragnehmer allerdings als Alleinunternehmer nur für einen Auftraggeber tätig, wird regelmäßig ein angestelltenähnliches Arbeitsverhältnis unterstellt mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten (Rentenversicherungspflicht!). Ob ein solcher Beschäftigter tatsächlich als selbstständig gelten kann, muss im Einzelfall anhand von bestimmten Kriterien (Weisungsbefugnis des Auftraggebers, Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation) geprüft werden (§ 7 Abs. 1 SGB IV).
Crowd working
Crowd working ist eine neue Form digitalen Arbeitens. Unternehmen vergeben dabei kleine und kleinste Arbeitsaufträge an beliebige Personen, mit denen sie ausschließlich über Internet-Plattformen in Kontakt stehen. Wer sich dort registriert, kann z. B. an Umfragen teilnehmen, Texte für Online-Auftritte von Produkten schreiben, Informationen im Netz sammeln oder Internetseiten und Spiele als Testnutzer bewerten. Er erhält dafür eine Art Aufwandsentschädigung, die oft nur im Bereich von einigen Cent oder Euro besteht. Gedacht sind solche Tätigkeiten als eine Art "bezahlte Freizeitbeschäftigungen". Sieht man sie allerdings als Arbeitstätigkeit an, wird deutlich, dass es sich um selbstständige Arbeit handelt, mit der in den meisten Fällen kein auskömmlicher Stundenlohn zu erzielen ist und bei der viele andere Rechtsfragen, z. B. der Schutz vor Benachteiligung durch den Auftraggeber, offen bleiben. Entsprechende Schutzmechanismen entwickeln sich zurzeit – der Art der Arbeit entsprechend – ebenfalls i...