Zusammenfassung
Als Inertisierung wird das Hinzufügen von Inertstoffen als Gas (z. B. Stickstoff, Kohlenstoffdioxid, Edelgase, Wasserdampf) oder Pulver bezeichnet. Ziel ist, Sicherheitstechnische Kenngrößen eines Gemisches zu verändern, um explosionsfähige Atmosphäre zu verhindern. Dazu wird die Sauerstoffkonzentration unter die Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK) gebracht.
Die Inertisierung ist eine Maßnahme des primären Explosionsschutzes, der in TRBS 2152 Teil 2/TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre", TRGS 723 "Gefährliche explosionsfähige Gemische – Vermeidung der Entzündung gefährlicher, explosionsfähiger Gemische" (ersetzt TRBS 2152 Teil 3) und TRGS 724 "Gefährliche explosionsfähige Gemische – Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken" (ersetzt TRBS 2152 Teil 4) behandelt wird.
Zudem existiert die VDI-Richtlinie 2263 Blatt 2: "Staubbrände und Staubexplosionen – Inertisierung".
1 Arten der Inertisierung
Inertisierung ist eine Maßnahme des primären Explosionsschutzes. Dabei wird zwischen partieller und totaler Inertisierung unterschieden:
- Bei der partiellen Inertisierung wird die Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK) nur so weit unterschritten, dass zwar Sicherheit gegeben ist, das Gemisch durch Zuführen von (Luft-)Sauerstoff aber wieder explosionsfähig werden kann.
- Bei der totalen Inertisierung (die normalerweise nur bei einem Gas-Luft-System anwendbar ist) wird das Verhältnis von Inertstoff zu brennbarem Stoff so groß, dass das Gemisch selbst bei Zuführung von beliebigen Mengen Luft nicht wieder explosionsfähig wird.
Die am häufigsten verwendeten Inertgase sind:
2 Durchführung
Für eine Inertisierung muss zunächst die SGK des jeweiligen Stoffes ermittelt werden. Anschließend wird ein geeigneter Stoff zur Inertisierung ausgewählt, da manche Leichtmetallstäube z. B. mit Stickstoff oder Kohlenstoffdioxid reagieren können. Durch Hinzufügen des Inertstoffes wird die höchstzulässige Sauerstoffkonzentration unterhalb der SGK eingestellt.
Sicherheitsabstände
Gem. TRBS 2152 Teil 2 müssen bei der Inertisierung Sicherheitsabstände zur höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration eingehalten werden. Zu beachten ist, dass bei Stäuben ein größerer Sicherheitsabstand zu der SGK einzuhalten ist als bei Gas-Luft-Gemischen, da bei Stäuben die Gefahr von Glimm- oder Schwelbränden gegeben ist.
Diese Sicherheitsabstände sind in Abb. 1 dargestellt.
Abb. 1: Sicherheitsabstände von der Sauerstoffgrenzkonzentration nach VDI 2263 Blatt 2
Die nötigen Verhältnisse von Inertgas, Luft und Stoff können in einem Dreistoffdiagramm veranschaulicht werden (Abb. 2).
Abb. 2: Beispielhaftes Dreistoffdiagramm nach DIN EN 14756
Bewertung von Staub-Luft-Gemischen
Bei Staub-Luft-Gemischen ist zu berücksichtigen, dass deren Konzentrationen schlecht mess- und regelbar sind, die SGK bei manchen Stäuben extrem niedrig (2 % Vol. bei einigen Metallstäuben) ist. Zudem kann die Beschaffenheit der Stäube (Korngrößen etc.), die z. B. auf die Zündkenngrößen Einfluss hat, stark schwanken. Literaturwerte sind hier nicht immer gültig. Staub-Luft-Gemische können entweder durch Inertgas oder durch Hinzugabe von inerten Stäuben inertisiert werden.
Bei hybriden Gemischen ist gem. TRBS 2152 Teil 2 und DIN EN 1127-1 die jeweils niedrigste SGK unter den Sicherheitstechnischen Kennzahlen der verschiedenen Komponenten maßgeblich – es sei denn, Messungen haben anderes ergeben.
Überwachung der Inertisierung
Wird innerhalb einer Anlage Inertisierung angewendet, so ist diese durch geeignete Maßnahmen wie z. B. stetiges Überwachen des Inertgasstromes und der Sauerstoffkon zentration sicherzustellen. Bei Erreichen einer Alarmschwelle, die nach gesundem Menschenverstand deutlich unterhalb kritischer Konzentrationen liegen sollte, müssen Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet werden.
3 Weiterführende Literatur
Genauere Angaben zur Inertisierung finden sich in folgenden Schriften:
- DIN-Fachbericht CEN/TR 15281 "Leitsätze für die Inertisierung zum Explosionsschutz"
- DIN EN 1127–1:2009 "Explosionsfähige Atmosphären – Explosionsschutz – Teil 1: Grundlagen und Methodik"
Zudem ist für ein grundlegendes Verständnis dieser Methode zu empfehlen, sich in die DIN EN 14756 "Bestimmung der Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK) für brennbare Gase und Dämpfe" einzulesen.