Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Bei der Inspektion, Wartung und Instandsetzung von Maschinen, Anlagen, Geräten oder Einrichtungen treten Gefährdungen auf, die mit den bekannten Gefährdungen in der Fertigung nicht vergleichbar sind, da bei diesen Arbeiten häufig vorhandene Schutzeinrichtungen außer Betrieb genommen werden müssen. Es muss dennoch dafür gesorgt werden, dass auch Instandhaltungsarbeiten sicher durchgeführt werden können.
Unfälle bei Instandhaltungsarbeiten bilden nach den Transportunfällen den größten Schwerpunkt im produzierenden Bereich. Bei der Instandhaltung von Maschinen liegt die Unfallquote für Beschäftigte rund 10- bis 20-mal so hoch wie für das Fertigungspersonal. Entsprechend hoch ist mit 25 % der Anteil der tödlichen Arbeitsunfälle (vgl. auch DGUV-I 209-015 "Instandhaltung – sicher und praxisgerecht durchführen"). Besonders häufig ereignen sich bei Instandhaltungsarbeiten Unfälle durch Quetschungen gefolgt von Absturzunfällen, insbesondere bei Arbeiten auf Leitern oder auf ungesicherten hoch gelegenen Arbeitsplätzen.
Instandhaltungsarbeiten an laufenden Maschinen bilden einen besonderen Schwerpunkt. Zur Arbeitserleichterung oder zur Vermeidung von Stillstandszeiten werden oft Schutzeinrichtungen umgangen oder unwirksam gemacht. Instandhalter können auch Gefährdungen durch Gase, Dämpfe, Stäube, Hitze und unter Druck stehenden Medien sowie elektrischen Strom ausgesetzt sein. Durch eine gefährliche Umgebung können Brände und Explosionen oder Gesundheitsschäden entstehen.
Die Ursache für das überdurchschnittliche Unfallgeschehen liegt häufig in der fehlenden oder unzureichenden organisatorischen Vorbereitung von Instandhaltungsarbeiten. Oft werden Instandhaltungsarbeiten unter Zeitdruck durchgeführt. Ständig wechselnde Arbeitsbedingungen, Aufgaben und Örtlichkeiten setzen vor Arbeitsbeginn immer eine gesonderte Gefährdungsbeurteilung mit Festlegung und Umsetzung besonderer Schutzmaßnahmen voraus. Bei mechanischen Gefährdungen hat sich insbesondere die Anwendung der 4-Rang-Methode bewährt (s. a. DGUV-I 209-015).
Regeln für die sichere Vorbereitung und Durchführung von Instandhaltungsarbeiten enthält TRBS 1112 "Instandhaltung". Schwerpunkt bei der Vorbereitung von Instandhaltungsarbeiten ist auch danach die Durchführung einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung und die Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
- Gefährdungen, die von dem instandzuhaltenden Arbeitsmittel ausgehen, z. B. Arbeitsstoffe, gefährliche Strahlung, frei zugängliche Maschinenteile, sich in Betrieb befindliche angrenzende Arbeitsmittel, Betriebs- und Schaltzustände;
- Gefährdungen durch die Instandhaltungsmaßnahme an der Arbeitsstelle, z. B. Absturzgefahren durch Bodenöffnungen, undefinierte Schaltzustände, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, eingesetzte Hilfsmittel (z. B. Krane);
- arbeitsorganisatorische Besonderheiten (z. B. Arbeiten in unbekannten Betriebsstrukturen, Zeitdruck).
Bei wiederkehrenden, gleichen oder ähnlichen Instandhaltungsarbeiten kann eine vorhandene Gefährdungsbeurteilung genutzt werden.
Der typische Ablauf von der Planung einer Instandhaltung bis zur Erprobung ist in einem Ablaufdiagramm in Anhang 1 TRBS 1112 dargestellt. Typische Gefährdungen bei Instandhaltungsarbeiten und die dazugehörigen Schutzmaßnahmen sind in Anhang 2 TRBS 1112 zusammengestellt.
Bestehen unterschiedliche Zuständigkeiten für Betrieb und Instandhaltung von Anlagen bzw. Arbeitsmitteln im Unternehmen hat sich in der Praxis bewährt, besondere Personen (Koordinatoren) zu beauftragen, welche die unmittelbare Verantwortung für die Verwendung (Betrieb) des Arbeitsmittels bzw. der Anlage tragen (Anlagenverantwortlicher) und solche, die die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Instandhaltungsarbeiten tragen (Arbeitsverantwortlicher).
Da Instandhaltungsarbeiten oft unter der Einbeziehung von Fremdfirmen durchgeführt werden, kommt außerdem der Abstimmung der Zusammenarbeit von Beschäftigten verschiedener Arbeitgeber eine besondere Bedeutung zu. In der Praxis hat sich bewährt, Aufsichtspersonen oder Koordinatoren zu bestellen, die die festgelegten Schutzmaßnahmen aufeinander abstimmen und überprüfen. Weiter ist sinnvoll, wenn sich die Arbeitgeber bezüglich der Benutzung von Persönlicher Schutzausrüstung, von Arbeitsmitteln oder -stoffen abstimmen.