Zusammenfassung
Isocyanate können aliphatische oder aromatische Verbindungen sein, handelsüblich sind Flüssigkeiten oder Pulver bzw. Flocken. Isocyanate mit einer Isocyanat-Gruppe werden als Monoisocyanate bezeichnet, mit 2 Gruppen als Diisocyanate. Monoisocyanate werden z. B. zur Herstellung von Pestiziden verwendet, Diisocyanate sind v. a. Ausgangsstoff zur Herstellung von Kunststoffen.
Es gelten folgende Regelungen:
- Gefahrstoffverordnung
- Betriebssicherheitsverordnung
- TRGS 430 "Isocyanate – Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen"
- TRGS 900 "Grenzwerte"
- DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen
- DGUV-I 213-078 "Polyurethane – Isocyanate"
- FBRCI-024 "Verpflichtende Schulungen bei Tätigkeiten mit Diisocyanat-haltigen Produkten – Handlungshilfe"
1 Einsatzgebiete
Die sehr flüchtigen Monoisocyanate werden z. B. zur Herstellung von Pestiziden verwendet.
Die weniger flüchtigen Diisocyanate – wichtigste Vertreter sind Toluoldiisocyanat (TDI) und Methylendiphenyldiisocyanat (MDI) – sind v. a. Ausgangsstoff zur Herstellung von Kunststoffen (Polyurethane, kurz: PU, PUR) als
- Schaumstoffe (Weich-, Hart-, Integral-, Isolierschaumstoffe),
- Montageschäume,
- Elastomere (Scheiben- und Karosserieklebstoffe, Fugendichtmassen),
- Lackrohstoffe,
- Beschichtungen,
- Fasern und
- Klebstoffe.
Isocyanate sind Ausgangsstoff für zahlreiche chemische Erzeugnisse, die breite Anwendung finden v. a. im Kraftfahrzeug- und Flugzeugbau, in der Möbel- und holzverarbeitenden Industrie sowie Metall- und Bauindustrie und im Bergbau. Auch in Gießereien und zur Textil- und Bekleidungsherstellung werden Produkte aus Isocyanaten eingesetzt.
Für bestimmte Diisocyanate gelten nach Anhang XVII Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) Verwendungsbeschränkungen bzw. -verbote.
2 Gefahren
Gefahren entstehen v. a. bei der Herstellung und Anwendung von Isocyanaten. Eine Aufnahme erfolgt hauptsächlich über die Atemwege durch Einatmen von isocyanathaltigen Dämpfen, Aerosolen und Staub. Auch eine mögliche Aufnahme über die Haut bzw. Hautkontakt v. a. in der Bauwirtschaft muss berücksichtigt werden. Mögliche Gesundheitsgefährdungen sind:
- reizt Augen, Atemwege (Husten, Atemnot, Schnupfen) und Haut, bis hin zu Hornhautschäden, Ekzem, Nesselsucht,
- kann sog. Isocyanat-Asthma auslösen: Hauptursache für berufsbedingte Atemwegserkrankungen sind Isocyanate, derartige Erkrankungen sind als Berufskrankheit anerkannt (BK Nr. 1315 Erkrankungen durch Isocyanate).
Für einige Isocyanate gibt es Hinweise auf Krebs erzeugende und keimzellmutagene Wirkungen, so sind z. B. MDI und TDI als krebserzeugend Kategorie 2 eingestuft (s. KMR-Liste).
Freisetzung von Isocyanaten
Isocyanate werden freigesetzt z. B. bei folgenden Tätigkeiten bzw. Anlässen:
- Schweißen PUR-lackierter oder PUR-beschichteter Metalle,
- Ein- oder Abbrennen von PUR-Lackschichten,
- Stahl- und Aluminiumgießen in MDI-gefestigte Sandkerne oder andere Formen,
- Schneiden von Hartschaumplatten,
- mechanischer Bearbeitung unter Hitzeeinwirkung von Isocyanat-verleimten Spanplatten,
- Anschleifen von PUR-Anstrichen,
- starkes Erhitzen und Verbrennen von stickstoffhaltigem Material, z. B. Bakelit, beschichtete Steinwolle,
- Lagerung oder mechanischer Bearbeitung nicht vollständig ausreagierter Polyurethanprodukte,
- Wohnungs- und Autobrände.
In Bhopal, Indien wurden 1984 unbeabsichtigt mehrere Tonnen Methylisocyanat freigesetzt. Dies war die bisher schlimmste Chemiekatastrophe, bis zu 10.000 Menschen wurden dabei getötet, über 300.000 Menschen wurden verletzt.
Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) existieren nur für Einzelverbindungen (sog. Monomere), für Polymere bzw. Gemische verschiedener Isocyanate dient Anhang 2 TRGS 430 als Grundlage, um die Gefährdung am Arbeitsplatz zu beurteilen (Bewertungsindex (BI), ELW, EBW). Der EU-Grenzwert beträgt ab 1.1.2029 6 Mikrogramm NCO/m³ (8 Stunden) bzw. 12 Mikrogramm NCO/m³ (kurzfristige Exposition), bis dahin gelten übergangsweise 10 bzw. 20 Mikrogramm NCO/m3 (Richtlinie (EU) 2024/869). Die NCO-Gruppe oder Isocyanatgruppe besteht aus einer Verbindung aus Stickstoff (N), Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O).
Beurteilung von Gemischen und Polymeren: ELW und EBW nach TRGS 430
Der Expositionsleitwert (ELW) ist ein Beurteilungsmaßstab für die Summenkonzentration aller reaktiver Isocyanat-Gruppen (Total concentration of Reactive Isocyanate Groups, kurz: TRIG), er beträgt 0,010 mg NCO/m³. Er ist auch bei komplexen isocyanathaltigen Gemischen oder Isocyanaten unklarer Identität anwendbar. Eine Einhaltung des ELW bedeutet immer, dass auch die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind. Die TRIG kann i. d. R. durch Messung der Diisocyanate und anschließende Umrechnung ermittelt werden (s. Anhang 2 A2.4 Abs. 2 TRGS 430).
Der Expositionsbeurteilungswert (EBW) dient zum Bewerten der inhalativen Gefährdung durch polymere Isocyanate bei Spritzapplikationen (Lacke, Klebstoffe). Er ist – unter Berücksichtigung des geringeren toxischen Potenzials polymerer Isocyanate im Vergleich zu monomeren Diisocyana...