In letzter Zeit sind einige Entscheidungen ergangen, die sich mit dieser Problematik befasst haben. Alle haben unisono betont, dass ohne eine Gefährdungsbeurteilung eine aufgabenbezogene Unterweisung nicht möglich ist (z. B. auch LAG Köln, Beschluss v. 3.5.2010, 2 TaBV 90/09; LAG Düsseldorf, Beschluss v. 22.6.2010, 16 TaBV 11/10; LAG Hessen, Beschluss v. 17.6.2010, 9 TaBV 247/09; LAG München, Beschluss v. 12.10.2010, 9 TaBV 39/10; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.10.2010, 21 TaBV 2/10).
Ganz aktuell hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsauffassung nochmals bestätigt (Beschluss v. 11.1.2011, 1 ABR 104/09): Das Erfordernis der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung als Grundlage der Regelung einer Unterweisung im Sinne des § 12 ArbSchG folge schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG umfasse die Unterweisung Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Damit werde klargestellt, dass die Unterweisung sich nicht in allgemeinen Fragestellungen des Arbeitsschutzes erschöpfen darf, sondern gerade die konkreten Gefährdungen zum Gegenstand haben muss, welchen die Arbeitnehmer an den jeweiligen Arbeitsplätzen im Einzelnen ausgesetzt sind. Und nochmals sehr deutlich: Wer diese Gefahren nicht kennt, kann über diese auch nicht im Rahmen der Unterweisung aufklären!
Keine Unterweisung ohne Gefährdungsbeurteilung
Arbeitgeber, die hier versuchen, ein "dünnes Brett zu bohren" und die nach § 12 ArbSchG notwendigen Unterweisungen auf Basis der im Betrieb bekannten Abläufe zu "erledigen", ohne vorher die als möglicherweise zu aufwendig eingeschätzten Gefährdungsbeurteilungen durchführen zu wollen, seien gewarnt. Rechtsprechung und Literatur sehen es als unabdingbar an, vor einer Unterweisung eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wenn sich diese auf Betriebsabläufe beziehen soll. Alles andere ist auch, praktisch betrachtet, wenig sinnvoll.
Im vorliegenden Fall hatte sich der Arbeitgeber zudem auf § 5 Abs. 3 Nr. 5 ArbSchG berufen, wonach eine Gefährdung auch auf einer unzureichenden Unterweisung der Beschäftigten beruhen kann. Das Gericht sagt dazu aber, dass eine solche unzureichende Unterweisung letztlich nur aus einer fehlenden Gefährdungsbeurteilung resultieren könne und wendet so das Argument gegen den Arbeitgeber.
Aber auch der Betriebsrat wird im vorliegenden Urteil gerüffelt: Der Umstand, dass bislang noch überhaupt keine Gefährdungsbeurteilungen stattgefunden hätten, veranlasst das Gericht dazu, die Frage in den Raum zu stellen, warum denn der Betriebsrat bislang tatenlos zugesehen habe, ohne von seinem Initiativrecht Gebrauch zu machen. Damit weist das Gericht auch dem Kollektivorgan eine wesentliche Verantwortung zu, wenn es darum geht, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu gewähren.