Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dipl.-Chem. Michael Rocker
Die in Abschn. 2 vorgestellte Theorie sollte als Basiswissen bei Tätigkeiten mit KSS vorhanden sein. Ein Scheitern bei der Planung und Ausführung von Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen an KSS-Arbeitsplätzen ist sehr wahrscheinlich, wenn nicht das Grundwissen und Verständnis dafür vorhanden ist, warum ein KSS so viele unterschiedliche Komponenten enthält.
In diesem Abschnitt wird die Anwendung des KSS in der Produktion betrachtet. Zu den dabei zu betrachtenden Komponenten zählen nicht nur Produktionsmittel wie Maschinen, Werkstoffe und Werkzeuge, sondern im Zentrum des Ganzen der Mensch. Der Maschinenbediener darf bei Planungen nicht vergessen werden. Dadurch können Schwierigkeiten vermieden werden. Die Zeiten des "Giftcocktail Kühlschmierstoffe" – wie eine Schwerpunktaktion der IG Metall vor über 20 Jahren hieß – sind vorbei (und werden heute von den damaligen Akteuren belächelt). Aber solche Aktionen haben auf allen Seiten den Sinn dafür geschärft, dass der wg-KSS mehr sein kann, als der Name "Bohrmilch" vorgaukelt.
Vor der Umsetzung der Aufgaben dieses zweiten Abschnittes, müssen einige allgemeine "Management"-Aufgaben erledigt werden. Es ist wichtig, zu wissen, dass das Konzept der Gefahrstoffverordnung eine tätigkeitsspezifische Behandlung fordert. Deshalb wird der Betrieb, wie auch in der TRGS 402 beschrieben, in "Arbeitsbereiche" aufgeteilt.
Die Basis (in Form einer Durchführungsanweisung mit "Vermutungswirkung") ist TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen". Zu beachten ist auch die TRGS 611 "Verwendungsbeschränkungen für wassermischbare bzw. wassergemischte Kühlschmierstoffe …".
3.1 Informationsermittlung: Inhaltsstoffe und deren Funktion, Tätigkeiten
Was müssen Sie nun alles an Information zusammentragen? Grundsätzlich alles, was der Beantwortung der Frage nach der Gefährdungshöhe dient. Der Umfang ist zu Beginn der Informationsermittlung oft schlecht zu überblicken. Deshalb sind Sie auf der sicheren Seite, wenn systematisch alle im Arbeitsbereich vorhandenen Produkte (= Stoffe und Zubereitungen, auch Werkstoffe!) in Form eines Arbeits- und Gefahrstoffverzeichnisses aufgelistet werden.
Denken Sie auch an "verfahrensbedingt entstehende" Gefahrstoffe. Beispiele hierfür sind Phosphin (bei der Sphärogussbearbeitung), N-Nitrosamine (aus Nitrit und sekundären Aminen), PAKs (Pyrolyseprodukte in nw-KSS), Formaldehyd (als Verunreinigung oder Zersetzungsprodukte von Bioziden auf Formaldehyddepot-Basis) und grundsätzlich Staub mit Partikeln in unterschiedlichster Größe bis in den Nanobereich (zum Thema ultrafeine Partikel (UFP) führt die BGHM diverse Forschungsvorhaben durch).
Diese Daten müssen anschließend mit betriebsspezifischen Informationen verknüpft werden. Zur Vorgehensweise eignet sich folgende Liste (mit Erläuterungen):