Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Wer außerhalb der Betriebsstätten des Unternehmens und ggf. allein seiner Arbeit nachgeht, muss in der Lage sein, mit den Risiken, die diese Arbeit mit sich bringt, selbstständig umzugehen. Er soll sich außerdem so verhalten, dass die Arbeit sicher und gesundheitsschonend abläuft. Die Regelungsverantwortung des Arbeitgebers in Sachen Arbeitsschutz endet aber nicht am Werkstor, auch wenn seine Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen und zur Durchsetzung von Sicherheitsregeln im Außendienst naturgemäß eingeschränkt sind. Für Tätigkeiten im Außendienst gelten keine geringeren Sicherheitsstandards – sie müssen aber verglichen mit den internen Vorgaben u. U. anders definiert, kommuniziert und umgesetzt werden. Der folgende Beitrag hat als Schwerpunkt den technischen Außendienst, also praktische Montage- oder Servicearbeiten bei Kundenunternehmen oder Endverbrauchern.
Kundenservice im Außendienst ist, wenn er von angestellt Beschäftigten ausgeübt wird, eine versicherte Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Dafür gelten alle staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorgaben, wie das Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzgesetz, die DGUV Vorschrift 1 und das Arbeitszeitgesetz. Allerdings gelten diese Vorgaben nur soweit, wie die darin fixierten Sachverhalte auf die Arbeitssituation im Außendienst zutreffen.
Spezifische Informationen gibt es für einzelne Arbeitssituationen, wie z. B. Fahrzeugeinsatz, Transport, Verwendung von Leitern und bestimmte Montagearbeiten, aber nicht für den Kundendiensteinsatz als solchen.
1 Arbeitsschutzorganisation für den Außendienst
Rechtlich gesehen ist der Arbeitgeber für sichere und gesundheitsschonende Arbeitsbedingungen seiner Außendienstmitarbeiter genauso zuständig, wie das in den eigenen Betriebsstätten der Fall ist. Dieser Verantwortung kann und muss der Arbeitgeber nachkommen, auch wenn er die genauen Arbeitsbedingungen, auf die seine Außendienstmitarbeiter vor Ort treffen, nicht genau kennen und nur teilweise beeinflussen kann. Dazu muss die Sicherheitsorganisation situationsbedingt an den technischen Außendienst angepasst werden.
1.1 Gefährdungsbeurteilung
Die Bedingungen, unter denen ein technischer Außendienstmitarbeiter vor Ort tätig ist, können vom Arbeitgeber nicht in dem Maße bestimmt und gestaltet werden, wie das innerhalb einer eigenen Betriebsstätte möglich ist. Trotzdem muss der Arbeitgeber diese möglichen Gefährdungen in seiner Gefährdungsbeurteilung für den technischen Außendienst so weit wie möglich berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen vorsehen.
Typische Gefährdungen im technischen Außendienst können entstehen durch:
- Fahrzeugeinsatz, Ladungssicherung,
- Teilnahme am Straßenverkehr,
- manuellen Transport von Lasten,
- kritische Bedingungen am Einsatzort, wie z. B. Witterungsbedingungen, ungünstige räumliche Situation, Unordnung, Schmutz, fehlende sanitäre Einrichtungen usw.,
- Alleinarbeit,
- Risiken durch Arbeitsprozesse, die vor Ort durchgeführt werden,
- Einsatz von Leitern,
- unklare oder nicht hinreichend sichere Erstversorgung nach Unfällen sowie
- ggf. spezifische Risiken der durchgeführten Tätigkeit.
Diese sind (soweit zutreffend) in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Weil die genauen Arbeitsbedingungen in den Kundenbetrieben bzw. bei Endverbrauchern bei Erstellung der Gefährdungsbeurteilung nicht bekannt sind, ist eine erhöhte Selbstverantwortung des Außendienstmitarbeiters bei der Beurteilung der Lage vor Ort unerlässlich. Diese ist durch Sachkenntnis, Erfahrung und die Vermittlung eines angemessenen Sicherheitsbewusstseins zu fördern, z. B. durch
- Unterweisung (s. Abschn. 1.2),
- Anleitung durch Führungskräfte bzw. im Team,
- regelmäßigen Austausch und Rücksprache zu kritischen Einsatzsituationen (s. Abschn. 1.4).
Gefährdungsbeurteilungen von Einsatzstellen einsehen
In bestimmten Einsatzsituationen ist das Unfallrisiko von Beschäftigten, die an betriebsfremden Arbeitsplätzen eingesetzt werden, bekanntermaßen erhöht, so z. B. für Zeitarbeitnehmer in wechselnden Einsatzstellen und für Praktikanten im Rahmen von berufsfördernden Maßnahmen. In der Folge dringen die Unfallversicherungsträger darauf, dass der Arbeitgeber nicht nur eine eigene Gefährdungsbeurteilung erstellt, sondern auch die des Einsatzunternehmens einfordert und zur Kenntnis nimmt (so z. B. in DGUV-R 115-801 "Branche Zeitarbeit").
Vereinzelt treten solche Anforderungen auch im technischen Außendienst auf.
Grundsätzlich ist es sicher förderlich, wenn Unternehmen ihre Gefährdungsbeurteilungen Fremdunternehmen zugänglich machen, insbesondere dann, wenn der Einsatz von Fremdfirmenmitarbeitern mit spezifischen Risiken einhergeht. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass ein Unternehmen, das technischen Außendienst durchführt, daraus einen Regelprozess ableiten kann. In vielen Bereichen der Arbeitswelt wird man auf Kundenunternehmen treffen, die keine aktuelle und hinreichend dokumentierte Gefährdungsbeurteilung führen oder die diese nicht extern veröffentlichen wollen. Zwar sind...