Im Folgenden werden mögliche Vorgehensweisen bei der Auslegung von Räumen nach den Kriterien der TRLV genauer erläutert.
5.1 Kriterium des mittleren Schallabsorptionsgrades
Um für einen auszustattenden Raum die notwendige Menge an schallabsorbierendem Material zur Erfüllung des Kriteriums α ≥ 0,3 zu berechnen, kann auf verschiedene Weisen vorgegangen werden. Z. B. kann man den Sollwert von α = 0,3 für den mittleren Schallabsorptionsgrad ansetzen, um daraus die äquivalente Soll-Absorptionsfläche zu erhalten:
Nun kann die aktuell vorhandene äquivalente Absorptionsfläche bestimmt werden:
Hierzu kann z. B. die Tabelle der mittleren Schallabsorptionsgrade aus den TRLV zu Hilfe genommen werden. Die Differenz von Asoll und Aist geteilt durch den Absorptionsgrad des in Betracht gezogenen Absorptionsmaterials ergibt dann die zusätzlich benötigte Fläche an Absorptionsmaterial:
Alternativ kann die aktuell vorhandene äquivalente Absorptionsfläche auch aus einer Nachhallzeitenmessung bestimmt werden. Hierzu wird die aktuell vorhandene Absorptionsfläche anhand der Sabine'schen Formel
bestimmt. Die restliche Rechnung verläuft analog.
Diese Rechnung muss für jedes der Oktavbänder mit Mittenfrequenzen 500, 1.000, 2.000 und 4.000 Hz durchgeführt werden und dann die größte ermittelte zusätzliche Fläche an Absorptionsmaterial in dem Raum installiert werden. Häufig ergibt sich diese Fläche aus der Rechnung der tiefsten betrachteten Frequenz, d. h. der 500-Hz-Oktave.
5.2 Kriterium der Schallpegelabnahme je Abstandsverdopplung
Die hierfür erforderlichen Rechnungen sind zu kompliziert, um sie per Hand durchzuführen. Wenn dieses Kriterium zur raumakustischen Auslegung eines Raumes benutzt wird, sollte ein Rechenprogramm für die Auswertung herangezogen werden (s. Abschn. 5.3). Dieses kann die benötigten Schallausbreitungskurven und ggf. auch Schallpegelverteilungen im Raum berechnen. Hierfür müssen die Raumabmessungen, die Absorptionsgrade der Raumbegrenzungsflächen und die Position(en) der Schallquelle(n) eingegeben werden. Durch Berechnung von DL2,TRLV für verschiedene Mengen an eingebrachtem Absorptionsmaterial kann die real benötigte Menge schrittweise angenähert werden.
Lärmminderung in einer KFZ-Lehrwerkstatt
In einer KFZ-Lehrwerkstatt wurden an 3 Motorenprüfständen Probeläufe von Motoren durchgeführt. Da alle Raumbegrenzungsflächen aus Beton oder Mauerwerk bestanden und entsprechend schallhart waren, kam es in Kombination mit den lauten Schallquellen zu Schalldruckpegeln von rund 103 dB(A) im Raum. Da es sich um eine Lehrwerkstatt handelte und dementsprechend während des Betriebes Erklärungen und Anweisungen erteilt werden mussten, war eine Ausstattung des Raumes mit geeigneten Schallschutzmaßnahmen unumgänglich.
Die Raumgröße betrug 18 x 6 x 3,5 m3 (L * B * H) und der mittlere Schallabsorptionsgrad in den Oktavbändern zwischen 500 und 4.000 Hz lag zwischen 0,07 und 0,11. Aufgrund der geringen Größe des Raumes sind raumakustische Maßnahmen sehr effektiv. Durch eine Ausstattung der Decke mit schallabsorbierendem Material hätte man bereits die Vorgaben der TRLV bezüglich der mittleren Schallabsorption (≥ 0,3) erfüllen können. Hier wurde für die Decke ein Aufbau aus Stahltrapezblech mit hinterlegter Mineralwolle gewählt.
Um die Lehrsituation möglichst optimal zu gestalten, wurden in diesem Fall die Wände zusätzlich mit durch Lochziegel und Folie geschützter Mineralwolle verkleidet. Außerdem wurden zwischen den einzelnen Prüfständen schallabsorbierende, mobile Abschirmwände aufgestellt, wodurch die Schalleinwirkung von den benachbarten Prüfständen weiter reduziert werden konnte. Abb. 13 zeigt eine Ansicht der Situation nach dem Umbau. Die Maßnahmen führten zu einer Steigerung des mittleren Schallabsorptionsgrades in den einzelnen Oktavbändern zwischen 500 und 4.000 Hz auf Werte zwischen 0,54 und 0,65. Damit wurde der Schalldruckpegel in der Nähe der Prüfstände um 6 dB(A), in einem Abstand von ca. 3 m sogar um 12 dB(A) reduziert.
Prognosen nach VDI 3760 ergaben, dass die schallabsorbierende Decke alleine (mit der die Vorgaben der TRLV erfüllt gewesen wären) zu Pegelminderungen von ca. 3 dB(A) in Maschinennähe und ca. 6 dB(A) in größerer Entfernung geführt hätte.
Abb. 13: KFZ-Lehrwerkstatt mit mehreren Motorenprüfständen nach Durchführung von raumakustischen Maßnahmen. Die Decke ist schallabsorbierend ausgekleidet, ebenso die Wände, die mit Lochziegeln als mechanischem Schutz verkleidet sind. Die einzelnen Prüfstände sind durch mobile Trennwände voneinander separiert.
5.3 Prognose der Lärmminderung
Zur Erstellung von Lärmminderungsprognosen durch raumakustische Maßnahmen sind heutzutage verschiedene Softwarelösungen verfügbar. Diese Programme beherrschen meist sowohl Strahlverfolgungsmodelle wie auch Teilchenmodelle.
Das Verfahren nach VDI 3760 hat sich in der Praxis bewährt. Die Berechnung der Schallausbreitung und der Schalldruckpegelverteilung im Raum nach VDI 3760 basiert auf dem sog. Spiegelquellenverfahren, einem Strahlverfolgungsmodell. Dabei wird die Schallausbreitung mithilfe von Spiegelungen an den Raumbegrenzungsflächen und mit einer ...