Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung. Arbeitsschutz. Mitbestimmung des Betriebsrats bei Regelungen nach § 13 Abs. 2 ArbSchG
Leitsatz (amtlich)
Beauftragt der Arbeitgeber gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG Personen aus dem externen Bereich, die die an sich ihm obliegenden Aufgaben nach dem Arbeitsschutzggesetz in eigener Verantwortung wahrnehmen, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG § 13 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Nienburg (Beschluss vom 28.06.2007; Aktenzeichen 3 BV 2/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nienburg vom 28.06.2007, Az 3 BV 2/07, wird der Beschluss wie folgt neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt.
- Der Beteiligten zu 2) wird untersagt, externe Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen zu beauftragen, ohne hierzu die Zustimmung des Antragstellers oder die Ersetzung der Zustimmung durch die Einigungsstelle zuvor eingeholt zu haben.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist der in der Niederlassung A-Stadt der Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Er begehrt die Feststellung, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) der Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterliegt, und darüber hinaus, der Beteiligten zu 2) zu untersagen, Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen zu beauftragen, ohne zuvor die Zustimmung des Betriebsrates hierzu eingeholt zu haben.
Zwischen den Betriebsparteien wurde mit Spruch der Einigungsstelle vom 16.12.2005 eine Betriebsvereinbarung zur Regelung einer Gefährdungsbeurteilung im Bereich Logistik der Arbeitgeberin beschlossen.
In Ziffer 4) der Betriebsvereinbarung ist eine Verpflichtung der Arbeitgeberin geregelt, Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen im Bereich Logistik. Die hierzu erforderliche Unterweisung der Beschäftigten soll gemäß Ziffer 3.2. der Betriebsvereinbarung durch diejenigen Personen erfolgen, die die Gefährdungsbeurteilung durchführen.
Wegen des Inhalts der Betriebsvereinbarung im Übrigen nebst Anlagen wird auf diese (Bl. 8 bis 20 d.A.) verwiesen.
Durch Anschreiben der Arbeitgeberin vom 23.07.06 wurde der Betriebsrat unterrichtet, dass die Entscheidung getroffen sei, dass die Gefährdungsbeurteilungen wie auch die dazugehörigen Unterweisungen durch die Firma IAS vorgenommen werden sollen. Diese Firma war bereits beauftragt, die betriebsärztlichen Untersuchungen durchzuführen. Zuletzt mit Schreiben vom 06.09.06 reklamierte der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Übertragung der Aufgaben in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen. Mit Anschreiben vom 12.09.2006 hat die Arbeitgeberin sodann gegenüber dem Betriebsrat unter anderem ausgeführt:
Den Ausführungen zur Beteiligung des Betriebsrates nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz schließen wird uns nicht an. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass das eine Mitbestimmung des Betriebsrates gegeben ist.
Die nachfolgende anwaltliche Korrespondenz hat zu keinem anderen Ergebnis geführt.
Zwischenzeitlich hat die Firma IAS die Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen im Bereich Logistik durchgeführt, ohne dass der Betriebsrat hierzu seine Zustimmung gegeben hat. Tatsächlich wurde die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt von zwei Mitarbeiterinnen der Firma IAS, die als Betriebsärztinnen für die Arbeitgeberin im Betrieb tätig sind. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilungen erhielt der Betriebsrat nach Fertigstellung der Beurteilung Anfang des Jahres 2007.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Übertragung der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung wie auch der Unterweisungen seinem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 13 Abs. 2 ArbSchG unterliege. Die Betriebsvereinbarung, die durch Spruch der Einigungsstelle zusammen gekommen sei, enthalte keine abschließende Regelung in Bezug auf die Beauftragung von externen Personen als zuverlässige und fachkundige Personen. Dem Arbeitgeber sei es gemäß § 13 ArbSchG überlassen, welche personelle Organisation er im Gesundheitsschutz aufbaue, wobei er entsprechende Handlungsspielräume habe. Soweit er diese nutze, sei das umfassende Mitbestimmungsrecht bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften über die Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gegeben.
Bei den beiden Betriebsärztinnen, die die Gefährdungsbeurteilungen erstellt hätten, sei ein Nachweis für die...