Zusammenfassung
Eine Last Minute Risk Analysis (LMRA) ist eine, die gängige Gefährdungsbeurteilung ergänzende, Gefährdungsbeurteilung vor Ort. Sie wird in knapper Form unmittelbar vor Beginn einer Tätigkeit/Arbeitsbeginn vor Ort – also am Arbeitsplatz – durchgeführt und kurz dokumentiert. Eine LMRA soll von den mit der Tätigkeit beauftragten Mitarbeitern oder der vor Ort tätigen Führungskraft (dem direkten Vorgesetzten), dann aber mit Beteiligung der Mitarbeiter vor Ort, erstellt und schriftlich festgehalten werden. Weitgehend synonym zu Last Minute Risk Analysis wird die Bezeichnung Last Minute Risk Assessment verwendet. Durch eine LMRA sollen v. a. die Sensibilität der vor Ort Tätigen für die Gefährdungen am Arbeitsplatz, die vorgesehenen Schutzmaßnahmen und das Bewusstsein zur Risikobewertung und Risikominderung der ausführenden Personen erhöht werden.
1 Kennzeichen einer LMRA
Wesentliche Kennzeichen einer LMRA sind:
- empfiehlt sich für gefährliche oder selten ausgeführte Tätigkeiten,
- Ergänzung der gängigen Gefährdungsbeurteilung,
- soll direkt vor Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt werden,
- kurze (knappe) Form der Durchführung,
- Betrachtung der Situation am Arbeitsplatz und der Gefährdungen am Arbeitsplatz,
- Durchführung durch die mit der Tätigkeit beauftragten Mitarbeiter oder Beteiligung der Mitarbeiter vor Ort,
- sie soll von vor Ort tätigen Mitarbeitern, die für die Durchführung qualifiziert wurden, durchgeführt werden,
- sie soll die Gefährdungen und vorgesehene Schutzmaßnahmen ins Gedächtnis rufen und das Bewusstsein zur Risikobewertung und Risikominderung der ausführenden Personen verbessern.
2 Erfordernis einer LMRA
Der Gesetzgeber verlangt v. a. in § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) von jedem Unternehmen wirksame Gefährdungsbeurteilungen.
Die Wirksamkeit einer Gefährdungsbeurteilung hängt entscheidend davon ab, ob die erkannten Gefährdungen auch vor Ort bekannt sind und die festgelegten Präventionsmaßnahmen für die handelnden Akteure (Vorgesetzte und Mitarbeiter) handlungsrelevant sind. Beides lässt sich in der betrieblichen Praxis durch einen regelmäßigen Sicherheitsdialog (Einbeziehung der Mitarbeiter bei der Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen etc.) weitgehend erreichen.
Bei Tätigkeiten mit gleichbleibenden Gefährdungssituationen sind die gängigen Gefährdungsbeurteilungen ausreichend. Bei Arbeiten mit besonderen Gefährdungen oder wechselnden Gefährdungssituationen (z. B. Montage-, Instandhaltungs- und Bauarbeiten) sowie bei Aufträgen, bei denen Mitarbeiter mehrerer Unternehmen in einem Arbeitsbereich tätig sind, sollte jedoch vor Ort situationsabhängig eine kurze (zusätzliche oder ergänzende) Gefährdungsbeurteilung – z. B. in Form einer Last Minute Risk Analysis – durchgeführt werden.
3 LMRA: ein Werkzeug zur Vor-Ort-Gefährdungsanalyse
3.1 Intention der LMRA
Ein kurzer Check vor Aufnahme einer Tätigkeit ist die letzte Chance, Risiken zu erkennen, geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und sich der möglichen Restrisiken bewusst zu werden. Die LMRA ist ein Werkzeug dafür, das sich in der Praxis bewährt hat.
Ziele der Last Minute Risk Analysis sind:
- Ergänzung der gängigen (vorliegenden) Gefährdungsbeurteilung durch eine Betrachtung der Situation am Arbeitsplatz und der Gefährdungen am Arbeitsplatz.
- Eine strukturierte Auseinandersetzung mit den vor Ort vorhandenen bzw. zu erwartenden Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltrisiken wird in die betriebliche Routine der Ausführung von Aufträgen eingebunden – Sensibilisierung der mit der Aufgabe beauftragten Mitarbeitenden für Risikoerkennung, die Risikobewertung und Risikominderung.
- Reduzierung des Gefährdungspotenzials: Die mit der Ausführung einer Aufgabe beauftragten Mitarbeiter sollen unmittelbar vor Arbeitsbeginn prüfen, ob alle Gefährdungen erkannt und geeignete Präventionsmaßnahmen festgelegt und ergriffen wurden sowie ob sie in der Lage sind, die Tätigkeit sicher auszuführen oder ob noch Handlungsbedarf besteht. Wenn noch Handlungsbedarf besteht, darf die Arbeit vor der Klärung nicht begonnen werden.
- Förderung des Bewusstseins der Mitarbeiter zur eigenen Wahrnehmung, Bewertung und Minderung von Gefährdungen (Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltrisiken).
- Stärkung der Eigenverantwortung der Mitarbeiter: Durch die mit seiner Beteiligung erstellte LMRA hat der Beschäftigte eine "Hilfe" anhand der er entscheiden kann, ob sich die beauftragte Tätigkeit sehr wahrscheinlich sicher ausführen lässt oder ob vorab weitere Präventionsmaßnahmen ergriffen werden müssen.
- Verbesserung der Wirksamkeit der Gefährdungsbeurteilungen.
3.2 Konzept
Immer schon ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, vor Aufnahme einer Tätigkeit zu prüfen, ob man diese auch sicher durchführen kann. Bei manchen z. B. seltener auszuführenden oder gefährlicheren Tätigkeiten sowie zur Verbesserung der Risikowahrnehmung und des Sicherheitsbewusstseins ist es besonders wichtig, diese Selbstverständlichkeit zu beachten. Dies heißt, von jedem eigenen Mitarbeiter und von den Mitarbeitern der Partnerbetriebe zu verlangen, einen solchen "Check" wirklich durchzuführen. Dafür sind konzeptionelle Festlegun...