Dipl.-Ing. (FH) Petra Liebsch
Unfälle mit Leitern werden zu 95 % und mehr durch das Verhalten des Leiterbenutzers verursacht. Wesentliche Ursachen für Abstürze von oder mit einer Leiter sind erfahrungsgemäß:
- Verwenden einer ungeeigneten Leiter,
- nicht bestimmungsgemäße Verwendung einer Leiter,
- Verwendung einer beschädigten Leiter (z. B. mit verbogenen unteren Holmenden),
- Aufstellen einer Leiter auf einer ungeeigneten Aufstellfläche,
- Anlehnen einer Leiter an eine ungeeignete Anlehnfläche,
- Bewegungen auf der Leiter, wie Auf- und Absteigen, Drehen auf Sprosse, Stufe, Plattform,
- Körperhaltung auf der Leiter, insbesondere zu weites seitliches Hinauslehnen,
- mangelnde Aufmerksamkeit auf der Leiter,
- Durchführen von Arbeiten größeren Umfangs bzw. mit größeren Kräften.
Die aufgeführten Fehler stellen Verstöße gegen die BetrSichV dar. Daraus ergeben sich Pflichten für Unternehmer und Leiterbenutzer (Tab. 1).
Pflichten für |
Unternehmer |
Leiterbenutzer |
geeignete Leitern bereitstellen |
geeignete Leitern nur bestimmungsgemäß verwenden |
schadhafte Leitern sachgerecht reparieren oder ausmustern |
schadhafte Leitern nicht verwenden, Mängel melden |
von Leitern auszuführende Arbeiten einschränken |
nur Arbeiten geringen Umfangs von Leitern ausführen |
Leiterbenutzer über den sicheren Umgang mit der Leiter unterweisen |
erworbene Informationen über die sichere Benutzung von Leitern anwenden |
Tab. 1: Pflichten beim Umgang mit Leitern
Um die aufgezeigten Pflichten verantwortungsvoll erfüllen zu können, ist eine ausreichende Sachkenntnis erforderlich. Hilfen beim Erwerb der Sachkenntnis bieten dem Unternehmer
- die innerbetriebliche Sicherheitsorganisation (Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte),
- die Technischen Aufsichtsbeamten/Aufsichtspersonen der zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften und Unfallkassen),
- Leiterhersteller,
- unabhängige Schulungseinrichtungen (z. B. IHK) sowie Sachverständige auf dem Gebiet der Steigtechnik (Tritte, Leitern, fahrbare Arbeitsbühnen).
Die innerbetrieblichen Stellen haben Kenntnisse vom Unfallgeschehen mit Leitern, dem Zustand, den Einsatzbedingungen und dem Bedarf an Leitern im Betrieb. Sie beraten den Unternehmer bei der Beschaffung, dem Einsatz und der Instandhaltung sowie der Ausmusterung von Leitern.
Die Technischen Aufsichtsbeamten/Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger kennen das Angebot von Informationsmaterial über Leitern. Sie beraten den Unternehmer in Fragen der Durchführung von Schulungen innerhalb und außerhalb der Betriebsstätten. Sie stellen Informationsmaterial, z. B. Merkblätter, Broschüren, Plakate zur Verfügung.
Die Hersteller von Aufstiegen bieten Leitern verschiedener Bauarten und Qualitäten an. Sie beraten über die Eignung der Produkte für die im Betrieb gestellten Anforderungen.
Seminar "Befähigte Person"
Namhafte Hersteller von Leitern, unabhängige Schulungseinrichtungen (z. B. IHK) sowie Sachverständige auf dem Gebiet der Steigtechnik bieten i. d. R. eintägige Ausbildungsseminare über Leitern und Tritte, meist auch fahrbare Arbeitsbühnen an. An praxisnahen Beispielen vermitteln sie den sachgerechten Umgang mit diesen Aufstiegen. Im Rahmen der Seminare führen sie in die spezifischen Regelwerke, insbesondere die BetrSichV mit der TRBS 2121 Teil 2 und die Normen EN 131 "Leitern", EN 14183 "Tritte" und ggf. die DGUV-V 38 und EN 1004 "Fahrbare Arbeitsbühnen" ein. Die erlangte Sachkunde ("befähigte Person") wird den Seminarteilnehmern schriftlich bestätigt.
Teilnehmer, die gemäß § 2 Abs. 6 BetrSichV "durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit" die praktischen Voraussetzungen mitbringen und dieses Seminar besuchen, erfüllen alle Anforderungen an die "Befähigte Person".