Lüftungsmaßnahmen können im Explosionsschutz als Maßnahme des primären Explosionsschutzes, also zur Verhinderung der Entstehung von explosionsfähiger Atmosphäre, dienen. Durch eine angemessene Luftwechselzahl kann die Konzentration des brennbaren Stoffes unter die Untere Explosionsgrenze (UEG) gesenkt werden. Dabei sind mehrere Dinge von Bedeutung:
- Die Lüftungseinrichtung darf keine Zündquelle darstellen (Gerätebeschaffenheit nach RL 2014/34/EU).
- In staubexplosionsgefährdeten Bereichen sind Ablagerungen innerhalb der Lüftung sowie elektrostatische Aufladung durch Partikel im Luftstrom zu vermeiden.
- Die Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Lüftung muss gewährleistet sein.
Im Explosionsschutz kann die Lüftung auch mit anderen Schutzeinrichtungen, z. B. Gaswarngeräten oder -anlagen gekoppelt werden.
Auch hier lassen sich rechnerische Abschätzungen durchführen, die jedoch – anders als im Hinblick auf inhalative Schadstoffexposition – in erster Linie nicht auf eine Einhaltung bzw. Unterschreitung des AGW abzielen, sondern auf eine sichere Unterschreitung der UEG.
3.1 Bewertung der Luftwechselzahl im Explosionsschutz
Bewertung der Luftwechselzahl
In einem Raum mit Raumvolumen = 10 m³ wird Ethan in Gasflaschen gelagert. Es soll ermittelt werden, ob der in TRGS 510 mind. geforderte 2-fache Luftwechsel ausreicht, um explosionsfähige Atmosphäre zu verhindern, wenn eine Flasche über 5 Stunden ihren Inhalt mit ~ 100 l/h verliert.
Die UEG von Ethan liegt bei 2,4 Vol.-% bzw. 31 g/m³.
Hier kommt ein verbessertes Rechenmodell zum Einsatz, das die zeitliche Komponente berücksichtigt.
Es gilt:
Zudem gilt:
wobei t1–t0 der Zeitraum der Berechnung in Stunden ist.
Die Konzentration nach 5 Stunden beträgt also:
Folglich ist die untere Explosionsgrenze sicher unterschritten.
Auch hierbei handelt es sich nur um eine rechnerische Abschätzung.
Die letztendliche Wirksamkeit von Lüftungsanlagen muss im Zweifelsfall durch messtechnische Verfahren (z. B. Tracergas) bestimmt werden!
Nach konstanter Freisetzung der Gasmenge würde nach den 5 Stunden der Freisetzung eine stetige Abnahme der Ethankonzentration einsetzen. Da hierbei zu Beginn eine stationäre Schadstoffkonzentration vorhanden ist, lässt sich durch die Formel
der Verlauf der Schadstoffkonzentration darstellen bzw. die Konzentration nach einer beliebigen Zeit berechnen.
Mengenabschätzung
Lüftungsmaßnahmen können als Explosionsschutzmaßnahme nur verwendet werden, wenn die Menge der entstehenden explosionsfähigen Atmosphäre bekannt ist bzw. sicher abgeschätzt werden kann. Sind diese Parameter nicht bekannt, kann die Lüftung bzw. die erforderliche Luftwechselzahl nicht sicher dimensioniert werden!
Projektierung
Die Projektierung von lüftungstechnischen Maßnahmen, speziell im Bereich der Gefahrstoffe oder des Explosionsschutzes, sollte aufgrund der teils komplexen Berechnungen Fachpersonal vorbehalten bleiben, um Lüftungsmaßnahmen als sichere Schutzmaßnahme einsetzen zu können. Dennoch können rechnerische Verfahren für eine schnelle Abschätzung verwendet werden.