Zusammenfassung
Trotz vielfältiger Anstrengungen der Unternehmen zur Reduzierung von Unfallereignissen und Gesundheitsgefährdungen bleiben diese häufig gleichsam in Wiederholungsschleifen stecken, ohne einen nachhaltigen Fortschritt zu erzielen. Im Folgenden werden verschiedene Interventions- und Beratungsansätze dargestellt, mit deren Hilfe Nachhaltigkeit und eine langfristig positive Wirkung für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit unterstützt und gefestigt werden können.
1 Ganzheitlicher Arbeitsschutz
Ein ganzheitliches Verständnis für Sicherheit und Gesunderhaltung bei der Arbeit ist ein erster maßgeblicher Schritt. Die DGUV vermittelt in ihrem Sifa-Ausbildungsgang das Leitbild eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes. Es richtet den Fokus auf alle Ebenen des Menschen: die physischen, psychischen, mentalen und sozialen. Ebenso werden Aspekte wie Arbeitssystemgestaltung, integriertes Managementsystem oder Beteiligung der Betroffenen erfasst.
Im Sinne der DGUV ist der "Arbeitsschutz kein zusätzliches betriebliches Aufgabenfeld, sondern ... integraler Bestandteil aller betrieblichen Aufgaben und Funktionen. Es handelt sich um ein ethisches, humanitäres, betriebswirtschaftliches und ökologisches Grundanliegen". Es geht darum, welchen Werten, Überzeugungen, Zielen und gesellschaftlichen Anforderungen sich die Unternehmen verpflichtet fühlen. Gibt es die Bereitschaft, eine Führungskultur zu etablieren, die Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter herausbildet? Oder sind eher Markterfordernisse, Wettbewerbsdruck, ökonomische Zwänge die leitenden Motive? Antworten auf diese Grundüberlegungen prägen die Nachhaltigkeit.
2 Vision Zero
Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes bildet die Prävention einen strategischen Kern. Die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland (DGUV) hat schon 2008 mit ihrer Präventionsstrategie ein klares Ziel formuliert: "Die Arbeits- und Lebenswelten sind so zu gestalten, dass niemand mehr getötet oder so schwer verletzt wird oder beruflich bedingt erkrankt, dass ein Schaden entsteht." Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) startete auf dem Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Singapur 2017 eine Präventionskampagne mit globalem Ansatz. Die IVSS bietet den angeschlossenen Unternehmen, Verbänden, Partnerorganisationen und Arbeitsschutztrainern vielfältige Materialien an, wie den Leitfaden zu den "7 goldenen Regeln", Erklärvideos, ein Konzept für Vision-Zero-Seminare oder die Beschreibung von Best-Practice-Beispielen. Besonders die "7 goldenen Regel für Gesundheit und Arbeit ohne Unfälle" sollen die Betriebe weltweit dazu anregen, einen nachhaltigen Erfolg im Arbeitsschutz zu generieren.
7 goldene Regeln für Gesundheit und Arbeit ohne Unfälle
- Leben Sie Führung – zeigen Sie Flagge!
- Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!
- Ziele definieren – Programm aufstellen!
- Gut organisiert – mit System!
- Maschinen, Technik, Anlagen – sicher und gesund!
- Wissen schafft Sicherheit!
- In Menschen investieren – Motivieren durch Beteiligung!
Mit "Vision Zero" wird ein dreidimensionaler Präventionsansatz verfolgt. Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit sollen auf allen betrieblichen Ebenen integriert werden, wobei weder der spezielle Arbeitsplatz, noch die Branche, noch regionale Gegebenheiten dabei eine einschränkende Rolle spielen. In die Entwicklung des Leitfadens sind die Erfahrungen einer Vielzahl betrieblicher Akteure, Präventionsexperten, Aufsichtspersonen und Arbeitnehmervertreter eingegangen. Jeder goldenen Regel sind zentrale betriebliche Handlungsfelder zugeordnet, innerhalb derer man mithilfe praktischer Checklisten rasch ermitteln kann, welche Bereiche im Unternehmen bereits gut entwickelt sind oder wo entsprechende Defizite bestehen. So erhält man Transparenz und kann mit passgenauen Maßnahmen eine nachhaltige Weiterentwicklung der Kultur forcieren.
3 Prävention 4.0
Unsere Wirtschaftswelt befindet sich in einer starken Transformationsphase. Die rasante Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI), die Fortschritte der IT- und Kommunikationstechnologie führen in der Industrie mit intelligenten Fertigungssystemen (IMS) und umfassender Vernetzung aller betrieblichen Prozesse (Cyber-physische Systeme) zu enormen Veränderungen der Arbeit. Das vom Institut für Arbeitsschutz (IFA) entwickelte Risikoobservatorium veranschaulicht die Herausforderungen dieser Digitalisierung der Arbeitswelt (kurz Arbeiten 4.0). Es wird aufgezeigt, dass der digitale Wandel vielfältige Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit hat und nicht nur verwaltende oder prod...