Prof. Dr. Rainer von Kiparski †, Dipl.-Ing. Thomas Bosselmann †
3.1 Mittel gegen die Angst
Nadelstichverletzungen sind (wie oben erwähnt) häufig. Aber auch wenn eine nicht zu vernachlässigende Gefahr für Infektionen in der Folge besteht, muss festgehalten werden, dass Infektionen in Zeiten der Schutzimpfung gegen das Hepatitis-B-Virus relativ selten sind.
Betroffene, die Angst vor Infektionen haben, werden ihre Verletzung in jedem Fall melden bzw. im Verbandsbuch oder Meldeblock dokumentieren. Trotz der dann sehr guten Prognose – sofortige postexpositionelle Therapie bzw. frühzeitige Behandlung einer Infektion begrenzen die Folgen der Nadelstichverletzung – bleiben aber bis zum endgültigen Ausschluss einer Infektion Ängste bestehen.
Ängste nach Nadelstichverletzungen aber auch Ängste vor Nadelstichverletzungen, lassen sich in erster Linie durch eine Aufklärung der Beschäftigten über die tatsächlichen Risiken minimieren. Dies sollte Bestandteil der Risikokultur sein: In einer echten Risikokultur muss nicht nur über Sicherheit gesprochen werden, sondern es muss ebenso auch über die Schaden- bzw. Fehlererwartung gesprochen werden. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch zu akzeptieren, dass Schäden überhaupt eintreten können. Im Falle einer Nadelstichverletzung bedeutet das zu akzeptieren, dass derartige Verletzungen jeden im Gesundheitsdienst betreffen können. Aufklärung über Risiken, Schutzmaßnahmen und Verhaltensmaßnahmen im Falle einer derartigen Verletzung, müssen also in Schulungen und Unterweisungen vor Aufnahme einer Tätigkeit mit dem Risiko einer Stich- und Schnittverletzung vermittelt werden.
3.2 Vorbeugung
3.2.1 Hautschutz
Infektionserreger können sich im Blut und in anderen Körperflüssigkeiten befinden. Die menschliche Haut ist ein wirksames Hindernis für Infektionserreger – solange sie intakt ist. Allerdings ist unsere Haut im beruflichen Alltag erheblichen Belastungen ausgesetzt, z. B. durch mechanische Beanspruchung oder durch Einwirkungen verschiedener Chemikalien. Die mögliche Folge sind Defekte im Säureschutzmantel der Haut, Rissbildungen oder auch kleinste Verletzungen ("Mikroläsionen"), die Eintrittspforte für Infektionserreger sein können. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Barrierefunktion der Haut zu erhalten. Zum Schutz der Haut ist Folgendes zu beachten:
3.2.2 Schutzhandschuhe
Schutzhandschuhe tragen
Wenn Injektionen verabreicht oder Blut abgenommen wird, sollten immer Schutzhandschuhe getragen werden!
Medizinische Schutzhandschuhe können natürlich den scharfen Kanülen keinen Widerstand entgegensetzen. Da aber auch oberflächliche Blutkontakte vorkommen und bereits sehr kleine Hautverletzungen an Händen hervorragende Eintrittspforten für Infektionserreger darstellen, sind Handschuhe zum Schutz vor Infektionen unumgänglich.
Weiterhin dürfen selbstverständlich nicht vernachlässigt werden:
- Unterweisungen der Arbeitnehmer,
- Einweisung in die Handhabung der Instrumente,
- Bereitstellen geeigneter Kanülenabwurfbehälter direkt am Anwendungsort,
- direktes Entsorgen in einem Arbeitsschritt.
3.2.3 Kein "Recapping"
Kanülenkappen
Kanülenkappen dürfen niemals wieder auf die gebrauchte Kanüle aufgesteckt werden!
Eine Vielzahl von gefährlichen Nadelstichverletzungen ereignet sich auf diese Weise. Zur Entsorgung von gebrauchten Kanülen (und anderer spitzer und scharfer Instrumente) sollten auf jeden Fall die dafür vorgesehenen Kanülenabwurfbehälter genutzt werden. Zu beachten ist, dass beidhändiges Recapping auch bei Insulinpens verboten ist!
Auch das "einhändige" Recapping unter Verwendung von Schutzkappenhaltern ist nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt, falls für diese Anwendung keine sicheren Instrumente erhältlich sind. Für Bereiche, in denen sichere Instrumente zur Verfügung stehen, v. a. für die Blutentnahme, erfüllen Schutzkappenhalter zum einhändigen Recapping nicht die Anforderungen der TRBA 250.
3.2.4 Sichere Instrumente
Die sicheren Instrumente bedienen sich unterschiedlichster Mechanismen, von einfachen klappbaren Schilden, über aufwendige Retraktionssysteme, bei denen benutzte Kanülen durch Federkraft in Gehäuse gezogen werden, bis zu Entschärfungsmechanismen, die das benutzte Instrument direkt nach Gebrauch unschädlich machen.
Auf den ersten Blick sind die Sicherheitsprodukte im Vergleich zu den "normalen" Produkten aufwendiger und damit teurer in der Herstellung. Die daraus resultierenden höheren Verkaufspreise stehen vor dem Hintergrund des K...