Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Gemäß § 4 Abs. 4 Arbeitsstättenverordnung ist der Arbeitgeber zur Aufstellung eines Flucht- und Rettungsplans verpflichtet, falls dies die Lage, Ausdehnung und Nutzung der Arbeitsstätte erfordern. Nach ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" kann das z. B. der Fall sein
- bei unübersichtlicher Flucht- und Rettungswegführung (z. B. über Zwischengeschosse, durch größere Räume, gewinkelte oder von den normalen Verkehrswegen abweichende Wegführung),
- bei einem hohen Anteil an ortsunkundigen Personen (z. B. Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr),
- in Bereichen mit einer erhöhten Gefährdung (z. B. brand- oder explosionsgefährdete Räume bzw. deren benachbarte Bereiche).
Häufig werden Flucht- und Rettungspläne auch baurechtlich gefordert, z. B. für diverse Sonderbauten (Schulen, Versammlungs-, Verkaufsstätten, Pflegeeinrichtungen u. a.) und auch, wenn Gebäude eine gewisse Größe haben.
Diese Pläne dienen hauptsächlich der sicheren Rettung der im Betrieb befindlichen Personen, indem sie die Nutzer eines Gebäudes über den Verlauf der Fluchtwege informieren. Diese Informationen können natürlich auch Einsatzkräften die Orientierung im Rettungseinsatz erleichtern.
Nach ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" muss ein Flucht- und Rettungsplan Folgendes abbilden:
- den Gebäudegrundriss oder Teile davon,
- den Verlauf der Fluchtwege,
- die Lage der Erste-Hilfe-Einrichtungen,
- die Lage der Brandschutzeinrichtungen,
- die Lage der Sammelstellen,
- den Standort des Betrachters.
Der Grundriss in Flucht- und Rettungsplänen ist nach ASR A1.3 "Sicherheitskennzeichnung" vorzugsweise im Maßstab 1:100 darzustellen. Die Plangröße muss an die Grundrissgröße angepasst werden und sollte das Format DIN A3 nicht unterschreiten. Für besondere Anwendungsfälle, z. B. Hotel- oder Klassenzimmer, kann auch das Format DIN A4 verwendet werden. Der Flucht- und Rettungsplan muss farbig angelegt sein.
Außerdem sind Regeln für das Verhalten im Brandfall und das Verhalten bei Unfällen eindeutig und in kurzer, prägnanter Form und in hinreichender Schriftgröße in jeden Flucht- und Rettungsplan zu integrieren. Die Inhalte dieser Verhaltensregeln sollen dabei ausdrücklich den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden (also keine Pauschalangaben).
Die Flucht- und Rettungspläne sind nach ASR A2.3 an geeigneten Stellen auszuhängen, z. B. in zentralen Bereichen in Fluchtwegen, an denen sich häufiger Personen aufhalten (z. B. vor Aufzugsanlagen), in Eingangsbereichen, vor Zugängen zu Treppen, an Kreuzungspunkten von Verkehrswegen.
Sie müssen auf den jeweiligen Standort des Betrachters bezogen lagerichtig dargestellt werden.
Flucht- und Rettungsplan nach DIN ISO 23601
Die aktuelle Norm zur Gestaltung von Flucht- und Rettungsplänen ist die DIN ISO 23601. Sie deckt die Forderungen nach Arbeitsstättenrecht ab und regelt die Details wie z. B. die zu verwendenden Farben, Symbole, Schriftarten usw. Sie ist damit auch die Grundlage für die Gestaltung von Flucht- und Rettungsplänen in Objekten, die keine Arbeitsstätten sind.
Kosten und Nutzen abwägen
Wenn Flucht- und Rettungspläne für ein Objekt baurechtlich vorgegeben sind oder aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung nach ASR A2.3 erforderlich sind, müssen sie erstellt und aktuell gehalten werden. Flucht- und Rettungspläne darüber hinaus zu erstellen, ist jedoch nicht unbedingt sinnvoll. Die Kosten für Erstellung und Pflege solcher Pläne sind vergleichsweise hoch (gleich, ob selbst erstellt oder über einen externen Anbieter) und der praktische Sicherheitszugewinn eher gering.
Notfallpläne präsent und aktuell halten
Gleich, ob Alarmplan oder Flucht- und Rettungsplan – Notfallpläne gehören nicht (nur) an die Wand oder in den Ordner, sondern auch in die Köpfe der Beschäftigten. Regelmäßige Unterweisung und Übung (Begehung der Fluchtwege oder Räumungsübung) ist also ebenso erforderlich wie die regelmäßige Aktualisierung.
Sichere Aushänge
Aushänge von Flucht- und Rettungsplänen sollen das Gebäude sicherer machen – und keine zusätzliche Gefährdung sein. Wie genau solche Aushänge beschaffen sein sollen, ist nicht verbindlich geregelt. Man kann aber im Sinne einer Gefährdungsbeurteilung folgende Aussagen treffen:
Unfallgefahr: Wenn gerahmte Aushänge oder Bilder nicht splittersicher verglast sind, besteht in Fluren grundsätzlich Verletzungsgefahr, wenn sie z. B. durch Unachtsamkeit, Gedränge oder beim Transport von Gegenständen heruntergerissen werden. Wie hoch das Risiko ist, muss im Einzelfall eingeschätzt werden. Wenn viele, unruhige oder besonders schutzwürdige Personen einen Flur benutzen (z. B. in Einrichtungen für Kinder) oder wenn viel transportiert wird, ist die Gefahr größer, in anderen Fällen (z. B. in einer kleinen Anwaltskanzlei) kann sie auch sehr gering sein.
Es ist grundsätzlich empfehlenswert, in Fluren von randlosen Glasrahmen Abstand zu nehmen, weil hier die Gefahr des Splitterns besonders hoch ist, schon ohne dass das Bild herunterfällt. Ganz besonders sicher ist es, auf splittersichere Kun...