Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
4.1 Erhöhtes Störpotenzial, geringe Individualisierbarkeit
Auch wenn eine gut gestaltete Bürolandschaft so ausgelegt sein sollte, dass es ausreichend ruhige Arbeitszonen gibt – wo mehr Kommunikation und Begegnung entsteht, entstehen auch mehr Geräusche, Störungen, Unterbrechungen und Ablenkungen. Wenn der Nutzen einer intensiveren Zusammenarbeit im Team das ausgleicht, wird die Bilanz einer Arbeitsgruppe in einer offenen Büroatmosphäre positiv bleiben. Sollte sich aber herausstellen, dass der Anteil von konzentrierter Einzelarbeit doch gewichtiger ist als angenommen, ist eine Bürolandschaft mit vorwiegend offenen Arbeitsplätzen eben nicht die beste der möglichen Lösungen. Das gilt besonders auch für Menschen, die besondere individuelle Bedürfnisse haben, z. B. Hör-, Seh- oder Wahrnehmungseinschränkungen, und sich deshalb mit wechselnden Arbeitsbedingungen schwer tun.
4.2 Hohe Anforderungen an die Akzeptanz der Beschäftigten
Nicht alle Menschen arbeiten gerne so flexibel, wie es für offene Bürokonzepte wünschenswert wäre. Regelmäßige Gewohnheiten, wie z. B. immer denselben Arbeitsplatz aufzusuchen, können Beschäftigten helfen, sich auf die Arbeitssituation einzustimmen und zu konzentrieren. Menschen, in denen dieses Bedürfnis fest verwurzelt ist, werden nur schwer dazu zu bewegen sein, tätigkeitsabhängig den einen oder anderen Platz aufzusuchen, sondern tendieren dazu, sich auch in einer Bürolandschaft feste Plätze einzurichten. Wenn aber die Nutzung einer offenen Bürolandschaft nicht hinreichend flexibel bleibt, droht das ganze Konzept zum Erliegen zu kommen, besonders, wenn in der Folge nicht länger davon ausgegangen werden kann, dass bei Bedarf auch tatsächlich ein freier Platz in einem bestimmten Arbeitsbereich vorhanden ist. Für die "vollstationäre" Nutzung sind aber viele der Arbeitsplätze in den verschiedenen Bereichen nicht geeignet, sodass es dann zu unzuträglichen Arbeitsbedingungen (z. B. zu hohe Störeinflüsse, zu wenig Platz) kommt.
Büroregeln
Damit eine Bürolandschaft so genutzt wird, wie sie gedacht ist, können feste "Büroregeln" nützlich sein, die Klarheit darüber schaffen, welche Verhaltensweisen im Interesse der erfolgreichen und nervenschonenden Zusammenarbeit in der offenen Bürolandschaft wichtig sind. Sie konsequent umzusetzen ist im kollegialen Umgang einer Arbeitsgruppe untereinander aber nicht leicht.
4.3 Hohe Anforderungen an die Raumplanung und Ausstattungsqualität
Eigentlich stehen offene Bürokonzepte für ein hohes Maß an Flexibilität, weil man nach Bedarf für verschiedene Arbeitstätigkeiten geeignete Bedingungen aufsuchen kann. Damit das funktioniert, sind aber detailliert ausgearbeitete Strukturen erforderlich, z. B. Anzahl der Arbeitsplätze in den einzelnen Bereichen, Anzahl und Größe von abgetrennten Räumen, Größe von Besprechungsbereichen, Bedarf an Stauraum u. v. m. Im Idealfall spielt sich das alles in einem flexibel konstruierten Baukörper ab, in dem Grundrisse und Raumausstattungen, Versorgungsleitungen usw. schnell nach Bedarf angepasst werden können ("reversibles Büro").
Praktisch sind aber die Anforderungen an Mobiliar, Zwischenwände, Beleuchtung, Lüftung, akustische Gestaltung usw. in offenen Büros groß. Betriebliche Verhältnisse entwickeln sich jedoch manchmal schneller und anders als erwartet. Wenn mehr Einzelarbeitsplätze benötigt werden, Stauraum fehlt, der neue Abteilungsleiter dringend einen größeren Besprechungsbereich wünscht oder ganze Abteilungen umziehen, ist u. U. ein lange durchdachtes und aufwendig gestaltetes Raumkonzept hinfällig. Auf jeden Fall ist es mit dem Umstellen von einigen Schreibtischen und einem schnellen Anstrich in einer durchorganisierten Büroumgebung nicht mehr getan.