Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Ein Faktor, der stark zum Stresserleben im Beruf beiträgt, sind Konflikte. Konflikte treten nicht nur zwischen den Mitarbeitern auf, sondern auch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften oder mit Kunden. Soziale Konflikte im Arbeitsleben werden von vielen Beschäftigten als starker Stressauslöser erlebt. Gerade Konflikte mit den engsten Kollegen und mit dem eigenen Vorgesetzten können das Wohlbefinden am Arbeitsplatz deutlich beeinträchtigen und zu Absentismus führen. Wenn diese Streitigkeiten nicht sachlich und konstruktiv ausgetragen werden, können sie weiter eskalieren, bis hin zum Mobbing oder Bossing (Mobbing, das von einer Führungskraft betrieben wird). Wenn umgekehrt gar nicht gestritten wird, reden die Kollegen möglicherweise nicht mehr genug miteinander, unterschiedliche Sichtweisen werden nicht besprochen und die Zusammenarbeit leidet.
In der Wirtschaft wird eine Dienstleistungs- und Servicementalität immer wichtiger. Dies erfordert von den Beschäftigten einen sehr hohen Grad von Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Sind diese nicht vorhanden, können Konflikte leichter entstehen, werden schlechter und später gelöst und führen häufig zu einem starken Stresserleben, weil Kunden unzufrieden sind.
Schulungen zum Konfliktmanagement sowohl für den betriebsinternen Umgang als auch ggf. mit Kunden sind daher als wichtige Maßnahme zur Stressprävention anzusehen. Gerade in Bereichen, in denen Konflikte häufig auftreten, z. B. in Callcentern, in Beschwerdeabteilungen, im sozialen Bereich und in Arbeitsfeldern mit engem Kundenkontakt, können Mitarbeiter mit Techniken des Konfliktmanagements und der Deeskalation ihre eigene Belastung und ihren Stresspegel deutlich senken.
In diesen Seminaren sollten folgende Elemente behandelt werden:
- Ursachen von Konflikten,
- Arten von Konflikten (z. B. Sach-, Werte-, Beziehungskonflikte),
- Stufen von Konflikten,
- günstige Reaktion auf Konflikte,
- Deeskalationsstrategien,
- Lösung von Konflikten,
- Vorbereitung auf und Durchführung von Konfliktgesprächen.
Am sinnvollsten ist ein Fortbildungsangebot, das nicht nur im offenen Fortbildungskalender auf freiwilliger Basis von Mitarbeitern gebucht werden kann. Besser wäre eine Empfehlung, die aufgrund von Personalentwicklungsgesprächen gezielt an die Teams mit dem entsprechenden Bedarf ausgesprochen wird. Das vermeidet auch die Gefahr, dass die Empfehlung zum Besuch eines solchen Seminars als Strafmaßnahme wegen mangelnder Konfliktfähigkeit empfunden wird. Es sollte bei verpflichtenden Seminaren immer vorab klargestellt werden, dass es lediglich um eine Unterstützung für die Teams mit dem größten Gefährdungspotenzial geht.